Ungarns Torwart von 1954 Gyula Grosics ist tot
13.06.2014, 18:38 Uhr
"Aus dem Hintergrund müsste Rahn schießen ..." - Dieser Schuss veränderte sein Leben: Gyula Grosics erreicht den Ball Helmut Rahns nicht, Deutschland wird 1954 erstmals Weltmeister, Grosics in Ungarn zum Sündenbock.
(Foto: dpa)
Gyula Grosics steht im Finale der WM 1954 im Tor, als der deutsche Stürmer Helmut Rahn "aus dem Hintergrund" schießt. Während Deutschland feiert, verwindet Grosics die Niederlage nie. Jetzt ist der "schwarze Panther" gestorben.
Den Linksschuss von Helmut Rahn zum legendären 3:2-Erfolg der deutschen Nationalmannschaft im WM-Endspiel 1954 in Bern gegen Ungarn hat Torhüter Gyula Grosics nie verkraftet. Er wache noch immer mit dem Gefühl auf, dass dieses Tor seinen größten Misserfolg und den des ungarischen Fußballs bedeute, räumte Grosics noch Jahrzehnte später unter Tränen ein: "Es war wie ein Albtraum, als ich merkte, dass ich den Ball nicht halten kann." Am Morgen verstarb der "schwarze Panther" im Alter von 88 Jahren im Krankenhaus. Damit endete für den legendären Schlussmann eine Leidenszeit. In den vergangenen Jahren hatte Grosics drei Herzinfarkte überlebt, zudem klagte er über Lungenprobleme.
Grosics stand zwischen 1947 bis 1962 in 86 Spielen für Ungarn im Tor. 1952 wurde er in Helsinki Olympiasieger, ein Jahr später gehörte er dem Team an, das England erstmals auf heimischem Boden besiegte (6:3). Nach der WM 1954 nahm der auch noch an den Endrunden in Schweden (1958) und Chile (1962) teil. Mit Honved Budapest gewann Grosics vier ungarische Meisterschaften.
Doch nach der völlig unerwarteten Niederlage im WM-Finale vor 60 Jahren änderte sich im Leben des Torhüters alles. Grosics wurde eine Teilschuld an dem verpassten WM-Titel angelastet. Vier Monate nach dem Endspiel wurde er verhaftet, unter Hausarrest gestellt und wegen angeblicher Spionage im Dezember 1954 angeklagt. "Niemand sagte, für welches Land ich spioniert haben sollte, ich erinnere mich, wie einer sagte: Nimm zur Kenntnis, dass andere Leute bei bloßem Verdacht gehängt werden", erklärte Grosics hinterher.
Sein Vater verlor in dieser Zeit seinen Arbeitsplatz, erst nach einem Jahr endeten die Verhöre. Grosics wurde aus Mangel an Beweisen freigesprochen. Er wurde dennoch später zum Provinzverein Tatabanya verbannt. Aufgrund seiner Fähigkeiten wurde er dennoch für die Weltmeisterschaften 1958 und 1962 als Nummer eins berufen. Nach seiner Laufbahn arbeitete er als Trainer für verschiedene Teams. Nach der politischen Wende in Osteuropa engagierte sich Grosics in der Demokratiebewegung. Nach seinem Tod ist Jenö Buzanszky der einzige ungarische Spieler der 54er-Elf, der noch lebt. Von den Spielern der deutschen Weltmeistermannschaft von Bern leben noch der Kölner Hans Schäfer und der Lauterer Horst Eckel.
Quelle: ntv.de, vpe/sid