Wenn bloß das Pferd in St. Petersburg nicht kotzt Klopps BVB soll wieder höher springen
25.02.2014, 10:06 Uhr
Hamburg war gestern, nun wachen die Fußballer der Dortmunder Borussia in St. Petersburg auf. Und spielen in der Champions League gegen Zenit. Machbare Aufgabe? Der BVB ist sich nicht so sicher, verspricht aber Besserung.
Sie wollen jetzt nicht alles schlechtreden. "Das lassen wir nicht zu", sagt Dortmunds Kapitän Sebastian Kehl. Die klare, verdiente und letztlich peinliche Niederlage beim Hamburger SV liegt ihm und seinen Kollegen aber schwer im Magen. Schließlich schien der BVB in der Rückrunde der Fußball-Bundesliga auf gutem Weg, wieder an spielerischer Stärke zuzulegen. Einem Remis gegen Augsburg zum Start folgten ein mühsamer Sieg in Braunschweig und ein überzeugender in Bremen; auch beim 4:0 über Eintracht Frankfurt lief es rund. Doch dann der Rückschlag gegen einen HSV, der zuvor sieben Spiele hintereinander verloren hatte.
Zenit St. Petersburg: Lodygin - Smolnikow, Lombaerts, Hubocan, Criscito - Fajsulin, Witsel - Hulk, Schatow, Arschawin - Rondon. - Trainer: Spalletti
Borussia Dortmund: Weidenfeller - Piszczek, Sokratis, Friedrich (Hummels), Schmelzer - Sahin, Kehl - Aubameyang, Mchitarjan, Reus - Lewandowski. - Trainer: Klopp
Schiedsrichter: William Collum (Schottland)
Heute (ab 18 Uhr deutscher Zeit im Liveticker bei n-tv.de) geht es im Hinspiel des Achtelfinales der Champions League in St. Petersburg gegen Zenit, den Tabellenzweiten der russischen Premier Liga. Mittelfeldspieler Nuri Sahin gibt pflichtgemäß zu Protokoll: "Wenn wir das HSV-Spiel nüchtern analysieren und selbstkritisch mit uns umgehen, kann uns das nicht umhauen." Ach, wenn es doch nur so einfach wäre. Sebastian Kehl jedenfalls baut schon einmal vor: "Wir haben uns intensiv mit dem Gegner beschäftigt. Es heißt ja, Zenit sei der leichteste Gegner im Achtelfinale - das ist aber nicht so."
Und auch wenn er es wäre - für eine Dortmunder Mannschaft, die so schlecht spielt wie in Hamburg, würde das allemal reichen. Oder wie Trainer Jürgen Klopp nach der Abfuhr in Hamburg sagte: "Es gibt diesen alten Spruch: Ein gutes Pferd springt nur so hoch, wie es muss. Den hasse ich wie die Pest. Ich finde, ein Pferd hat so hoch zu springen, wie es kann. Wir haben heute geguckt, wie hoch wir springen müssen. Und als wir festgestellt haben, dass es nicht so hoch ist, waren wir im Hintertreffen." Demnach ist es also egal, wie hoch die Hürde in St. Petersburg ist. Seine Spieler sollen einfach nur alles geben.
Lewandowski wirkt so weit ganz frisch
Wer sich noch daran erinnert, unter welch dramatischen Umständen sich der BVB im letzten Gruppenspiel mit einem 2:1-Sieg bei Olympique Marseille in diese erste K.-o.-Runde der europäischen Königsklasse gezittert hat, der darf zumindest davon ausgehen, dass den Dortmundern diese Partie am Herzen liegt. Am Montag um 13.55 Uhr ist die Mannschaft in St. Petersburg gelandet, von dort aus ging es mit dem Bus zum Hotel Voznesenskiy Prospekt. Am frühen Abend stand ein abschließendes Training im Petrowski-Stadion an. Wie die "Ruhrnachrichten" berichteten, wirkte der zuletzt arg erkältete Robert Lewandowski so weit ganz frisch. "Mir geht es wieder richtig gut."
Im Gegensatz zum am Fuß verletzten Innenverteidiger Mats Hummels, der zwar ebenfalls trainierte, aber noch leidet, ist der polnische Nationalstürmer also eine ernsthafte Option für die Startelf. Definitiv nicht dabei ist Sven Bender, der wegen einer Schambeinentzündung geschätzte zehn Wochen pausieren muss. Neven Subotic, Ilkay Gündogan und Jakub Blaszczykowski fehlen schon länger. Aber die Dortmunder wollen nicht klagen. Ruhrpoet Klopp hat auch hier den passenden Vergleich parat: "Das ist wie so oft im Leben: Wenn die Waschmaschine kaputtgeht, ist am nächsten Tag der Trockner auch im Arsch - und dann geht meist auch noch der Fernseher kaputt."
Gazprom im Rücken, Hulk im Angriff
Klubchef Hans-Joachim Watzke sieht das ähnlich und fordert: "Wir müssen bereit sein. In Hamburg waren wir nur bedingt bereit. Ich erwarte eine Reaktion." Guter Plan. Und wenn die Dortmunder sich so intensiv mit dem Gegner beschäftigt haben, wie Kapitän Kehl sagt, dann wissen sie auch, dass die St. Petersburger über keine Über-Mannschaft verfügen. Zumal die Gastgeber sich quasi im Winterschlaf befinden, die russische Liga pausiert seit Anfang Dezember und noch bis zum zweiten Märzwochenende.
Der deutsche Sportdirektor Dietmar Beiersdorfer, der früher beim HSV wirkte, hatte deshalb Trainingslager in Katar, Israel und der Türkei organisiert. Er sagt: "Natürlich liegt die Favoritenrolle bei Borussia Dortmund. Das Team hat in Russland einen sehr guten Ruf und ist eine große Herausforderung für unseren Klub und unsere Mannschaft." Damit dürfte er so falsch nicht liegen, wenn auch Zenit mit Gazprom einen Sponsor hat, der dem italienischen Trainer Luciano Spalletti mal eben 50 Millionen Euro für den brasilianischen Stürmer Hulk spendierte. Und zum Beispiel ist der russische Nationalspieler Andrej Arschawin, einst beim FC Arsenal unter Vertrag, kein Schlechter; ebenso wenig der belgische Spielmacher Axel Witsel und der Ukrainer Anatoli Timoschtschuk, bekannt aus seiner Zeit beim FC Bayern.
Aber ein Blick zurück sollte den Dortmundern Mut machen. Nur drei Tage nach dem 0:3 gegen den FC Bayern gelang den Dortmundern im November ein 3:1 über den SSC Neapel. Dem 0:1 gegen Bayer Leverkusen Anfang Dezember folgte besagter Sieg in Marseille und der Einzug ins Achtelfinale. Wenn die Partie in Hamburg nur ein Ausrutscher war und die Dortmunder heute das spielen, was sie können, bleibt das mit dem Viertelfinale in der Champions League kein Traum. Aber um im Klopp'schen Sprachbild zu bleiben: Es soll Menschen geben, die haben schon Pferde kotzen gesehen.
Quelle: ntv.de