Who the f**k is England? Hodgson eifert Löw nach
18.11.2013, 13:14 Uhr
Der Debütantenball gegen Chile ging mit 0:2 verloren.
(Foto: REUTERS)
Lampard, Gerrard, Rooney: Mit diesen englischen Nationalspielern sind die deutschen Fußball-Fans vertraut. Doch beim Klassiker am Dienstag laufen zahlreiche Neulinge auf. Coach Roy Hodgson hat die "Three Lions" auf links gedreht - Vorbild ist ausgerechnet die DFB-Elf.
Das Fußball-Mutterland England begibt sich gerade auf eine Verjüngungskur. Wer am Freitag das 0:2 gegen Chile verfolgt hat, dürfte über so manchen Namen im Spielerbogen gestolpert sein. Im Tor stand ein gewisser Fraser Forster (Celtic Glasgow), im Mittelfeld feierten die beiden Southampton-Profis Adam Lallana und Jay Rodriguez ihr Debüt im Nationaltrikot und auf der Bank hießen die Alternativen etwa Phil Jagielka (FC Everton) oder Andros Townsend (Tottenham Hotspur). Keine Angst, wir sprechen hier immer noch über die A-Nationalmannschaft, die am Dienstag gegen Deutschland spielt und seit eineinhalb Jahren von Roy Hodgson geführt wird.
Der Teammanager hat in dieser Zeit 19 (!) Debütanten zu einem Spiel im Trikot der "Three Lions" verholfen. Den Grund dafür nannte Hodgson am Wochenende: Man müsse sich die DFB-Auswahl zum Beispiel nehmen. "Ich habe Riesen-Respekt vor der Arbeit, die Jürgen Klinsmann und Jogi Löw begonnen haben. Die Entscheidung auf die Jugend zu setzen und eine aggressive Spielweise zu installieren - das war genau richtig", meint der 66-Jährige, der auch weiß, dass seine Experimente wie gegen Chile auch mal nach hinten losgehen: "Wir befinden uns in einer Übergangszeit."
Frisches, aber nicht nur junges Blut
In dieser Übergangszeit sind es allerdings nicht nur junge Spieler, die Hodgson langsam heranführt. Bestes Beispiel ist Ricky Lambert. Der Angreifer spielt beim FC Southampton und durfte im September im wichtigen WM-Qualifikationsspiel gegen die Ukraine sein erstes Länderspiel machen - mit 31 Jahren. Seine Vereinskollegen Adam Lallana (25) und Jay Rodriguez (24) können auch nicht mehr als Talente bezeichnet werden, bekommen nun aber trotzdem ihre Chance. Warum eigentlich?
Hodgson hat aus den letzten Jahren gelernt. Vor den letzten beiden großen Turnieren war England vom Verletzungspech und Formkrisen seiner Leistungsträger gebeutelt. Der damalige Nationaltrainer Fabio Capello holte daraufhin Alt-Stars wie Paul Scholes oder Jamie Carragher zurück und fiel auf die Nase. Bei der WM 2010 in Südafrika scheiterte man im Achtelfinale an Deutschland, zwei Jahre später folgte das Aus bei der Europameisterschaft im Viertelfinale gegen Italien.
Hoffnungsträger Barkley
Damit es kommendes Jahr in Brasilien nicht wieder ein böses Erwachen gibt, verschafft Hodgson auch aufstrebenden Talenten die nötige Spielpraxis. Da wäre Ross Barkley, Mittelfeldspieler des FC Liverpool, 19 Jahre jung. Er zählt auf der "Sechser"-Position zu den großen Nachwuchshoffnungen auf der Insel. Auch Andros Townsend ist so ein Kicker, dem die Zukunft gehören soll. Mit seinen 22 Jahren hat sich der Rechtsaußen in der mittlerweile mit Stars gespickten Mannschaft von Tottenham Hotspur durchgesetzt.
Sein Teamkollege Kyle Walker (23) spielt hinten rechts und wird wohl ebenso gegen Deutschland auflaufen wie Phil Jagielka - auch so ein international nahezu unbeschriebenes Blatt, das sich nach seinem Debüt wohl nicht mehr zum Rekord-Nationalspieler entwickeln wird. Der Innenverteidiger vom FC Everton hat schon 31 Jahre auf dem Buckel, durfte sich zuletzt aber gegen Polen beweisen, was mehr schlecht als recht klappte.
Die alte Garde hinterlässt bald Lücken
Die Kritiker in England werfen Hodgson vor, nicht zu wissen, was er tut - und wen er da überhaupt aufs Feld schickt. Ergebnisse wie das 0:2 gegen Chile zeigen, dass diese Kritik nicht von der Hand zu weisen ist. Aber: Hodgson ist dazu gezwungen, neuen Leuten eine Chance geben, die bald die alte Garde ablösen müssen. Spieler wie Ashley Cole (32), Frank Lampard (35) oder Steven Gerrard (33) haben womöglich ihr letztes Turnier vor Augen und werden große Lücken hinterlassen, wenn die Nachwuchskräfte nicht behutsam herangeführt werden.
Die Zuschauer werden sich also an die neuen Gesichter gewöhnen müssen, doch immerhin bleibt uns Deutschen ein kleiner Trost: Englands Keeper. Nachdem es lange so schien, als wenn die Jungs von der Insel mit Joe Hart einen ordentlichen Keeper gefunden haben, leistete sich der Schlussmann von Manchester City in den vergangenen Wochen einen Patzer nach dem nächsten. Erst musste der 26-Jährige im Verein auf der Bank sitzen, am Freitag auch bei der Nationalelf. Für ihn kam Fraser Forster, der auch kein Fels in der Brandung ist und nun wohl wieder für Hart weichen muss. Im Tor kann Hodgson offenbar so viel rotieren, wie er will - Englands Torhüter, das ist und bleibt trotz aller Umbaumaßnahmen auf ewig eine Konstante.
Quelle: ntv.de, sport.de