Panorama

Blutnacht von Port Said Krawalle mit politischem Kalkül?

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74 Tote und hunderte Verletzte: So lautet die grausame Bilanz der Krawallnacht im Fußballstadion von Port Said. In Ägypten stehen nach den blutigen Szenen Fragen im Raum: Wie konnte die Gewalt derart eskalieren? Warum haben die Sicherheitskräfte die Lage nicht unter Kontrolle gebracht? Und: Haben die Ausschreitungen womöglich einen politischen Hintergrund?

Der Schock nach den heftigen Krawallen in Ägypten sitzt tief. Viele Menschen in dem Land fragen sich, wie es zu der kommen konnte. Nun werden Stimmen laut, die einen politischen Hintergrund vermuten. So solle die politische Lage in dem nordafrikanischen Land destabilisiert werden, so der Vorwurf. Ziel soll es demnach sein, den geltenden Ausnahmezustand aufrecht zu erhalten und damit die Macht des Militärs zu stärken.

Am deutlichsten wird die Muslimbruderschaft, die die stärkste Fraktion im gerade erst gewählten Parlament stellt. Sie betont in einem auf ihrer Website veröffentlichten Statement, dass Kräfte am Werk seien, die in enger Verbindung zu dem früheren Regime von Präsident Husni Mubarak stünden. Sie riefen den regierenden Militärrat auf, alle Maßnahmen zum Schutz der Menschen in Ägypten zu ergreifen. Zudem müsse untersucht werden, welche Verantwortung die Polizei an der Eskalation trage.

Ein für die öffentliche Sicherheit zuständiger Militärvertreter, Ahmed Gamal, wies in der Tageszeitung "Al-Tahrir" dagegen jegliche Schuld zurück. Es habe einen guten Sicherheitsplan bei dem Fußballspiel gegeben, sagte er. Doch der Gewaltausbruch nach Abpfiff sei nicht mehr einzudämmen gewesen. Er verglich die Ereignisse mit dem Beginn der heftigen Massenproteste am 25. Januar vor einem Jahr gegen Mubarak, die schließlich zum Sturz des Machthabers führten.

Dennoch zog der noch regierende Militärrat Konsequenzen. Der Chef der Sicherheitskräfte in der Stadt Port Said wurde entlassen. Innenminister Mohammed Ibrahim habe entschieden, Essam Samak seines Amtes zu entheben, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Mena. In Port Said marschierte Militär auf, um die Gefahr weiterer Krawalle zu bannen. Die größte Ausfahrtsstraße wurde abgeriegelt. Und auch sonst ist der Militärrat um den richtigen Umgang mit der Katastrophe bemüht. Er ordnete eine dreitägige Staatstrauer an.

Zügellose Gewalt nach Spielende

Auch die Sportwelt ist schockiert. Beim Afrika-Cup am Wochenende soll mit einer Schweigeminute der Opfer gedacht werden. "Der afrikanische Fußball trauert", sagte Issa Hayatou, Präsident der afrikanischen Fußballkonföderation CAF. Vor den Viertelfinalspielen in Malabo, Bata, Libreville und Franceville wird es jeweils einen Moment der Stille für die Opfer der Ausschreitungen in Nord-Ägypten geben.

Bestürzung auch bei Fifa-Chef Sepp Blatter. Er sei "schockiert und traurig. Das ist ein schwarzer Tag für den Fußball. Eine solch katastrophale Situation ist unvorstellbar. Meine Gedanken sind bei den Familien derer, die ihr Leben verloren haben", sagte der Schweizer Fußball-Funktionär.

Bei einer der schlimmsten Katastrophen der Fußball-Geschichte sind am Mittwochabend 74 Menschen getötet worden, Hunderte wurden verletzt. Nach der Begegnung zwischen Al-Masri und Al-Ahly Kairo in Port Said waren Hunderte Anhänger der Gastgeber auf den Platz gestürmt, wo sich erschütternde Szenen abspielten. Die Anhänger warfen Steine und Flaschen auf die Gästefans und schossen mit Feuerwerkskörpern, Panik brach aus. Viele Menschen wurden erdrückt, einige stürzten von den Tribünen, erlagen ihren Stichwunden und Kopfverletzungen.

Quelle: ntv.de, jog/sid/dpa/AFP

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