Wenn Klopp den Schwachkopf rügt Die total verrückte Bundesliga
20.12.2010, 14:22 UhrJürgen Klopp dominiert mit Borussia Dortmund die Fußball-Bundesliga, lässt den Klammerbeutel beiseite, pudert sich nicht und ist stolz auf seine Mannschaft. Auch er weiß: Die einzige Konstante in der Hinrunde ist die Überraschung. Verrückt, gell?
Wie dumm kann eine Frage sein? Wissen wir auch nicht. Diese, die wir meinen, zeigt aber, wie verrückt diese Hinrunde der Bundesliga war. Und wie kurzlebig der Fußball ist. Da fragt doch tatsächlich ein Journalist Dortmunds Trainer Jürgen Klopp nach der 0:1-Niederlage in Frankfurt, ob er dennoch mit seiner Borussia zufrieden sei. Nur falls Sie es noch nicht mitbekommen haben: Der BVB steht nach 17 Spieltagen an der Spitze der Tabelle. Mit unglaublichen zehn Punkten Vorsprung auf Bayer Leverkusen und den Überraschungszweiten FSV Mainz 05. Und Bayern München? Auf Platz fünf, sage und schreibe 14 Zähler hinter den Dortmundern.
Und so ließ es sich Jürgen Klopp nicht nehmen, galant darauf hinzuweisen, dass er doch bitteschön mit dem Klammerbeutel gepudert sei, "wenn ich nicht erkennen würde, dass wir eine ordentliche Hinrunde gespielt haben. Wir haben allen Grund, stolz zu sein". Oder anders ausgedrückt: Die Frage war sehr dumm. Die spielerisch herausragende Hinrunde des BVB ist der offensichtliche Beleg dafür, dass sich die Kräfteverhältnisse in dieser Saison verschoben haben. Die Mainzer waren ja auch schon in der Krise, nur weil sie mal zwei Spiele hintereinander verloren hatten. Verrückt, gell?
Dortmund? Einfach zu jung!
Es ist lange her, aber versuchen wir mal, uns zu erinnern wie das war, damals am 20. August, als die 48. Saison der Fußball-Bundesliga begann. Der FC Bayern München, Meister der Vorsaison, galt als Top-Favorit, die Frage war nur, wie groß der Abstand auf Platz zwei am Ende ausfallen würde. Sagten die Experten. Diese Experten sagten auch, dass Werder Bremen, der VfB Stuttgart und der VfL Wolfsburg ganz oben mitspielen würden. Sie prophezeiten, dass der 1. FC Kaiserlautern gleich wieder absteigt, dass Hannover ein Kandidat für die Zweite Liga ist, dass Freiburg es ganz schwer haben wird und der FSV Mainz niemals wieder Tabellenplatz neun wie in der Spielzeit 2009/2010 erreichen wird. Na ja, und Dortmund? Guter Trainer, gute Mannschaft, aber einfach zu jung.

Sensation: Die Bayern, hier Franck Ribéry und Mario Gomez, gewinnen zweimal hintereinander.
(Foto: dapd)
Und nun das. Dortmund auf eins mit einem Polster, dass statistisch gesehen nie komfortabler war. Dahinter folgen die – wir erwähnen es noch einmal - überraschend guten Mainzer, denen mit Hannover 96 auf Rang vier und dem SC Freiburg auf Platz sechs weitere Kleinklubs ins obere Tabellendrittel gefolgt sind. Während die Außenseiter mit ihren Mini-Etats munter den Gesetzmäßigkeiten des Profifußballs trotzen, tun sich viele Etablierte schwer. Titelverteidiger FC Bayern freut sich darüber, dass er es mit dem Sieg in Stuttgart endlich geschafft hat, mal zwei Spiele hintereinander zu gewinnen. Der FC Schalke 04, in der vergangenen Saison Tabellenzweiter, hat mühsam den Anschluss ans Mittelfeld geschafft, Werder Bremen hingegen den Abstiegskampf ausgerufen. Beim VfB Stuttgart rufen derweil die Fans "Vorstand raus!", trotz zweier Trainerwechsel haben die Schwaben die schlechteste Hinrunde der Vereinsgeschichte hinter sich.
Besser keine dummen Fragen mehr
Was lernen wir daraus? Manchmal kommt es anders als wir denken. Diese Hinrunde kennt nur eine Konstante: die Überraschung. Total verrückt. Vielleicht abgesehen von Leverkusen, der TSG Hoffenheim auf Rang acht und dem FC St. Pauli, der erwartungsgemäß – Gott seid Dank! (Nicht weil wir den Hamburgern den Abstieg gönnen, sondern einfach nur mal Recht behalten wollen) – gegen den Abstieg kämpft, steht keine Mannschaft in der Tabelle dort, wo die Fachleute sie erwartet hatten.
Und noch eins: Wir sollten Jürgen Klopp lieber keine dummen Fragen mehr stellen. Der hatte nämlich für den unverschämten Kollegen noch eine Bemerkung übrig: "Jetzt kennen wir uns schon so lange, und Sie halten mich anscheinend immer noch für einen Schwachkopf."
Quelle: ntv.de