Fußball

BVB will sich aus Stille erheben Meister der Schmerzen schickt Kampfansage nach München

Der BVB will aus den Schmerzen Kraft ziehen.

Der BVB will aus den Schmerzen Kraft ziehen.

(Foto: picture alliance / DeFodi Images)

Am letzten Spieltag der Bundesliga-Saison verspielt Borussia Dortmund den fast schon sicher geglaubten Meistertitel mit einem 2:2 gegen den 1. FSV Mainz 05. Auf die Stille folgt schon bald die Aufmunterung. Keine 48 Stunden nach dem dramatischen Finale tönen jetzt die ersten Kampfansagen in Richtung München.

Edin Terzić lächelte wieder, wenn auch etwas gequält. Am Ende eines traumatischen Wochenendes nahm der Trainer von Borussia Dortmund freundlich Fans für Selfies in den Arm und gab ganz geduldig Autogramme. Der Schmerz beim BVB sitzt tief, wahnsinnig tief, auch die Bilder des weinenden Terzić werden noch lange in der Seele brennen - aber der Verein rappelt sich nach seinem brutalen Niederschlag im Meisterkampf langsam hoch.

"Wir sind im Ruhrgebiet dazu verdammt, immer wieder aufzustehen", sagte BVB-Boss Hans-Joachim Watzke dem "Kicker", er erfasste damit jene furchtbare Enttäuschung, die sich mehr und mehr in Trotz wandeln wird. Noch entsetzlicher als das verlorene Champions-League-Finale 2013 sei das 2:2 gegen den FSV Mainz 05 gewesen - aber es gebe auch Anlass zu Optimismus.

"Wir haben eine sehr gute Mannschaft", sagte Watzke dem sid am Pfingstmontag, "haben in diesem Jahr 46 Punkte geholt", nur eben einen zu wenig: "Und wir haben einen großartigen Trainer, der wunderbar zu dieser Mannschaft passt." Das ultimative Lob jedoch gebühre den Fans. "Wie sie versucht haben, die Mannschaft mitten in unser aller Schmerz aufzubauen, das war einzigartig."

Leverkusen 2000, Schalke 2001 und Dortmund 2023

Das endlose Grauen der Stille hatte tatsächlich erst die Südtribüne vertrieben. Als hätten die Seelen ihre Körper verlassen, waren die Spieler nach dem Abpfiff umgefallen, sie lagen auf dem Rasen inmitten ihrer zerfetzten Träume. 10, 15 Minuten lang. Ewig. Mats Hummels, fassungslos, Marco Reus, aufgelöst, weinend - wie Terzić. "Aufstehen, aufstehen!", riefen dann die Fans.

Wahrscheinlich ist erst einmal das Schlimmste überstanden. "Die nächsten Tage werden brutal", ahnte zwar Hummels noch am Samstag, aber auch bei ihm wird die Trauer in Fassungslosigkeit umschlagen. "Ich weiß nicht, warum das genau passiert ist", sagte Sportdirektor Sebastian Kehl. "Vielleicht werde ich es nie erfahren."

Sie wollten, wie Edin Terzić zu Saisonbeginn pathetisch gesagt hatte, "laut sein wie nie". Am Ende waren sie nicht Meister, sie waren still wie nie, alle 80.000 zusammen. Es war eine Szenerie, die an die großen Dramen der Liga-Geschichte erinnerte: Schalkes vier Minuten von 2001, Bayer Leverkusen 2000 in Unterhaching - der BVB 2023.

Watzke: "Sind ganz nah dran!"

"Die Menschen haben hier ein ganz starkes Gefühl für schwierige Momente", betonte Kehl. "Es ist so, wie die Jungs es gesungen haben: Borussia Dortmund wird niemals untergehen!" Sein Chef sprach sogar schon vom neuerlichen Angriff auf Bayern München. Der BVB werde "wieder um die deutsche Meisterschaft mitspielen wollen", sagte Watzke, "weil wir das Gefühl haben, dass wir ganz nah dran sind."

Deshalb war auch der Kontrast zwischen dem, was war, und dem, was hätte sein können, der größte Schmerz. Am Borsigplatz-Kreisel, wo Hunderttausende Menschen feiern wollten, herrschte am Sonntag tote Hose. Am Alten Markt mit dem Bläserbrunnen öffneten zaghaft die Cafés, der Friedensplatz war verwaist.

"Es tut extrem weh und fühlt sich komplett beschissen an. Das Stadion, die gesamte Mannschaft, die ganze Stadt hat dran geglaubt", sagte Terzić. "Dieser Sport, in den wir uns alle verliebt haben, kann so hart sein." Doch sie trugen auch selbst die Schuld: Watzke gab ihnen daher mit, es müsse demnächst von Saisonbeginn klar sein, dass jedes Tor zähle.

Wenn der Schrecken die Glieder mal verlassen hat, werden sie alle an die unendlich vielen Chancen denken. Den Kollaps gegen Bremen, das absurde 3:3 in Stuttgart, den Elfmeterklau von Bochum. Aber: Ein Heimsieg gegen Mainz hätte die ganze Stadt in Massen-Ekstase versetzt. Sie hatten die Schale in der Hand. Sie haben sie den Bayern in den Schoß geworfen.

Quelle: ntv.de, Thomas Nowag, sid

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