Fußball

Ultras von Al-Ahli Fußball als Waffe der Politik

Die Fans stürmen den Innenraum des Stadions.

Die Fans stürmen den Innenraum des Stadions.

(Foto: AP)

Die Ultras von Al-Ahli spielen beim Sturz von Ägyptens Staatschef Hosni Mubarak eine wichtige Rolle. Erprobt im Kampf mit der Polizei, stehen sie im arabischen Frühling in der erste Reihe. Es ist kein Zufall, dass beim Gewaltausbruch im Stadion von Port Said ihr Team auf dem Platz steht. Nicht nur Al-Ahlis Geschichte zeigt, wie eng Fußball oft mit Politik verbunden ist.

Fifa-Präsident Joseph Blatter beklagte nach einen "schwarzen Tag für den Fußball". Den Schweizer dürfte auch die politische Komponente der Ausschreitungen in der Arena aufgerüttelt haben. Versucht er doch stets, den Fußball als völkerverbindend und unpolitisch zu verkaufen. Dass er dies oft nicht ist, zeigten auf schockierende Art und Weise die Geschehnisse von Port Said.

Es ist kein Zufall, dass die Gewalt im ägyptischen Fußball während eines Spiels von Al-Ahli ausgebrochen ist. Das behaupten zumindest die Ultras des Vereins. Diese Ultras des größten und erfolgreichsten Vereins Ägyptens sind nicht mit den herkömmlichen Hardcorefans aus Europa zu vergleichen. Die Al-Ahli-Ultras spielten im Vorjahr eine entscheidende Rolle beim Sturz des Regimes von Staatschef Hosni Mubarak. Sie begehrten in den vergangenen Wochen auch gegen die Polizei als verlängerten Arm und Vertreter des alten Systems auf. "Wir haben keine Angst vor der Polizei, denn schwingende Knüppel und Tränengas sind für uns nichts Neues", sagte der Ultra-Sprecher Amr Fahmy dem Fußball-Magazin "11 Freunde". "Es war ganz selbstverständlich, dass wir ganz vorne mit dabei waren, als die Menschen auf der Straße kämpften."

Angriff auf Kamelen mit Macheten und Molotow-Cocktails

Feuer brennt auf den Rängen des Stadions in Port Said.

Feuer brennt auf den Rängen des Stadions in Port Said.

(Foto: AP)

Die Ultras von Al-Ahli standen auch auf dem Tahrir-Platz, als die Schlägerbanden der Regierung die protestierenden Menschen mit Macheten und Molotow-Cocktails angegriffen – teilweise sogar auf Kamelen. Das war am 2. Februar 2011. " , dass ausgerechnet am Jahrestag der Kamelschlacht die Gewalt im Stadion gegen uns ausbricht", sagte einer der Ultra-Aktivisten. Sie glauben, dass die Anhänger von Al Masry von Vertretern der alten Regierung zur Gewalt angestiftet wurden.

Die Ultras spielen indes auch einen gewichtigen Part bei den Protesten gegen die aktuelle Militärregierung. Ihr Kampfruf im Stadion lautet: "Stürze, stürze – Militärregierung." Die politische Verbindung hat bei Al-Ahli zweifellos Tradition. Der Verein wurde 1907 von ägyptischen Nationalisten gegründet, die gegen die britische Kolonialherrschaft kämpften.

Ein Anhänger von Al-Ahli steht vor dem Klub-Emblem.

Ein Anhänger von Al-Ahli steht vor dem Klub-Emblem.

(Foto: AP)

Die Geschichte von Al-Ahli und seinen Fans ist ein Beispiel dafür, wie der Fußball als Bühne für politische Botschaften genutzt wird. Die Ränge der Stadien können Ausgangspunkt von subversiven Aktionen werden. Oft genug instrumentalisieren aber auch Regierungen oder Regime den Fußball und seine Fans für ihre Zwecke. Die Geschichte ist voll davon. Ein Fußballspiel war sogar der Ausgangspunkt eines Krieges. Nachdem El Salvador 1969 die entscheidende WM-Qualifikationspartie gegen Honduras 3:2 gewonnen hatte, zogen beide mittelamerikanischen Länder zwei Wochen später in den Krieg. Über 2000 Menschen starben in den nur 100 Stunden andauernden Kämpfen. Freilich war die Beziehung zwischen diesen beiden Ländern schon zuvor angespannt.

Ein Sieg gegen Real ist ein Sieg gegen Franco

Als bei der WM 1986 England im Viertelfinale auf Argentinien traf, hatte dieses Duell wegen des vorausgegangenen Falklandkrieges ebenfalls eine politische Dimension. Politischer Protest schwang auch in Spanien während der Franco-Diktatur mit, wenn Real Madrid auf seinen großen Rivalen FC Barcelona traf. Franco war Fan von Real. Der FC Barcelona hingegen wurde zum Sinnbild der katalanischen Unabhängigkeitsbewegung. Einen Sieg gegen Real empfanden die Anhänger gleichzeitig auch als Sieg gegen das Franco-Regime.

Das Fußballstadion ist nicht nur das Feld für Konfrontationen verschiedener Spielphilosophien, sondern auch das Duell Arm gegen Reich, Arbeiterklasse gegen Akademiker-Klub oder Katholiken gegen Protestanten. Die religiöse Rivalität zeigt sich am deutlichsten im Glasgower Derby zwischen Celtic und Rangers, das häufig von Krawallen überschattet wird. Im weitesten Sinne ist Celtic Glasgow der Verein der irisch-nationalistischen Katholiken. Dagegen sind die Rangers den unionistischen Protestanten in Nordirland zugewandt, die loyal zur britischen Krone stehen.

Fans von Dinamo Zagreb brennen bengalische Feuer ab.

Fans von Dinamo Zagreb brennen bengalische Feuer ab.

(Foto: picture-alliance/ dpa/dpaweb)

Ein dunkles Kapitel im Fußball ist eine Partie, die gar nicht angepfiffen wurde. Am 13. Mai 1990 sollte in der jugoslawischen Meisterschaft der Klassiker Dinamo Zagreb gegen Roter Stern Belgrad ausgetragen werden. Heftige Ausschreitungen verhinderte dies indes. Für die Bad Blue Boys, den Fans von Dinamo Zagreb, ist dieser Tag der Beginn des jugoslawischen Bürgerkrieges. Er gilt noch heute als Fanal des Krieges auf dem Balkan mit mehr als 100.000 Opfern. Gut ein Jahr danach erklärte Kroatien seine Unabhängigkeit und die serbischen Truppen von Slobodan Milosevic marschierten dort ein.

An der Front hissen sie die Dinamo-Fahne

Die Bad Blue Boys unterstützten den kroatischen Führer Franjo Tudjman, skandierten im Stadion seinen Namen und betrieben auf den Rängen Parteipropaganda. Als der Krieg begann, meldeten sich aus ganz Kroatien Dinamo-Fans zur Verteidigung des Vaterlandes. Die Verbundenheit zu ihrem Klub dokumentierten die Dinamo-Ultras auch während des Krieges. An der Front hissten sie die Dinamo-Fahne und klebten sich das Klubabzeichen auf den  Helm oder die Uniform.

Doch auch die serbische Seite nutzte die Gewaltbereitschaft der Fans für ihre Kriegszwecke. Der serbische Parteifunktionär Zeljko Raznatovic, besser bekannt als "Arkan", war gleichzeitig Fanbeauftragter von Roter Stern Belgrad. Aus dem radikalen Fanlager von Roter Stern rekrutierte er junge Männer für eine Garde, die sich "Tiger" nannten. "Arkan" und seine paramilitärische Einheit ist für Kriegsverbrechen in Bosnien, Kroatien und im Kosovo verantwortlich. Durch die Aufteilung des ehemaligen Jugoslawiens kommt es national nicht mehr zum Duell zwischen Dinamo und Roter Stern. Dafür sind Ausschreitungen beim Stadtderby zwischen Roter Stern und Partizan vorprogrammiert. Roter Stern gilt noch heute als serbisch-national, Partizan als links-jugoslawisch.

Quelle: ntv.de

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