Fußball

Sechs Dinge, die wir am 15. Spieltag gelernt haben Guardiola bastelt Todesstern des Südens

0:7 - es war die höchste Heimniederlage der Bremer Bundesliga-Geschichte.

0:7 - es war die höchste Heimniederlage der Bremer Bundesliga-Geschichte.

(Foto: imago sportfotodienst)

Die Bayern-Dominanz nimmt am 15. Spieltag der Fußball-Bundesliga absurde Züge an. Der Ex-Rivale aus Bremen sieht keinen Stich. Dortmund lässt verletzungsgeplagt Federn, und Schalke untertrifft sich selbst.

1. Es gibt kein Entrinnen vor dem Todesstern des Südens

Ja, es nervt schon fast. Aber man muss sich das alles nochmal auf der Zunge zergehen lassen: Seit 40 Spielen in der Bundesliga ungeschlagen, Tabellenführer mit 41 von 45 möglichen Punkten, 39 Tore geschossen und nur 7 kassiert, beides Bestwert in der Liga. Wer das alles nicht mehr hören will, sollte wenigstens hinschauen, denn die Bayern erspielen sich ihre Dominanz teilweise mit Zauberfußball. So auch beim 7:0 gegen Werder Bremen, den zweitbesten Klub der ewigen Bundesliga-Tabelle. Doch selbst der ehemalige Erzrivale ist inzwischen Lichtjahre vom Stern des Südens entfernt. "Wir haben heut schön auf die Fresse bekommen", fasste Werder-Kapitän Clemens Fritz das Debakel unverblümt zusammen. Es war Bremens höchste Niederlage in der Bundesliga-Geschichte: Zweimal zuvor verloren die Norddeutschen so hoch. 1964 in Frankfurt und 1980 in München. Dabei war man mal zwischendurch auf Augenhöhe. Vor gar nicht allzu langer Zeit. Die Bayern kamen ungern nach Bremen, weil Werder immer noch der Klub ist, der in der Bundesliga am häufigsten gegen den Bayern traf und gewann. Ganz anders am Samstag. Am Ende verbuchten die Bayer mehr Tore (sieben) als Bremen Torschüsse (sechs) vorweisen konnte. Selbst der mit Lob sparsame Bayern-Coach Josep Guardiola zog den Hut vor seinem Star-Ensemble: "Heute war es eine Ehre, hier Trainer zu sein."

2. Jürgen Klopp besitzt eine Glaskugel

Ein Blick auf die Tabelle offenbart eine Drei-Klassen-Gesellschaft. Bereits nach 15 Spieltagen trennen Borussia Dortmund zehn Punkte von Dominator München und schon sechs vom ersten Verfolger Leverkusen. Hinter den punktgleichen Gladbachern klafft die nächste große Lücke. Damit sind jene Experten widerlegt, die mit Dortmund und München "spanische Verhältnisse" analog zur Primera Division mit den dort dominierenden Klubs aus Barcelona und Madrid prophezeit hatten. Dortmunds Fußball-Lehrer hatte dagegen "schottische Verhältnisse" befürchtet - und behält Recht. Ob Klopp in seiner Glaskugel auch die anhaltende Verletzungsmisere vorausgesehen hat, ist unbekannt. Am vergangenen Wochenende jedenfalls hatte er in der ARD noch Zugänge in der Winterpause ausgeschlossen. Beim Betrachten der heraushumpelnden Mittelfeldstützen Sven Bender und Nuri Sahin könnte er seine Planung nun überdacht haben. "Es wird Zeit, dass Weihnachten wird", sagte Torwart Roman Weidenfeller nach der Niederlage gegen Leverkusen. Vielleicht auch, damit Jürgen Klopp ein oder zwei neue Spieler unter dem Baum vorfindet.

3. Der Lieblingsgegner von Heung-Min Son heißt Dortmund

1:0 durch Son, 3 Punkte, und schon herrscht bei Bayer wieder eitel Sonnenschein.

1:0 durch Son, 3 Punkte, und schon herrscht bei Bayer wieder eitel Sonnenschein.

(Foto: imago sportfotodienst)

Heung-Min Son braucht Jürgen Klopp nicht, in der Offensive ist der BVB (noch) bestens aufgestellt. Vielleicht sollten die Dortmunder den Südkoreaner trotzdem kaufen, sonst nervt der 21-Jährige in der Rückrunde schon wieder. Im vierten Spiel gegen den BVB traf der Ex-Hamburger und Jetzt-Leverkusener nun bereits zum fünften Mal – am Samstag im Topspiel erzielte er sogar das entscheidende 1:0. Und reichte sein Augenmerk dann nach oben: "Dortmund ist stark. Aber jeder kann sehen, wer auf Platz zwei steht. Die Bayern sind nur vier Punkte weg – da wollen wir ran." Doch so stark sich Bayer im Bundesliga-Topspiel präsentierte – das 0:5 im letzten Champions-League-Spitzenspiel gegen Manchester United bleibt in den Köpfen. Es war auch in Dortmund wieder Referenzpunkt. "Wir haben so gespielt, wie ich mir das gegen die Großen wünsche", sagte Sportdirektor Rudi Völler. Torjäger Stefan Kießling sprach von einer bestandenen "Reifeprüfung". In Europa folgt gleich der nächste Test. Am Dienstag geht es bei Real San Sebastian um Weiterkommen in der Königsklasse. Leverkusen muss mehr Punkte holen als Donezk gegen Manchester. Bange war den Bayer-Spielern am Samstag jedenfalls nicht. "Wer in Dortmund gewinnt", sagte Jens Hegeler, "der kann auch in San Sebastian gewinnen."

4. Auch unter Druck liefert Schalke nicht

"Immer, wenn es auch um mich ging, hat die Mannschaft Charakter gezeigt", sagte Schalkes Trainer Jens Keller vor einigen Tagen. "Endspiele liegen uns", pflichtete Sportdirektor Horst Heldt bei. Was da schon nach Wunschdenken klang, ist nach dem 1:2 in Mönchengladbach als glatte Durchhalteparole verpufft. Umstrittener Platzverweis gegen Benedikt Höwedes hin, die nicht gegebene Rote Karte gegen Gladbachs Julian Korb her: Schalkes kriegt es einfach nicht hin auf dem Platz. Nicht im DFB-Pokal, wo desolate Knappen unter der Woche 1:3 im eigenen Stadion gegen Hoffenheim verloren. Nicht in der Liga, wo sie mittlerweile sieben Punkte von Gladbach und dem anvisierten vierten Platz trennen. Und bislang auch nicht in der Champions League, wo das lust- und kraftlose 0:0 in Bukarest ein Endspiel heraufbeschwor, das sie derzeit in Gelsenkirchen alles andere als brauchen können. Siegen oder fliegt heißt es am Mittwoch gegen  Basel für S04 und Trainer Jens Keller, der sich aber wahrscheinlich selbst mit einem Erfolg in der Champions League und zwei Siegen zum Hinrunden-Abschluss gegen Freiburg und Nürnberg nur in die Rückrunde retten kann. Es ist das Einzige, was derzeit auf Schalke sicher scheint: Eine langfristige Zukunft als Trainer der Knappen hat Jens Keller nicht.

5. Auch im Fußball gibt es Flashbacks

Vorfreude, schönste Freude? Davon ist beim Hamburger SV derzeit gar nichts zu spüren. Dabei sind sie gerade ins Viertelfinale des DFB-Pokals eingezogen und haben ein Kracherlos gezogen - der FC Bayern kommt in die Hansestadt. Und weil es so schön ist, fahren die Hamburger auch in der nächsten Woche nach München. Eigentlich kein Problem, schließlich hatte sich der HSV unter Bert van Marwijk stabilisiert und auf den Weg Richtung obere Tabellenhälfte gemacht. Eigentlich. Doch dann war da am Wochenende dieses 0:1 gegen Augsburg. Kurz gefasst: "Wir haben alles falsch gemacht." Korrekt, Bert van Marwijk. Wobei, Augsburg hat auch viel richtig gemacht, und man kann sich überhaupt nur wundern, wie sie es in Schwaben jedes Jahr wieder hinbekommen, in den ersten Spielen wie ein sicherer Absteiger auszusehen, nur um dann so emsig Punkte zu sammeln wie Hoffenheim Gegentore. Der FCA hat übrigens in dieser Saison in München 0:3 und im Pokal zuhause 0:2 gegen die Bayern verloren. Normale Härte, möchte man sagen. In Hamburg zittern sie vor den Duellen mit dem Meister: "Wenn wir so spielen, kriegen wir zwölf Stück", klagte Sportdirektor Oliver Kreuzer. Auch die Fans fürchten sich – als das 5:0 der Bayern gegen den Erzfein aus Bremen auf der Anzeigetafel aufblinkte, brandete nicht etwa hämischer Applaus auf. Es legte sich vielmehr eine merkwürdige Stille über das Stadion. Sowas nennt man wohl düstere Vorahnung.

6. Fußball-Deutschland ist wieder Bruderland

Die Kremers-Zwillinge, die Allofs-Brüder, die Förster-Brüder: Sie alle prägten die Bundesliga und teilweise auch die Nationalmannschaft. Momentan sorgen die Benders für eine Fortsetzung der Geschwister-Geschichten im deutschen Fußball. Am Samstag kündigte sich die nächste an. In Stuttgart berief Trainer Thomas Schneider einen gewissen Rani Khedira in die Startformation. Mit 1,88 Meter Größe und 83 Kilogramm von stattlicher Figur, spielte der 19-Jährige seinen Part im defensiven Mittelfeld zwar nervös, aber gewissenhaft. Vor dem 4:2-Sieg gegen Hannover hatte er noch mit seinem großen Bruder Sami telefoniert, der sich gerade in Donaustauf von seinem Kreuzbandriss erholt. "Er hat mir die Daumen gedrückt und gesagt, ich soll Spaß am Spiel haben", verriet der Debütant. Spaß hatte nicht nur er, sonder auch das Publikum in Stuttgart mit dem forschen Auftritt der stark verjüngten Mannschaft. Torschütze Vedad Ibisevic war mit seinen 29 der Alterspräsident beim VfB, neben ihm standen Jungs wie eben Khedira, Moritz Leitner (21) und Timo Werner (17) auf dem Platz. In Hannover dagegen haben sich mittlerweile wahrscheinlich schon vergessen, wie man Spaß buchstabiert. Die Gemütslage nach der siebten Pleite im siebten Auswärtsspiel umriss Sportdirektor Dirk Dufner klar: "Das kotzt uns alle an."

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen