Fußball

Erstes Spiel nach Prügel-Eklat Hertha-Torwart hätte gerne Kay Bernstein gedankt

Der Pokalauftritt hat für Gersbeck zwei Seiten.

Der Pokalauftritt hat für Gersbeck zwei Seiten.

(Foto: picture alliance / BEAUTIFUL SPORTS)

Völlig überraschend steht Marius Gersbeck beim DFB-Pokalviertelfinale für Hertha BSC im Tor. Trotz der Niederlage gegen den 1. FC Kaiserslautern bescheinigt sein Trainer ihm ein gutes Spiel. Hinter dem 28-Jährigen liegen nach dem Prügel-Eklat im Trainingslager schwierige Monate.

Ein kleines Banner vor dem Spiel erinnerte daran, was Marius Gersbeck bei Hertha BSC für einen Weg bestritten hatte. "Träume sind zum Jagen da und heute wird er wahr. Auf geht’s Marius!", drückten die Fans der Berliner dem zweiten Torwart die Daumen. Der 28-Jährige stand überraschend bei der 1:3-Niederlage des Fußball-Zweitligisten im DFB-Pokalviertelfinale gegen den 1. FC Kaiserslautern im Tor - erstmals in einem Pflichtspiel seit dem Prügel-Eklat im vergangenen Sommer.

Nach dem Abstieg aus der Bundesliga kam Gersbeck im Sommer zurück zur Hertha - als Hoffnungsträger für den Neuanfang. Doch der Transfer nahm eine ungeahnte Wendung: Im Sommer-Trainingslager in Österreich schlich sich der Torwart nachts aus dem Hotel und lieferte sich eine Prügelei, bei der er seinem Opfer durch Faustschläge und Tritte Verletzungen im Gesicht zugefügt hatte. Ende September hatte das Landgericht Salzburg entschieden, das Verfahren gegen Gersbeck wegen schwerer Körperverletzung nach einem Schuldeingeständnis unter der Voraussetzung der Zahlung einer Geldstrafe von 40.000 Euro einzustellen. Im vergangenen Oktober hatte er sich für sein schweres Fehlverhalten bei den Mitgliedern entschuldigt. Er stand danach bereits bei Testspielen im Tor.

Nach dem Pokalspiel erklärte Gersbeck in einem Sky-Interview, es wäre traurig gewesen, wenn der Vorfall ihn nicht zu einem reiferen Menschen gemacht hätte. Er habe "sehr viel gelernt". Deshalb sei er voller "Demut und Dankbarkeit, dass ich dann trotzdem am Ende hier stehen darf". Gersbeck war lange Zeit suspendiert und musste allein trainieren. Seine Rückkehr war auch klubintern umstritten, letztlich soll sich Berichten zufolge der kürzlich verstorbene Hertha-Präsident Kay Bernstein dafür eingesetzt haben, dass Gersbeck zurückkehren durfte. Beide kannten sich aus Bernsteins Vergangenheit in der aktiven Fanszene.

"Erste Mal, dass wir über Fußball sprechen"

Gersbeck wurde bei Hertha BSC ausgebildet, konnte sich jedoch nicht durchsetzen. Nach mehreren Leihen glückte ihm das erst in seiner Zeit beim Karlsruher SC. Nach vier Jahren beim KSC kehrte er im vergangenen Sommer nach Berlin zurück. Beim ausverkauften Pokalviertelfinale im Tor zu stehen, seien "zwei Seiten einer Medaille: Es ist schon so, dass ein Kindheitstraum in Erfüllung gegangen ist. Ich durfte endlich für meinen Verein im Olympiastadion auflaufen", erklärte er dem TV-Sender.

Dies sei "unfassbar", sagte Gersbeck weiter, "und da bin ich sehr, sehr dankbar - allen gegenüber. Weil heute das erste Mal war, dass wir auch über Fußball sprechen". Er bedankte sich vor allem bei seiner Frau und der Familie, "die die ganze Zeit hinter mir gestanden haben". Sein Dank gelte auch der Mannschaft, dem Torwarttrainer, dem Trainerteam. Weiter ergänzte er: "Ich glaube, das ist auch klar, ich habe einen Dank ausgelassen, der wäre natürlich an Kay (Bernstein) gegangen, der die Entscheidung mitgetragen hat."

Andererseits sei es umso trauriger, dass Hertha das Spiel verloren habe. "Das war eine riesige Chance für uns alle. Wir haben uns alle viel, viel mehr erhofft", sagte Gersbeck bei Sky. "Deshalb ist es für uns alle extrem bitter. Und das überwiegt heute natürlich." Der Einzug ins Pokalfinale "war das Ziel von uns allen", erklärte er. "Aber ich glaube, wir haben Kay sehr viel zu verdanken, er hat uns alle auch zusammengebracht. Umso mehr schmerzt es, dass wir nicht in den Himmel gucken und sagen können: 'Für dich sind wir eine Runde weitergekommen'."

Er hätte auch zehn Elfer halten können

Auf der Pressekonferenz erklärte später Trainer Pal Dardai seine Entscheidung, Gersbeck statt des Stammtorhüters Tjark Ernst aufzubieten. Der Wechsel sei vor dem Spiel abgesprochen gewesen. Dardai erklärte weiter, dass Gersbeck ohne den Vorfall im Sommer-Trainingslager auch in den anderen Pokalspielen im Tor gestanden hätte. Weiter verglich er es mit dem letzten Spiel in der vergangenen Saison, das der 20-jährige Ernst bestreiten durfte. "Heute war das ein ähnlicher Fall", so der 47-Jährige.

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Gersbeck gehöre zur Mannschaft, er mache "einen sehr guten Job". Der Keeper habe sich in den vergangenen drei, vier Wochen auch im Training merklich gesteigert, erklärte Dardai. "Deshalb hat er sich das verdient." Für das Ausscheiden der Berliner trägt Gersbeck zudem keine Verantwortung. "Heute hat er gut gespielt. Bei den Toren hatte er auch keine Schuld."

Zudem stellte Dardai klar, dass sich an der teaminternen Torhüterrangfolge nichts änderen werde. "Und (Gersbeck) weiß auch: Wenn er heute zehn Elfmeter gehalten hätte, hätte am Wochenende auch Tjark (Ernst) gespielt. So war das auch kommuniziert." Ähnlich äußerte sich auch Gersbeck selbst. Für ihn sei völlig klar, dass er am Wochenende auf der Bank sitzen werde, Hertha spielt am Samstag in der zweiten Liga gegen den HSV (20.30 Uhr/Sky und im ntv.de-Liveticker). Das sei völlig in Ordnung, sagte Gersbeck. Er freue sich, "hier die Chance bekommen zu haben. Und ich werde weiter daran arbeiten, natürlich, dass ich vielleicht ihm irgendwann im Nacken sitze".

Quelle: ntv.de, ses

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