Fußball

Der fünfte Chelsea-Mann soll's richten HSV rüstet hektisch nach

Michael Oenning muss verwalten, was ihm Sportdirektor Frank Arnesen als Kader zusammengestellt hat. Der hält deshalb zu seinem Trainer.

Michael Oenning muss verwalten, was ihm Sportdirektor Frank Arnesen als Kader zusammengestellt hat. Der hält deshalb zu seinem Trainer.

(Foto: dpa)

Das 0:5 beim FC Bayern ist ein Offenbarungseid für den Hamburger SV. Vor allem für die Abwehr, die nun teuer verstärkt werden soll - mit einem weiteren Nachwuchsmann vom FC Chelsea. Das klingt eher nach Panik als Konzept. Trainer Michael Oenning steht angeblich nicht zur Diskussion.

Ein Zähler, zehn Gegentore, Platz 17: Der Hamburger SV sieht sich nach dem Fehlstart in die neue Bundesliga-Saison - und vor dem richtungsweisenden Duell mit Tabellenschlusslicht 1. FC Köln - bereits zum Handeln gezwungen. Allerdings sind die angedachten Sofortmaßnahmen kaum geeignet, die im Vereinsumfeld bereits grassierende Angst vor dem erstmaligen Bundesligaabstieg rasch zu bannen. Die Personalplanungen wirken ähnlich konzeptlos wie das Spiel von Michael Oennings radikal verjüngten Hamburgern, die in den bisherigen drei Bundesligaspielen dreimal die schlechtere Mannschaft waren.

Der fünfte Mann vom FC Chelsea: Slobodan Rajkovic soll die HSV-Abwehr jetzt stabilisieren.

Der fünfte Mann vom FC Chelsea: Slobodan Rajkovic soll die HSV-Abwehr jetzt stabilisieren.

(Foto: REUTERS)

Denn Abhilfe in der konstant instabilen Abwehr, die bei der 0:5-Klatsche gegen den FC Bayern nicht existent war, soll offenbar der Serbe Slobodan Rajkovic schaffen. Der Innenverteidiger wäre bereits der fünfte Nachwuchsspieler, den Hamburgs neuer Sportdirektor Frank Arnesen von seinem ehemaligen Arbeitgeber FC Chelsea verpflichten würde. Das wirkt nicht nur einfallslos und konterkariert den vom HSV angepriesenen Fakt, dass Arnesen und seine Scouts fundierte Kenner des europäischen Nachwuchsfußballs sind.

Risikoreicher Panikkauf

Es erscheint auch risikoreich und riecht nach Panik: weil Rajkovic mit 22 Jahren mehr Talent als gestandener Profi ist, sein bisheriger Werdegang eine gewisse Stagnation offenbart und der Innenverteidiger keinesfalls zum Schnäppchenpreis nach Hamburg wechseln würde. 2005 zahlte der FC Chelsea knapp fünf Millionen Euro an OFK Belgrad, um Rajkovic zu verpflichten. Bei den Olympischen Spielen 2008 wurde der dann für ein Jahr international gesperrt, nachdem er einen Gegenspieler bespuckt hatte. Im Vorjahr grätschte er auf Leihbasis für den niederländischen Erstligisten Vitesse Arnheim, nun soll er dauerhaft an den Hamburger SV abgegeben werden - für kolportierte drei Millionen Euro.

Der Aufsichtsrat hat bereits Grünes Licht für eine weitere Millionen-Ausgabe signalisiert, obwohl der Club in den roten Zahlen steckt und Arnesen eine Neuverpflichtung noch am Samstag mit Verweis auf leere Kassen als undurchführbar bezeichnet hatte. Um die Vereinskasse zu füllen, könnten die Hamburger noch Profis abgeben. Einen Verkauf von Eljero Elia vor dem Transferschluss am 31. August wollte Arnesen nicht ausschließen, wenngleich das Angebot von Juventus Turin über sieben Millionen Euro nicht akzeptabel sei.

Beckenbauer entsetzt, van der Vaart auch

Frank Arnesens Einkäufe müssen zwei Kriterien erfüllen: jung und vom FC Chelsea. Günstig müssen sie nicht sein.

Frank Arnesens Einkäufe müssen zwei Kriterien erfüllen: jung und vom FC Chelsea. Günstig müssen sie nicht sein.

(Foto: picture alliance / dpa)

Franz Beckenbauer äußerte nach dem 0:5 des HSV in München als Sky-Experte heftige Kritik an Arnesens bisheriger Transferpolitik: "Man hat die Situation unterschätzt und die Spieler, die man geholt hat, überschätzt. Solche Stellungsfehler und auch Schwächen im Zweikampf. Ich weiß nicht, wie das besser werden soll." Der frühere HSV-Star Rafael van der Vaart verfolgte die demütigende Niederlage, mit der die Hamburger noch gut bedient waren, via TV – und konnte nicht glauben, was er sah: "Das war ein schrecklicher Auftritt. Mir kam es vor wie Jugendfußball, echt peinlich!"

Auch dem angeschlagenen HSV-Coach Michael Oenning fällt es mittlerweile schwer, in der aktuellen Krisensituation noch etwas Positives zu finden. Der 45-Jährige hat noch immer keine schlagkräftige Stammformation gefunden. Zu wackelig und instabil präsentierten sich Routiniers wie Kapitän Heiko Westermann, Mittelfeldspieler David Jarolim und Torjäger Mladen Petric, aber auch das Chelsea-Trio Jeffrey Bruma, Michael Mancienne und Gökhan Töre. Auch der Norweger Per Skjelbred, per Casting in den Profifußball gerutscht, erwies sich bei seinen ersten 45 Bundesligaminuten als fußballerischer Leichtmatrose.

Zufrieden mit sich selbst

Arnesen selbst betont gebetsmühlenartig, er sei nicht unzufrieden mit dem Kader, den er ja auch zusammengestellt hat. Die Zugänge seien aber jung und die Hierarchie im Team nach dem Abgang erfahrener Profis noch nicht ausgeprägt. In Einzelgesprächen soll das Selbstbewusstsein der Spieler gestärkt werden, um gegen den 1. FC Köln am Samstag eine andere Mannschaft zu sehen.

Seine schützende Hand hält der Däne bislang auch über Oenning, ein Trainerwechsel ist kein Thema: "Ich habe in den vergangenen Tagen jedes Training verfolgt. Da wurde sehr gut gearbeitet - von allen."

Quelle: ntv.de, cwo/dpa/sid

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