Fußball

"Ball ist rund, die Erde nicht" Flat Earth FC glaubt an Verschwörungstheorie

Das Wappen des "Flat Earth FC" - eine flache Erde, umgeben von einer dicken Eismauer, eingebettet in einen Lorbeerkranz.

Das Wappen des "Flat Earth FC" - eine flache Erde, umgeben von einer dicken Eismauer, eingebettet in einen Lorbeerkranz.

Als typischer Fußballklub lässt sich der Flat Earth FC nicht beschreiben. Denn statt einer Stadt oder politischen Richtung hat sich der spanische Verein einer Verschwörungstheorie verschrieben: Die Erde ist eine Scheibe. Doch dahinter steckt mehr.

Ihr Maskottchen ist ein Astronaut, die Fangemeinde bisher klein. Trotzdem glaubt Präsident Javi Poves fest daran, dass sein Verein Flat Earth FC (deutsch: FC Flache Erde) schon bald viele Anhänger finden wird. Für den Spanier steht fest: Der Ball ist rund, die Erde ist es nicht. Deshalb benennt er seinen Fußballverein CD Móstoles vor einigen Monaten in Flat Earth FC um und will so Menschen dazu bringen, ihr Leben zu überdenken.

Javi Poves im Jahr 2011, kurz bevor er seine Karriere aufgab.

Javi Poves im Jahr 2011, kurz bevor er seine Karriere aufgab.

(Foto: picture alliance / dpa)

Poves ist die professionelle Fußballwelt leid. Er selbst galt einmal als großes Talent. Vor neun Jahren wirft der Verteidiger mit 24 Jahren überraschend seine Karriere weg. Angewidert von Korruption und Geldgier, verlässt er seinen Zweitliga-Klub Sporting Gijon. Ruhm, Geld und seinen gesponserten Luxuswagen tauscht er gegen eine Weltreise. Drei Jahre reist Poves um (oder sollte man in seinem Fall besser sagen: über) die Welt. Er lebt in Sibirien, studiert den Islam im Iran und hat Malaria in Senegal.

"Als er seine Karriere hingeschmissen hat, veränderte sich etwas in ihm", sagt der spanische Sportjournalist und Freund von Poves, Rodrigo G. Faéz gegenüber ntv.de. "Irgendetwas muss in seinem Leben passiert sein. Als er wiederkam, sagte er zu mir: Wir brauchen Fußball, um das Denken der Menschen zu verändern." Poves' Chance lässt nicht lange auf sich warten. Kurz nach seiner Rückkehr erklärt ihn der Fußballverein CD Móstoles zum Präsidenten. Für Poves ein Glücksfall. Schnell verpasst er dem Viertligisten aus einem Ort 15 Kilometer südlich von Madrid ein Rebranding. Allerdings nicht irgendeines - Poves benennt den Verein in Flat Earth FC um.

Maskottchen verkörpert den Feind

Zwar sind politische Richtungen von Fußballvereinen, wie beim FC St. Pauli in Hamburg, nichts Ungewöhnliches mehr. Flat Earth FC ist jedoch der erste Fußballverein, der eine Verschwörungstheorie vertritt - und sie findet Gefallen. "Sie haben ein paar mehr Fans als der Durchschnitt. Es kommen zwischen 100 und 150 Zuschauer zu den Spielen", sagt Faéz. Das sei etwas mehr als bei den anderen Viertligisten. Allerdings kämen nicht alle Fans zu den Spielen, weil sie der Verschwörungstheorie glauben. Bei manchen sei es eher die Sensationsgier, das Skurrile, was sie ins Stadion treibt, erklärt Faéz.

Für Belustigung sorgt vor allem das Maskottchen, ein Astronaut in einem silbernen Raumfahreranzug. Im Gegensatz zu einem herkömmlichen Maskottchen stehe der Astronaut für alles, gegen das der Verein kämpfe, erklärt Faéz. "Der Klub denkt, es gebe eine weltweite Verschwörung von Nasa und der Regierung. Poves sagte einmal zu mir, dass diese Institutionen die Menschen schon seit Generationen belügen würden." In einem Interview mit dem Sport-Kanal Copa90 begründet Poves seine Überzeugung damit, dass kein Wissenschaftler ihm erklären könne, warum sich Wasser auf der Erdoberfläche wölbe. "Sie haben gesagt: 'Wegen der Schwerkraft.' Ja, klar gibt es die Schwerkraft. Aber ab welcher Größenordnung kann es Wasser wölben?", sagt der 33-Jährige in dem Video.

Seine Beobachtungen hätten ihm etwas anderes bestätigt: "In einem Glas wölbt sich Wasser nicht. Auch nicht in meiner Badewanne, im Swimmingpool meiner Nachbarn oder im See." Dass sich Wasser ab einer planetarischen Größenordnung wölbe, stellt den Spanier nicht zufrieden. "Kann man das beweisen? Nein, also haben wir ein Problem".

Ein Klub der anderen Art

Das Vereins-Wappen zeigt eine flache Erde, umgeben von einer dicken Eismauer, eingebettet in einen Lorbeerkranz. Die drastische Wende scheint die Spieler und Fans jedoch nicht gespalten zu haben. Im Gegenteil. "Es ist eher wie ein Gesellschaftsklub. Anfangs war der CD Móstoles etwas verloren. Seit Poves Präsident ist, haben sie Fans, die wirklich an den Verein glauben", sagt Faéz. Müssen die Spieler ebenfalls an die Theorie glauben? "Nicht unbedingt." Alle wüssten zwar, dass es sich um einen speziellen Klub handele. Derselben Überzeugung müssen sie allerdings nicht sein, erklärt Faéz. "Aber sie respektieren die Idee."

Das ist längst nicht überall der Fall. Andere Vereine in Spanien nehmen den Flat Earth FC nicht wirklich ernst, sagt Faéz. Zumal es nicht so sehr um die sportliche Leistung gehe, sondern um die Idee hinter dem Klub. "Poves nutzt die Aufmerksamkeit von Fußball, um Menschen von der Theorie zu überzeugen und zum Nachdenken zu bewegen." Denn neben seiner Ideologie will er Menschen auch für andere Themenbereiche wie Rassismus, Homophobie und Kapitalismus sensibilisieren. "Der Verein soll transportieren, dass es viele Menschen gibt, die nicht dran glauben, was ihnen seit der Kindheit eingetrichtert wurde", erklärt Poves. "Wir stehen nicht für Farben, sondern für eine Idee. Wir vereinen Millionen Stimmen einer Bewegung und alle, die Antworten suchen."

Auf Geld und Macht kommt es ihm nicht an. Schon mit 24 sagte er nach seinem Karriere-Ende: "Fußball ist Kapitalismus und Kapitalismus bringt den Tod. Ich will nicht Teil eines ausbeuterischen Systems sein." Flat Earth FC hingegen verfügt kaum über Geld, Spieler werden nicht bezahlt und es gibt keine Sponsoren, sagt Faéz. Die Spieler scheint es nicht zu stören. Bei einem Auswärtsspiel schläft das gesamte Team in Zelten auf einem Campingplatz statt im Hotel, erzählt Faéz. Statt mit Autos zum Spiel zu fahren, laufen sie.

Wer denkt, Poves und seine Vereins-Anhänger seien die einzigen Vertreter dieser Theorie, der irrt. Die Netflix-Dokumentation "Behind the Curve" aus dem Jahr 2018 zeigt eine stetig wachsende Gemeinschaft, die an eine Erde als Scheibe glaubt. Poves ist sich sicher, sie mit seinem Verein erreichen zu können: "Fußball ist die beliebteste Sportart und hat weltweit die größte Wirkung. Die Gründung eines Vereins, der sich der Bewegung der flachen Erde verschrieben hat, ist daher die beste Möglichkeit, um in den Medien ständig präsent zu sein", sagt Poves Copa90. "Der Ball ist rund, die Erde ist es nicht."

Quelle: ntv.de

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