Fußball

Er trifft, genießt und schweigt Mesut Özil macht alles richtig

Als Mesut Özil sein Tor für Deutschland erzielt, verzichtet er auf große Gesten. Und reagiert damit auf seine eigene Weise darauf, dass die türkischen Fans ihn 89 lange Minuten auspfeifen. Hinterher schweigt er, genießt und freut sich über seine bestandene Prüfung.

Stiller Genießer: Mesut Özil.

Stiller Genießer: Mesut Özil.

(Foto: dpa)

Am Ende war Mesut Özil einfach nicht mehr da. Nicht als sich die deutschen Fußballnationalspieler von den Fans in der Kurve feiern ließen, nachdem sie im Qualifikationsspiel zur Europameisterschaft 2012 mit einem Kraftakt die Türkei mit 3:0 (1:0) besiegt hatten. Nicht auf der Pressekonferenz und nicht danach, als die Journalisten in den Katakomben des Berliner Olympiastadions auf ihn warteten. Mesut Özil war weg. Dabei hätte er viel zu erzählen gehabt.

Er war der Mann des Abends. Nicht nur, weil er gegen die Türkei, die Heimat seiner Eltern, nach 77 Minuten das Tor zum 2:0 erzielt hatte. Auch nicht, weil er es war, der nach einer schwächeren ersten Halbzeit für die schönen, die spielerischen Momente gesorgt hatte. Sondern ganz einfach, weil er dieses Spiel überstanden hat. Und das mit Bravour. Mesut Özil hatte an diesem ansonsten freundlichen Herbstabend in der Hauptstadt, der zwar von Rivalität, nicht aber von Feindseligkeit geprägt war, die Sympathien der Mehrheit mitnichten auf seiner Seite. Denn mehr als die Hälfte der 74.244 Zuschauer im Stadion trug rote Trikots, hielt zu den Gästen aus der Türkei und nahm es dem Mittelfeldspieler von Real Madrid laustark übel, dass sein Hemd nicht ebenfalls rot war. Sondern nur seine Schuhe.

Pfiffe immer dann, wenn er am Ball war

So pfiffen sie ihn aus, weil er sich nicht für das Land seiner Eltern entschieden hat, sondern für das, in dem er aufwuchs und das Fußballspielen lernte. Sie pfiffen und buhten, als er vor der Partie in einem Werbefilm für eine Nuss-Nougat-Creme auf den beiden Anzeigetafeln zu sehen war, sie pfiffen, als er dem Rasen betrat, und sie pfiffen immer dann, wenn er am Ball war. Sie jubelten, wenn er einen Fehlpass spielte. Und was tat Özil? Er spielte Fußball. Nicht ganz so gut vor der Pause, danach aber mit jeder Minute und mit jedem Pfiff stetig besser. Und dann schoss er ein Tor. Leicht und locker, fast wie im Training schob er den Ball am türkischen Torhüter Volkan Demirel nach Miroslavs Führungstreffer kurz vor der Pause zum vorentscheidenden 2:0 ins Tor.

Bundestrainer Joachim Löw jedenfalls versicherte hinterher, Mesut Özil sei "nicht angespannter gewesen als sonst". Das mag man glauben oder nicht. Falls er nervös war, hat er es sich jedenfalls nicht anmerken lassen. Ansonsten hatte Löw wenig Lust, die Sache mit den Pfiffen groß zu kommentieren und hielt, wie Mesut Özil zuvor auf dem Platz, auch verbal den Ball wohltuend flach. "Mesut hat sich davon nicht beeindrucken lassen. Das hat er auch gezeigt". Und das ein Fußballspieler mitunter ausgepfiffen werde, das sei nun einmal so. "Damit müssen wir leben."

Er trifft und genießt - auf seine Art

Mesut Özil aber kann von sich behaupten alles richtig gemacht zu haben. Nach seinem Tor, als er auf großen Gesten verzichtete, sondern genoss. Auf seine Weise. Still. Er blieb einfach stehen, ließ die Mitspieler auf sich zukommen, klatschte mit beiden Händen seinen Kapitän Philipp Lahm ab – das war's. Nach dem Spiel, als er, nach 89 Minuten für Marko Marin ausgewechselt, fast heimlich verschwand und nach dem Schlusspfiff nicht mit den Kollegen auf der blauen Tartanbahn feierte.

Und hinterher, als er nicht wie angekündigt zur Pressekonferenz erschien, sondern sich, wie es hieß, an seinem lädierten linken Knöchel behandeln ließ. Es war vorbei, er hatte es überstanden. Mehr als das. Er hatte eine Prüfung bestanden. Jedes Wort wäre eins zu viel gewesen.

Quelle: ntv.de

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