Europaliga als Ablenkung Kriselnder VfB bei Benfica
17.02.2011, 13:05 UhrFür den VfB kommt es knüppeldick: In der Bundesliga setzt es für die Stuttgarter im Kampf um den Klassenerhalt immer wieder Nackenschläge, in der Europaliga treffen sie heute Abend auf das Top-Team Benfica Lissabon. Und nun kündigt sich auch noch ein Kampf um die Vereinsführung an.
National ein Abstiegskandidat, international nur krasser Außenseiter und nun auch noch ein drohender Machtkampf um die Vereinsführung: Der seit Wochen schwächelnde VfB Stuttgart tritt bei Benfica Lissabon im Zwischenrunden-Hinspiel der Europaliga ohne große Illusionen an. "Das ist eine Top-Mannschaft, die gespickt ist mit Top-Stars und Nationalspielern wie Luisao oder Pablo Aimar", sagte VfB-Trainer Bruno Labbadia voller Respekt vor dem portugiesischen Rekordmeister. "Die sind in meinen Augen Favorit."
Die ohnehin knifflige Aufgabe gegen den Tabellenzweiten Portugals heute ab 19 Uhr im Estádio da Luz ist durch die unerfreulichen Entwicklungen für den VfB noch komplizierter geworden. Das deprimierende 1:4 gegen den 1. FC Nürnberg hat das ohnehin schon angeknackste Selbstvertrauen weiter reduziert. Zudem haben sich die Personalprobleme durch den kurzfristigen Ausfall von Stürmer Pawel Pogrebnjak (Rippenbruch) und die fehlende Freigabe für den japanischen Neuzugang Shinji Okazaki potenziert. Mit Timo Gebhart, Christian Gentner und Arthur Boka fehlen weitere drei Stammkräfte im Mittelfeld. Der Zoff mit Stürmer Ciprian Marica, den die Verantwortlichen wegen dessen Egoismus aus dem Kader und Mannschaftstraining verbannt haben, sorgte für weitere Unruhe.
Staudt will kämpfen
Abseits des Rasens hat sich nun auch noch eine Opposition um den Bankmanager Björn Seemann formiert, die den Präsidenten Erwin Staudt und den Aufsichtsratschef Dieter Hundt stürzen will. "Beim VfB muss jeder Stein umgedreht werden", sagte Seemann. "Staudt und Hundt müssen Platz machen." Der Geschäftsführer der Stuttgarter Niederlassung der Schweizer Bank Julius Bär will sich auf der nächsten Mitgliederversammlung als Präsident zur Wahl stellen.
Staudt reagierte in Lissabon resolut auf den sich formierenden Widerstand. "Ich werde kämpfen bis zur letzten Patrone", versicherte er. "bin nicht amtsmüde. Das ist absoluter Quatsch." Der VfB-Präsident erklärte, drei der vier angeblichen Opponenten hätten sich "persönlich bei mir gemeldet und gesagt, dass da nichts dran ist". Er verbiete jedem, über was anderes als den Klassenerhalt zu reden. "Ich habe schon vor Monaten den Ausnahmezustand ausgerufen", so Staudt.
"Lissabon ist ein Spiel für die Moral"
Angesichts der Krise kommt Labbadia und Co. die Zusatzbelastung Europaliga gerade recht. "Das ist nie störend", meinte der Coach. "Das wird ein unheimlich interessantes Spiel und eine Abwechslung zur Liga." Fredi Bobic sieht es ähnlich. "Es kann für die Mannschaft in unserer Situation von Vorteil sein, mal zwei, drei Tage wegzukommen und den Kopf freizubekommen", sagte der Manager. "Es sind zwei Spiele, in denen die Chancen vollkommen offen sind."
Auch die VfB-Profis sehen Lissabon eher als Chance, Ablenkung im Nerven zehrenden Abstiegskampf zu finden und über ein Erfolgserlebnis Selbstvertrauen zu tanken. "Lissabon ist ein Spiel für die Moral", sagte Cacau, der wohl einzige Spitze sein wird. "Wir wollen da so gut wie möglich spielen und uns als Mannschaft wieder finden." Christian Träsch konstatierte: "Das ist eine sehr gute Mannschaft mit großen Namen. Es wird sehr schwer, aber wir können sie schlagen." Dafür muss der VfB aber einen Glanztag erwischen. Labbadia gab zu: "Wir sind in der Außenseiterrolle." Benfica ist seit 16 Spielen ungeschlagen.
Benfica Lissabon - VfB Stuttgart, 19 Uhr
Lissabon: Roberto - Pereira, Luisao, Sidnei, Coentrao - Salvio, Pablo Aimar, Javi Garcia, Gaitán - Jara, Cardozo
Stuttgart: Ulreich - Funk, Tasci, Delpierre, Molinaro - Träsch, Kuzmanovic - Harnik, Hajnal, Elson (Didavi) – Cacau
Schiedsrichter: Braamhaar (Niederlande)
Quelle: ntv.de, Elmar Dreher, dpa