Nach der DFB-Blamage von Basel Die Vize-Bayern sollen es richten
28.05.2012, 15:09 Uhr
Gute Laune in Monaco: Beim Formel-1-Besuch war den Bayern die Vize-Tristesse nicht anzumerken.
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Von Frankreich mit 1:2 abgefertigt, in der Schweiz 3:5 blamiert: Nach zwei bitteren Niederlagen 2012 ist die deutsche Fußball-Nationalmannschaft kurz vor dem Turnierstart weit von einer Favoritenrolle bei der EM entfernt. Dass es trotzdem endlich wieder mit einem Titel klappt, dafür sollen ausgerechnet die traumatisierten Vize-Experten aus München sorgen.
Vom Problemfall zum Hoffnungsträger: Ausgerechnet die dreifachen Vize-Experten vom FC Bayern sollen bei der deutschen Fußball-Nationalmannschaft die Mission Titelgewinn 2012 am Leben halten und nach der peinlichen 3:5 (1:2)-Pleite in Basel gegen die Schweiz ein neues Selbstwertgefühl beim EM-Mitfavoriten vermitteln. "Grundsätzlich machte ich mir keine Sorgen, denn wir haben noch zwei Wochen Zeit. Einige Spieler haben gefehlt, die unser Spiel prägen. Mit den Bayern-Spielern gehen wir zur Normalität über", sagte Joachim Löw, für den die "entscheidende Vorbereitung" auf die EURO in Polen und die Ukraine (8. Juni bis 1. Juli) erst am Pfingstmontag mit dem Einstieg von Kapitän Philipp Lahm und Co. in den Trainingsbetrieb startete.
Der Bundestrainer zieht nun ausgerechnet all seine Hoffnung auf Besserung aus der Verstärkung durch den achtköpfigen Bayern-Tross, der nach seiner denkwürdigen Frustsaison mit Champions-League-Trauma und Dortmund-Komplex gegen die Schweiz nicht im Einsatz und erst am Samstag an der Côte d'Azur eingetroffen war. Nachdem die Bayern eine Woche zuvor nach ihrem verlorenen Champions-League-Finale mit Bayern München gegen den FC Chelsea noch tagelang als Problemfälle mit möglichen Folgeschäden galten, werden sie nach der Blamage von Basel ohne eigenes Zutun als Heilsbringer gehandelt.
"Richtig Lust auf die EM"

"Die Bayern haben richtig Lust auf die EM, sie versprühen Freude und wollen ihre letzte Chance in dieser Saison auf einen Titel nutzen", sagt Sami Khedira.
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"Die Bayern haben richtig Lust auf die EM, sie versprühen Freude und wollen ihre letzte Chance in dieser Saison auf einen Titel nutzen", sagte Sami Khedira und beschrieb seine Eindrücke von den Münchnern. Dass die Bayern nach ihren Frustwochen wieder angriffslustig sind, unterstrich auch Thomas Müller. "Wir Bayern kommen jetzt wie ein angeschlagener Boxer zur EM", sagte der WM-Torschützenkönig und sprach Löw aus dem Herzen: "Wir haben uns nach der WM nochmals weiterentwickelt und wollen nicht immer nur Zweiter oder Dritter werden. Wir wollen jetzt endlich etwas Großes erreichen. Also müssen wir auch Mannschaften schlagen, die extrem hohe Qualität haben."
Dazu bedarf es aber einer gewaltigen Steigerung gegenüber dem Auftritt gegen die Eidgenossen, die sich noch nicht einmal für die EM-Endrunde qualifizieren konnten. Bei der historischen Niederlage am Samstag hatte vor allem die Abwehr des vermeintlichen EM-Favoriten einen verheerenden Eindruck hinterlassen, aber auch in allen anderen Mannschaftsteilen wurden genau zwei Wochen vor dem ersten Gruppenspiel der DFB-Auswahl gegen Portugal große Defizite deutlich.
Lieber Videos als Formel 1
"Es gibt nun einiges aufzuarbeiten, denn es sind sehr viele Dinge passiert, die muss man noch mal in Ruhe vor sich ablaufen lassen und dann analysieren", sagte Löw, der mit seinem Trainerstab am Pfingstsonntag den geplanten Besuch des Formel-1-Rennens in Monaco kurzfristig abgesagt und stattdessen lieber Video-Analyse betrieben hatte.

Bundestrainer Joachim Löw muss in der Abwehr und bei der Balance zwischen Angriff und Verteidigung nachjustieren. Allerdings fehlten gegen die Schweiz auch drei von fünf Stammspielern im Abwehrverbund.
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Nach der Niederlage mit den meisten Gegentoren einer deutschen Mannschaft (2004 1:5 in Rumänien) seit acht Jahren und der ersten Pleite gegen den Nachbarn seit 56 Jahren (1956 1:3 in Frankfurt) mahnte griff Khedira seinem Coach schon einmal vor: "Wir dürfen bei aller Euphorie um unser Offensivspiel unsere Defensive nicht vernachlässigen."
Dies sei auch in Monte Carlo ein Thema gewesen, wo die Nationalelf den Großen Preis von Monaco verfolgt hatte. Dabei war auch Bastian Schweinsteiger, der ebenso wie die anderen Bayern am Donnerstag bei der EM-Generalprobe gegen Israel in Leipzig (20.30 Uhr/ARD) spielen soll. "Er lacht schon wieder und verhält sich ganz normal", sagte Khedira über seinen etatmäßigen Partner im defensiven Mittelfeld. Nach Schweinsteigers verschossenem Elfmeter gegen Chelsea war viel über den Gemütszustand des deutschen Vizekapitäns spekuliert worden.
Nach der Vorstellung von Basel war es aber auch um den Gemütszustand der deutschen Abwehr nicht gut bestellt, die jegliche EM-Tauglichkeit vermissen ließ. Aber auch im Mittelfeld lief nichts zusammen. Zudem ist Torjäger Miroslav Klose nach seiner Verletzungspause noch meilenweit von seiner Bestform entfernt. "Wir wissen, dass wir besser spielen können und sind trotz der Niederlage im Plan", sagte aber Khedira, der schon für das Spiel gegen Israel Besserung versprach.
Quelle: ntv.de, Jürgen Zelustek und Alexander Sarter, sid