Torwart Wiese und das "blöde Ding" Löw gibt Neuer keine Garantie
12.08.2010, 09:42 UhrManchmal ist es ungerecht. Vor allem im Torhüter-Leben. Da spielt man tadellos und bewahrt sein Team vor dem Rückstand - und dann wird ein einziger Augenblick bitter bestraft. Tim Wiese musste beim 2:2 in Dänemark diese Erfahrung machen - Joachim Löw lobte dennoch.
Es war wieder einer dieser Sekundenbruchteile, der aus einer starken Vorstellung und Werbung für einen Stammplatz allenfalls eine normale Leistung macht. Der Ball segelte durch die Luft, Dennis Rommedahl verpasste, Tim Wiese entschied sich falsch - und von der Brust des Fußball-Nationaltorhüters prallte die Kugel zu Mads Junker, der zum Ausgleich abschloss.
"Das ist eine Tausendstelsekunde, in der du überlegen kannst. Aber ich war ja außerhalb des Sechzehners und wenn ich den Ball in die Hand genommen hätte, wäre es Rot gewesen", versuchte sich Wiese nach dem 2:2 in Dänemark an einer Erklärung an dem "blöden Ding" in der Schlussphase. "Das ist das Torwartleben. Es ist natürlich bitter, aber ein Torhüter darf sich halt keine Fehler erlauben."
Diskussion um die Nummer eins
Bis zum Ausgleich in der 87. Minute war der 28 Jahre alte Bremer der beste Akteur der DFB-Elf. Mit mehreren Paraden hielt er sein Team in Führung, war bei langen Bällen hellwach und ließ mit der Leistung sogar Ambitionen auf den Platz als Nummer eins im deutschen Tor aufblitzen. Joachim Löw eröffnete unabhängig von Wieses Fehler die Diskussion um die Nummer eins im deutschen Tor überraschend neu. "Ich werde vor dem Spiel gegen Belgien bekanntgeben, mit welchem Torhüter wir in die Qualifikation gehen, wer für uns die Nummer eins sein wird", kündigte der Bundestrainer an. Von der WM müsse man sich "mental" entfernen, meine Löw, der nach der Kapitäns-Frage die nächste Diskussion öffnete. "Dass sich alle wieder neu bewähren müssen, ist klar. Die Leistung muss stimmen."
WM-Torwart Manuel Neuer muss sich also bis Anfang September einer neuen Debatte stellen. Der in Südafrika sichere Rückhalt schlenderte in Kopenhagen wortlos in den Mannschaftsbus, in dem zumindest bei Doppelspieltagen in der Ausscheidung für die Europameisterschaft 2012 drei Keeper sitzen werden. Der dritte Mann aus Südafrika, Jörg Butt, dürfte dann als 36-Jähriger nicht mehr dabei sein. Der einst als DFB-Stammkraft auserkorene René Adler ist wieder fit; und über zehn Jahre jünger.
Es lebe der Konkurrenzkampf
"René Adler war ja vorher für uns ein wichtiger Torhüter, bei dem wir gesagt haben, er kann es sogar schaffen, die Nummer eins zu sein vor seiner Verletzung", sagte Löw. Doch dann verletzte sich der Leverkusener Schlussmann, musste den WM-Traum begraben und die Pole-Position hergeben. Nun hofft er im Löw'schen Luxus-Angebot auf eine neue Chance. "Auf dieser Position gibt es und gab es in der Vergangenheit nie ein Problem und da bin ich auch froh drüber", sagte der Bundestrainer. Löw hält den Konkurrenzkampf hoch, will noch ein bisschen mehr aus seinen Torhütern herauskitzeln.
Wiese hofft trotz des Fauxpas' in seinem ersten Länderspiel über 90 Minuten auf weitere Chancen. Adler will nach seinem Leverkusen- Comeback im DFB-Trikot sowieso wieder angreifen - und Neuer räumt den Platz garantiert nicht kampflos. "Ich will immer spielen, meine Position bestätigen und versuchen, die Nummer eins zu bleiben", hatte der Schalker schon vor dem Spiel in Kopenhagen betont. Auch wenn er nicht auf dem Platz stand, hat er seine Stellung dank eines einzigen Augenblicks trotzdem ein Stückchen gefestigt.
Quelle: ntv.de, Christian Kunz und Jens Mende, dpa