
So wird das nichts mit der Champions League.
(Foto: Roy Gilbert / Revierfoto / Pool)
Der Anspruch von Borussia Dortmund ist die Champions League. Die Realität aber ist Bundesliga-Mittelmaß. Trainer Edin Terzic gerät nach dem neuerlichen Sieglos-Auftritt weiter in die Kritik. Die Probleme aber liegen tiefer.
Eine "Scheißegal-Mentalität" hatte Thomas Delaney gefordert. Der Mittelfeldspieler brachte damit selbst das M-Wort wieder in die Debatte ein, die Borussia Dortmund seit Ewigkeiten begleitet. Vermutlich ungefähr seit dem Abgang von Jürgen Klopp, weithin anerkannt als Mensch gewordene Definition des schwer zu greifenden Begriffes "Mentalität". Delaney ging es bei seiner Forderung in erster Linie darum, dass die Schwarzgelben sich wehren, wenn es schlecht läuft. Dass es aktuell schlecht läuft, ist einerseits daran abzulesen, dass sich Dortmund aus den jüngsten zehn Bundesliga-Spielen nur 14 von 30 Punkten erspielte. Und andererseits an zwei Zitaten von Mats Hummels nach dem ernüchternden 2:2 (1:1) gegen die TSG Hoffenheim.
"Es war am Ende mehr am 3:2 für Hoffenheim, als am 3:2 für uns", fasste der Abwehrchef eine Partie zusammen, in der die Borussia ganz nah dran war an der vierten Niederlage aus den vergangenen fünf Liga-Auftritten. Und dass er dennoch sagte, nachdem der Gegner mehr als doppelt so viele Torschüsse wie der BVB hatte und auch mehr gute Chancen: "Wir sind auf dem Weg der Besserung." Diese gelinge zwar "nicht über Nacht", schränkte er ein, sei aber doch erkennbar. Was verdeutlicht, wie weit die Wirklichkeit des Vizemeisters der beiden Vorjahre vom eigenen Anspruch entfernt ist.
Die Qualifikation für die Champions League ist das Minimalziel. Wie das gelingen soll, blieb gegen keinesfalls überragende Hoffenheimer jedoch einmal mehr fraglich. "Die Anzahl unserer individuellen Abwehrfehler ist sehr hoch", resümierte Trainer Edin Terzic. "Da ist es nicht einfach, komplett stabil zu sein." Wettbewerbsübergreifend blieb seine Mannschaft seit Anfang Dezember in nur zwei von 16 Partien ohne Gegentreffer. Terzic, der als Nachfolger von Lucien Favre einen Aufschwung verantworten sollte, droht mit dem Team nun aber sogar aus den Europapokal-Plätzen zu fallen.
Marco Reus ist "sehr enttäuscht"
Der 38 Jahre alte Übungsleiter musste nach den schwachen 90 Minuten mit anhören, wie Torjäger Erling Haaland nach einem Moment der Stille und des Innehaltens konstatierte: "Hoffentlich ist jeder andere genauso enttäuscht wie ich." Ein Satz, der gar nicht so groß klingt, aber in eine ähnliche Richtung interpretierbar ist wie Delaneys Wunsch nach einer "Scheißegal-Mentalität". Der norwegische Ausnahmestürmer, an 19 von 41 BVB-Toren in dieser Bundesliga-Spielzeit direkt beteiligt, verzweifelte ein ums andere Mal daran, dass er viel seltener in aussichtsreiche Abschlusspositionen kommt als noch zu Beginn der Saison.
Haalands Satz lässt sich auch als Warnung an seine Mannschaft verstehen. Der 20-Jährige strahlt auf dem Feld so viel Ehrgeiz aus wie kaum ein anderer Fußballprofi. Dagegen macht es bei einigen seiner Teamkollegen mitunter den Anschein, als ließe sich im Zweifel ja noch die nächste Partie gewinnen, wenn es eben diesmal nicht klappt. Das war schon unter Favre ein Kritikpunkt, daran hat auch Terzic bislang kaum etwas ändern können. "Wir sind sehr enttäuscht", sagte der erst nach 60 Minuten eingewechselte Marco Reus, der in seiner Einsatzzeit keine Haaland'sche Wucht zeigte, aber immerhin ähnliche Worte wählte wie der Norweger.
Die Probleme der Borussia sind dabei vielfältig - in der Defensive reiht sich ein folgenschwerer Fehler an den nächsten, der Offensive fehlt der Schwung, auch wenn Jadon Sanchos Formkurve endlich wieder nach oben zeigt. Und weil sich weder die viel beschworene Mentalität einfach so austauschen lässt, noch der Großteil des kriselnden Kaders, fokussiert sich die Kritik wie im Profifußball üblich einmal mehr auf den Mann an der Seitenlinie.
Weshalb Hummels versuchte, dem hadernden und bislang vergeblich nach Lösungen suchenden Terzic den Rücken zu stärken: "Unter keinem Trainer der Welt ist nach zwei Wochen alles so, wie der Trainer es sich vorstellt." Allerdings scheinen die grundlegenden Probleme ohnehin trainerunabhängig zu sein.
Quelle: ntv.de