Fußball

Einwurf-Tor und Hansa-Liebe Meistertrainer Uwe Reinders "nullt"

Uwe Reinders war einer der wenigen Trainer, die zur Wendezeit vom Westen in den Osten gingen. Mit Hansa Rostock schrieb er Geschichte und wurde am 25. Mai 1991 letzter DDR-Meister.

Uwe Reinders war einer der wenigen Trainer, die zur Wendezeit vom Westen in den Osten gingen. Mit Hansa Rostock schrieb er Geschichte und wurde am 25. Mai 1991 letzter DDR-Meister.

(Foto: picture-alliance / dpa/dpaweb)

"Ich sach ma so: Das Schlachtschiff hat ein paar Einschusslöcher": Seinen Humor hat Uwe Reinders auch im reiferen Alter nicht verloren. Zu seinem 60. Geburtstag spricht er über sein legendäres Einwurf-Tor und über Herzprobleme.

Selbst sein fortgeschrittenes Alter und die gesundheitlichen Probleme nimmt Uwe Reinders mit Humor. "Ich sach ma so: Das Schlachtschiff hat ein paar Einschusslöcher. Heute Morgen wollte ich mich wie ein 25-Jähriger aus dem Bett rollen, aber irgendjemand muss mich festgehalten haben..."

60 Jahre wird der frühere Bremer Bundesligaspieler und Meistertrainer von Hansa Rostock an diesem Montag alt, ganz spurlos ging die intensive Zeit nicht an ihm vorbei. "Ich habe Probleme mit dem Herzen, nehme Tabletten", sagt Reinders: "Mir geht es nicht ganz so gut."

Der traurige Niedergang seines Ex-Klubs Hansa sei auch nicht gerade herzschonend, gibt der gebürtige Essener zu: "Ich sitze jeden Samstag um 14 Uhr vor dem Fernseher und drücke Rostock die Daumen. Die Gefahr, dass Hansa absteigt und von der Bildfläche verschwindet, ist sehr groß."

Ein kräftiges "Sport frei"

Reinders war einer der ersten westdeutschen Trainer, die nach der Wende in der ehemaligen DDR gearbeitet haben. Es war, als würde er in eine andere Welt tauchen. Bei seinem Dienstantritt am 1. Juli 1990 standen seine Spieler in Reih und Glied an der Seitenlinie. Verdattert fragte Reinders seinen Co-Trainer Jürgen Decker, was diese stramme Anordung zu bedeuten habe. Sein Assistent erklärte ihm, die Spieler würden ihn gleich mit einem kräftigen "Sport frei!" begrüßen.

"Ich habe die Jungs gefragt, ob sie vielleicht noch auf einen General warten würden", sagte Reinders dem Magazin 11 Freunde. Um Vertrauen zu schaffen, gab er jedem Spieler seine private Telefonnummer. Zu seinem Erstaunen bekam er aber keine Nummer zurück, denn keiner seiner Profis besaß damals ein Telefon. "Wenn die mich benachrichtigen wollen", sagte Reinders, "müssen sie trommeln."

Mit seiner lockeren Art traf Reinders bei den Spielern genau den richtigen Ton. Er schuf einen verschworenen Haufen, mit Kapitän Juri Schlünz als verlängertem Arm auf dem Platz. Als krasser Außenseiter gehandelt, feierte Hansa ausgerechnet in der letzten Oberligasaison mit dem Sensations-Double aus Meistertitel und Pokalsieg den größten Erfolg der Vereinsgeschichte.

Erfolgswelle und Einwurftor

Hansa schwamm mit Reinders auf einer Erfolgswelle und überraschte auch in der Bundesliga. Nach neun Spieltagen und einem 2:1-Triumph beim Rekordmeister Bayern München stand Rostock an der Tabellenspitze. Doch der Einbruch ließ nicht lange auf sich warten. Hansa wurde von der Realität eingeholt, und Reinders musste kurz vor Saisonende gehen.

Die schönen Erinnerungen aber sind geblieben. "Wenn jemand mal gegen Bayern München gewinnen will", sagt Reinders schmunzelnd, "dann soll man mich anrufen oder besser gleich als Trainer einstellen. Ich weiß ja, wie es geht."

Er weiß auch, wie man gefährliche Einwürfe ausführt. Das legendäre Einwurf-Tor im August 1982 gegen Bayern-Torwart Jean-Marie Pfaff wird den früheren Werder-Profi für immer begleiten. "Für Pfaff war das eine peinliche Sache", erinnert sich Reinders: "Da macht ein Weltklasse-Keeper sein erstes Spiel für Bayern - und dann verliert er wegen so einer Krücke."

Seine Kodderschnauze hat er sich bewahrt. Sein früherer Trainer Otto Rehhagel prägte einmal den Spruch: "Mit dem Ball ist er Weltklasse, ohne ist er Kreisklasse." Ob ihn sein mitunter freches Mundwerk eine größere Karriere gekostet habe, darüber will der viermalige Nationalspieler nicht nachdenken. Die heutige Spielergeneration sei ihm definitiv viel zu brav: "Die sind alle geklont, da haut keiner mehr einen Spruch raus." Dieses Manko hat Uwe Reinders nicht, auch nicht mit 60 Jahren. Seine Gäste bei der familiären Geburtstagsfeier in Bremen mit Grünkohl und Pinkel dürften gut unterhalten werden.

Quelle: ntv.de, Jörg Soldwisch, sid

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