Novum im deutschen Profifußball Hoffenheim ist jetzt endgültig Hoppenheim
10.02.2015, 14:30 Uhr
Milliardär Dietmar Hopp ist seit 1989 bei 1899 Hoffenheim engagiert und begleitete den Aufstieg von der Kreis- in die Bundesliga mit Investitionen von 350 Millionen Euro.
(Foto: dpa)
"Mir geht es ganz und gar nicht um die Macht", sagt Dietmar Hopp. Aber genau die hat der Milliardär jetzt bei Fußball-Bundesligisten TSG Hoffenheim. Als erster Privatmann übernimmt er die Mehrheit bei einem deutschen Profiklub - trotz der 50+1-Regel.
Als Dietmar Hopp um 19.50 Uhr seinen 50 Minuten dauernden Vortrag begann, präsentierte er sich als der liebe Opa mit dem großen Geldbeutel. "Brille, Hörgerät - alles, was man in meinem Alter braucht, habe ich", sagte der 74 Jahre alte Mäzen des Fußball-Bundesligisten TSG Hoffenheim bei der Mitgliederversammlung am Montag. Eine Stunde später hatte der Milliardär für ein Novum gesorgt: Hopp ließ sich von den Mitgliedern zum ersten Privatmann machen, der einen Profifußballklub in Deutschland mehrheitlich anführt.
De facto hat Hopp bei der TSG Hoffenheim schon seit etwa 25 Jahren das Sagen und in dieser Zeit rund 350 Millionen Euro in den heutigen Fußball-Bundesligisten investiert. Jetzt hat der 74 Jahre alte Gesellschafter offiziell die Stimmenmehrheit übernommen. Die 384 anwesenden Mitglieder (insgesamt 6437) in der Sinsheimer Stadthalle kippten erstmals im deutschen Profifußball die "50+1"-Regel, die eine Stimmenmehrheit beim Mutterverein vorsieht, zugunsten einer Person und seiner Nachkommen.
Im vergangenen Dezember hatte der Ligaverband die Statuten für den Umgang mit Ausnahme-Anträgen zu 50+1 überarbeitet und präzisiert. Danach dürfen nunmehr nicht nur Wirtschaftsunternehmen wie im Fall von Bayer Leverkusen, dem VfL Wolfsburg und RB Leipzig die Mehrheit an einem Klub halten, sondern auch Privatpersonen. Wenig später genehmigte die DFL die Übernahme Hopps bei den Hoffenheimern, nun wurde sie auch von den Mitgliedern abgesegnet.
Alternativlose Entscheidung
Die hatten im Grunde auch gar keine andere Wahl, sie mussten Hopps Plänen zustimmen. Alles andere hätte die Existenz des Klubs gefährdet. Schließlich hängt nicht nur die Profiabteilung (Hopp musste für die vergangene Spielzeit ein Minus von 11,7 Millionen Euro ausgleichen), sondern auch der Verein selbst am Tropf des Geldgebers. Im abgelaufenen Geschäftsjahr flossen über vier Millionen Euro aus Hopps Stiftung in den Klub. Hopp betonte zwar erneut, dass der Verein ab der Saison 2016/17 finanziell auf eigenen Beinen stehen soll ("Die TSG braucht Transferüberschüsse, um sich unter dem Zwang des Financial Fair Play in der Bundesliga zu halten") - dieses Ziel hatte der Geldgeber in der Vergangenheit aber schon für frühere Zeitpunkte formuliert.
"Es geht mir ganz und gar nicht um Macht", hatte Hopp zu Beginn seiner Präsentation gesagt, in der er sein jahrzehntelanges Wirken bei der TSG beleuchtete. Sein Vortrag, den die Mitglieder mit Standing Ovations feierten, bewies aber das Gegenteil: Ohne den Mäzen würde es den Klub, der derzeit vom Hopp-Vertrauten Peter Hofmann geführt wird, in dieser Form nicht geben - und dieses Lebenswerk möchte der SAP-Mitbegründer nicht in fremden Händen sehen.
Nichts gegen Hopps Willen
"Die DFL-Erlaubnis hat eine große Bedeutung. Das ist für die TSG, für mich und für meine Nachfahren eine wichtige Angelegenheit. Die Übernahme schützt den Kapitalgeber vor Entmündigung, das gilt auch für meine Erben", äußerte Hopp, dessen Sohn Daniel als designierter Nachfolger gilt: "Durch die Übernahme ist sichergestellt, dass nicht eines Tages ein anderer Präsident gegen meinen Willen über das von mir investierte Kapital verfügt. Das würde niemand wollen. Zudem haben die Nachfahren aus meiner Familie Rechtssicherheit."
Die Mitglieder folgten dieser alternativlosen Argumentation. Somit wird Hopp ganz offiziell bei der Spielbetriebs GmbH das Sagen haben. Bisher hat der Verein getreu der "50+1"-Regel die Mehrheit in der GmbH, obwohl er nur vier Prozent (100.000 Euro) des Stammkapitals hält. Hopp dagegen ist mit 96 Prozent (2,4 Millionen Euro) beteiligt. Ab Juli werden die Stimmrechte der prozentualen Beteiligung entsprechen. Da ohne die Zustimmung des gebürtigen Heidelbergers aber ohnehin nichts Wichtiges beschlossen wird, ist das lediglich die Legalisierung der gängigen Praxis.
Heribert Bruchhagen, Vorstandschef von Fußball-Bundesligist Eintracht Frankfurt, begrüßte das Votum und auch die Ausnahme durch die DFL ausdrücklich. "50+1 soll uns schützen, vor Herrn Hopp muss uns niemand schützen", sagte Bruchhagen bei Sky Sport News. "Herr Hopp erfüllt all das, was man sich von einem Mäzenatentum, einem Sponsor, einem Unterstützer eines Vereins erhofft. Das, wovor wir uns mit der 50+1-Regel schützen wollten - den Einfluss von außen und dass der Verein selbst nicht mehr die Politik bestimmt - diese Dinge erfüllt Herr Hopp nicht. Er hat unser vollstes Vertrauen."
Etwas länger als Hopp gedulden muss sich Hörgeräte-Hersteller Martin Kind. Der Präsident von Hannover 96 kämpft seit Jahren gegen "50+1" und wartet nun auf das Jahr 2017. Dann wird er 20 Jahre bei den Hannoveranern involviert sein und dürfte den Klub übernehmen. Dann hat die Liga ihr zweites Hoppenheim.
Quelle: ntv.de, cwo/dpa/sid