Fußball

Fortuna fürchtet Aufstiegs-Euphorie Herthas letzte Chance muss sitzen

Sehen so Sieger aus? Otto Rehhagel beim Hertha-Training.

Sehen so Sieger aus? Otto Rehhagel beim Hertha-Training.

(Foto: dpa)

Trainer Norbert Meier ist genervt, Kapitän Andreas Lambertz geht es "tierisch auf den Sack". Aber es hilft nichts: Ganz Düsseldorf plant schon vor dem Relegationsrückspiel gegen Hertha BSC die Aufstiegssause. Die Fortuna zittert nicht vorm Gegner, sondern der überschwappenden Euphorie. Die ist Herthas einzige Chance, eine Katastrophensaison noch zu retten. Sportliche Hoffnung gibt es nicht.

Die letzte Chance, eine indiskutable Saison noch zu einem versöhnlichen Ende zu bringen, hatte Hertha BSC am 32. Spieltag. 21 Spiele lang hatte es keine Mannschaft geschafft, gegen Schlusslicht 1. FC Kaiserslautern zu verlieren. Hertha schaffte es, im eigenen Stadion. Dann kam der Sieg gegen 1899 Hoffenheim und noch der Sprung in die Relegation gegen Fortuna Düsseldorf, die nächste letzte Chance. Es folgte die niederschmetternde 1:2-Heimniederlage gegen den Zweitligadritten und das erneute Ende aller Hoffnungen.

Düsseldorf - Hertha BSC, 20.30 Uhr
Team: Ratajczak - Levels, Lukimya, Langeneke, van den Bergh - Bodzek, Fink - Beister, Ilsö, Lambertz - Bröker
Trainer: Meier
Team: Kraft - Lell, Hubnik, Janker, Holland - Niemeyer, Kobiaschwili - Ebert, Raffael, Ben-Hatira – Ramos
Trainer: Rehhagel
Schiedsrichter: Wolfgang Stark

Auch wenn Fußball-Deutschland längst einig ist, dass sich Hertha BSC den Abstieg in dieser Saison auf dem und abseits des Rasens verdient hat: abgestiegen sind die Berliner immer noch nicht. Das Relegationsrückspiel in Düsseldorf ab 20.30 Uhr (im n-tv.de Liveticker) ist nun allerdings wirklich Herthas letzte Chance, Berlin vor einer doppelten Peinlichkeit zu bewahren: Denn machen die Berliner den zweiten Abstieg binnen drei Jahren perfekt, hat Berlin als einzige europäische Hauptstadt nicht nur keinen funktionierenden Großflughafen – sondern auch keinen Erstligaklub.

Durchhalteparolen gibt es noch

Aufgegeben haben sie sich bei der Hertha nicht, die Durchhalteparolen sind den Berlinern immer noch nicht ausgegangen und es braucht ja nur ein mittleres Fußballwunder zur Rettung. Das ist so ziemlich das Positivste, was sich über diese niederschmetternde Saison der Herthaner sagen lässt, die sehr ordentlich begonnen hatte und dann ins totale sportliche und personelle Chaos abgebogen war. Allerdings, das ist die Krux, erschöpft sich der Berliner Optimismus in Worten, die keinen rechten Optimismus verbreiten. "Wir müssen auf alles vorbereitet sein. Jetzt steht für uns die zweite Halbzeit an. Und die wollen wir erfolgreich für uns gestalten", sagte Hertha-Coach Otto Rehhagel. Das klingt, als hätte sich der entzauberte Trainer-Guru versehentlich schon vor dem Spiel in den Urlaub verabschiedet.

Es wird nicht besser, wenn Rehhagel sein Erfolgsrezept näher ausführt. Der Altmeister hat es als Hertha-Coach noch nie als seine Aufgabe betrachtet, öffentlich aufmunternde Worte zu finden. "Es gilt, im richtigen Moment die richtigen Dinge zu machen. Wir müssen die Fehlerquote minimieren und in den entscheidenden Situationen den Verstand benutzen." Nicht nur Rehhagel weiß, dass die Berliner in seiner Amtszeit die richtigen Dinge praktisch immer im falschen Moment gemacht haben und in den entscheidenden Situationen agierten, als wäre Verstand ein Fremdwort für sie. Sportlich gibt es keinen Zweifel daran, dass Hertha absteigen wird.

Und es wird auch nicht besser, wenn Hertha-Manager Michael Preetz, der Hauptverantwortliche für die Misere, Rehhagel verbal beispringt: "Es ist erst Halbzeit. Wir wissen, dass wir in der Vergangenheit auswärts sehr oft stärker waren als zu Hause." Allerdings: Düsseldorf war in dieser Saison zu Hause eine Macht, eine Niederlage in 17 Spielen ist eine Liga-Bestmarke.

Furcht vor der Euphoriewelle

So sehen Sieger aus: Mit 2:1 gewann die Fortuna in Berlin - und warnt sich und die Fans jetzt, dass das ein gefährliches Ergebnis ist.

So sehen Sieger aus: Mit 2:1 gewann die Fortuna in Berlin - und warnt sich und die Fans jetzt, dass das ein gefährliches Ergebnis ist.

(Foto: dapd)

Die größte Chance der Berliner vor dem Gastspiel bei der Fortuna ist deshalb, dass die Stadt ihr Team schon aufgestiegen wähnt. Geheimer Empfang im Rathaus? Riesenparty in der Arena? Konzert der "Toten Hosen"? Ganz Düsseldorf plant bereits die Aufstiegsfeier. Schon im Anschluss an den erfolgreichen "Kreuzzug ins Glück" ("Express") in Berlin wurde das Flugzeug mit den Fortuna-Kickern an Bord nach der Landung mit Wasserfontänen empfangen - als wäre die zweite deutsche Meisterschaft nach 1933 gewonnen worden. In Bäckereien werden "Abstiegsberliner" verkauft und die mangelnde Kapazität des Rathausplatzes für die erste Aufstiegsfeier seit 15 Jahren ist Diskussionsthema.

Nur die 22 Fortuna-Spieler und Trainer Norbert Meier wollen nichts davon wissen. Kapitän Andreas Lambertz, der schon in der 4. Liga für die Fortuna spielte, drohte sogar: "Wenn einer denkt, wir wären aufgestiegen, dem springe ich seitlich ins Knie!" Es gehe ihm "tierisch auf den Sack, dass alle schon denken, wir sind bereits in der Bundesliga".

"Es ist ein gutes, aber auch gefährliches Ergebnis", warnt Manager Wolf Werner. "Nicht einmal ansatzweise eine Entscheidung" findet Trainer Meier den Hinspielsieg in Berlin, es sei ja "schon so viel im Fußball passiert". Für das Rückspiel plant er eine Abwandlung von Rehhagels kontrollierter Offensive, die "kontrollierte Defensive": "Wir wollen gut stehen, wenig zulassen und nicht euphorisch nach vorne rennen." Auch wenn sie noch nicht aufgestiegen sind – aufsteigen wollen sie bei der Fortuna schon: "Beim Aufstieg wäre die Stadt voller Glückseligkeit", sagt Meier, "das haben sich die Fans auch verdient."

Von enttäuscht zu kämpferisch

Reiberei im Training: Der Kampf zwischen Christian Lell (r.) und Änis Ben-Hatira wird in Berlin als positives Zeichen gesehen.

Reiberei im Training: Der Kampf zwischen Christian Lell (r.) und Änis Ben-Hatira wird in Berlin als positives Zeichen gesehen.

(Foto: dapd)

In Berlin ist die große Depression nach dem 1:2 am Donnerstag verflogen. Manager Preetz hat beobachtet, dass die Stimmung von "sehr enttäuscht zu sehr kämpferisch gekippt ist". Das war auch im Training zu beobachten, wo es zwischen Christian Lell und Änis Ben-Hatira am Sonntag mächtig rappelte. So war es auch bei der Fortuna vor dem Hinspiel. "Die Spieler wissen zu 100 Prozent, worum es in diesem Spiel geht", meinte Preetz. "Jetzt geht es um alles." Das hat Preetz in dieser Saison schon oft vorgebetet. Nur diesmal ist es wirklich Herthas allerletzte Chance.

Quelle: ntv.de, mit dpa und sid

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen