Fußball

Schlammschlacht in der DFB-Spitze Koch wehrt sich gegen Zwanziger

Wieder einmal ein Skandal im DFB, wieder das bekannte Schema: Entweder lügt DFB-Präsident Theo Zwanziger.

Wieder einmal ein Skandal im DFB, wieder das bekannte Schema: Entweder lügt DFB-Präsident Theo Zwanziger.

(Foto: dpa)

Die Affäre um Ex-DFB-Schiedsrichter Manfred Amerell entzweit das DFB-Präsidium. Dort bezichtigen sich Präsident Theo Zwanziger und sein Vize Rainer Koch gegenseitig der Lüge. Es geht um ein Treffen Kochs mit Amerell. Zwanziger fühlt sich hintergangen.

Offener Machtkampf in der Chefetage des Deutschen Fußball-Bundes: Der DFB unter Führung von Theo Zwanziger bezichtigt den eigenen Vize-Präsidenten Rainer Koch in der Dauer-Affäre um den früheren Schiedsrichter-Obmann Manfred Amerell der Lüge. Damit entbrannte ein Streit, der der Beginn einer Zerreißprobe in der DFB-Führung sein könnte - zwischen dem Präsidenten Zwanziger und dessen potenziellem Herausforderer Koch.

Nachdem der Vorsitzende des bayerischen Fußball-Verbandes behauptet hatte, Zwanziger über sein umstrittenes Treffen mit Amerell informiert zu haben, versandte der DFB zunächst eine Pressemitteilung, die jede Menge Zündstoff barg. "Der DFB legt großen Wert auf die Feststellung, dass unser Präsident Dr. Zwanziger weder im Vorfeld noch im Anschluss von Herrn Koch über dessen Treffen mit Herrn Amerell informiert wurde", ließ Mediendirektor Ralf Köttker mitteilen und fügte an: "Das Treffen wurde dem DFB erst auf unsere Rückfrage bei Herrn Koch von ihm bestätigt."

"Nachweisbar kein Alleingang"

Oder DFB-Vizepräsident Rainer Koch sagt nicht die Wahrheit.

Oder DFB-Vizepräsident Rainer Koch sagt nicht die Wahrheit.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Dies wird von Koch aber vehement bestritten, der am Nachmittag ebenfalls eine Presseerklärung versandte: "Die von DFB-Präsident Dr. Theo Zwanziger in Zusammenhang mit meinem Gespräch mit Manfred Amerell erhobenen Vorwürfe sind unberechtigt. Zu Ablauf, Hintergrund und Vorgeschichte des Gesprächs werde ich mich im Interesse der Sache vorläufig noch nicht öffentlich äußern, sondern zunächst den Weg der verbandsinternen Kommunikation beschreiten", teilte Koch mit.

Er stellte klar, "dass dieses Gespräch nachweisbar keinen Alleingang darstelle,  was Zwanziger und DFB-Mediendirektor Ralf Köttker aufgrund einer von mir nach dem Treffen an diese erfolgten schriftlichen Information bekannt ist." Weitere zusätzliche Informationen seien trotz ausdrücklicher Nachfrage bei Köttker von diesem ausdrücklich für nicht mehr notwendig erklärt worden.

Zwanziger selbst hatte nach dem Gipfeltreffen zwischen DFB und DFL am Montag im Gespräch mit dem Sport-Informations-Dienst (SID) gesagt: "Der Ablauf ist natürlich enttäuschend. Ich habe erst durch einen Medienbericht von dem Treffen erfahren. Und auch anschließend hat Herr Koch entgegen anderslautender Aussagen keinen direkten Kontakt zu mir aufgenommen." Ob das gestörte Vertrauensverhältnis bestehen bleibt, wird in den kommenden Tagen bei einem Krisengipfel zwischen Zwanziger und Koch geklärt.

Tatbestand des Verrats

Koch hatte sich in der vergangenen Woche mit Amerell getroffen und nach eigenem Bekunden versucht, die Wogen zwischen dem Verband und dem früheren DFB-Schiedsrichter-Obmann zu glätten. "Mir geht es seit langem primär darum, die ständig fortschreitende Eskalation im Fall Amerell/Kempter und die damit einhergehende Beschädigung des Rufs der deutschen Schiedsrichter zu beenden. Das von mir mit Manfred Amerell geführte Gespräch erfolgte deshalb ausschließlich im Interesse des DFB und diente dem Versuch der Durchbrechung des immer größer und gefährlicher werdenden Konfliktpotentials", so Koch in seiner Erklärung.

Unabhängig davon, dass Zwanziger diese Aussage Kochs ins Reich der Fabeln verwies, scheint für den DFB-Präsidenten allein der Versuch einer Vermittlung den Tatbestand des Verrats zu erfüllen. Dies ließ er Koch, der aus seinen Ambitionen für einen weiteren Aufstieg innerhalb des DFB nie einen Hehl gemacht hatte, auch persönlich spüren.

"Ich habe von der Beziehung Amerell und Kempter nichts geahnt. Ich war damals für das Schiedsrichterwesen nicht unmittelbar zuständig, dieser Bereich war Rainer Koch zugeordnet. Ich sehe in dieser Beziehung von Amerell zu jungen Schiedsrichtern und in der Tatsache, dass dies nicht bemerkt wurde, den eigentlichen Skandal", sagte Zwanziger der "Rhein-Zeitung". Andere Leute hatten es hingegen als Skandal empfunden, dass Zwanziger die Affäre mit den Missbrauchsfällen in der katholischen Kirche verglichen hatte. Das wurde ihm schließlich gerichtlich untersagt.

Unterstellungen Richtung Koch

Koch, der im Februar 2010 seinen Aufgabenbereich im Schiedsrichterwesen aufgegeben hatte, weil er eigenen Angaben zufolge nur unzureichend über die Vorgänge im Fall Amerell/Kempter informiert worden war, muss nun bereits vor der Präsidiumssitzung Anfang Dezember Stellung zu seinem verbandsintern nicht abgestimmten Treffen beziehen.

Persona non grata beim DFB: Manfred Amerell.

Persona non grata beim DFB: Manfred Amerell.

(Foto: picture alliance / dpa)

Amerell wird vom DFB vor allem wegen der Sex-Affäre mit dem ehemaligen FIFA-Referee Michael Kempter als "unerwünschte Person" geführt. "Wir haben von diesem Treffen aus den Medien erfahren und werden Herrn Koch nunmehr zu diesem Vorgang anhören", sagte Zwanziger. Danach soll über die Zukunft von Koch im DFB-Präsidium entschieden werden. Koch wird in einem DFB-Protokoll unterstellt, dass er auf der Seite von Amerell stehe. Das dementiert der DFB-Vizepräsident jedoch energisch. Dennoch steht nach "Sport Bild"-Angaben in dem Protokoll, dass das Vertrauensverhältnis zwischen Koch und den übrigen Gremiumsmitgliedern nachhaltig gestört sei.

Steuerskandal jetzt Chefsache

Angesichts der neuen Entwicklungen dürfte Zwanziger eine weitere Meldung nur wenig erleichtert haben. Das Landgericht Berlin erließ gegen Amerell eine einstweilige Verfügung. Darin untersagen die Richter Amerell die Behauptung, der DFB habe Michael Kempters Rechtsanwalt Christoph Schickhardt bezahlt. Für den Fall einer Zuwiderhandlung droht Amerell, der die Verfahrenskosten tragen muss, ein Ordnungsgeld bis zu 250.000 Euro oder eine Ordnungshaft bis zu sechs Monaten.

Die seit fast zwei Jahren schwelende Affäre Amerell/Kempter ist auch Auslöser des jüngsten Schiedsrichterskandals beim DFB. Prominente deutsche Schiedsrichter sollen massiv Steuern hinterzogen haben. Amerell hat bereits zugegeben, dass er mit einer Anzeige die Steueraffäre ausgelöst hatte. Die Staatsanwaltschaft München I hat Ermittlungen aufgenommen und am Montag vor einer Woche bereits zahlreiche Häuser und Wohnungen durchsucht. Zwanziger erklärte die Angelegenheit inzwischen zur Chefsache und lud nach Informationen des "Tagesspiegels" die deutschen Spitzenschiedsrichter für Freitag in die Verbandszentrale. In der vergangenen Woche hatte der DFB-Boss noch versucht, die Sache kleinzureden, und der "Rhein-Zeitung" gesagt: "Ich gehe davon aus, dass bei den meisten Fällen eher oder überhaupts nichts herauskommen wird." Inzwischen sieht Zwanziger ganz offensichtlich anders.

Quelle: ntv.de, cwo/sid

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