Kaiserslautern zurück im Oberhaus Mit Herzblut in Liga eins
10.05.2010, 14:59 UhrEine Stadt steht Kopf, als der 1. FC Kaiserslautern als Zweitliga-Meister in die Fußball-Bundesliga zurückkehrt. Nach vier Jahren schaffen die Pfälzer den Aufstieg. Der Glanz von früher ist aber nur noch Historie. Neue Bescheidenheit und solide Arbeit sind die Basis des Erfolgs.
"Der FCK gehört in die Bundesliga" - Diesen Satz hörten die Pfälzer oft in letzter Zeit, insbesondere nachdem der direkte Aufstieg in das Fußball-Oberhaus vor zwei Wochen Realität wurde. Doch dieser Satz ist auch eine Bürde, denn zweifellos gehört ein großer Name wie der 1. FC Kaiserslautern auch in die höchste deutsche Spielklasse. Gründungsmitglied, 40 Jahre Mitgliedschaft im Oberhaus und vierfacher deutscher Meister – ausreichend Gründe für die Pfälzer dabei zu sein. Doch was gut gemeint ist, kann auch zur Last werden. Das zeigte die Mannschaft in den letzten drei Saisonspielen, in denen das Team von Trainer Marco Kurz eine Niederlage einfuhr und zwei Unentschieden holte. Der FCK von heute hat nicht mehr viel gemein mit dem Verein von 1998, der nach dem Aufstieg direkt den Meistertitel gewann.
Horst Eckel ist in den vergangenen Jahren nicht mehr oft im Stadion anzutreffen. Im persönlichem Gespräch sagte er, warum: "Das ist mir zu aufregend und oft spielen sie auch nicht gut". Das Bekenntnis des Weltmeisters von 1954 ist bezeichnend für die vergangenen acht Jahre des FCK. Zunächst überzogene Ansprüche, dann ständiger Abstiegskampf und schließlich 2006 der bittere Gang in die zweite Liga. Und selbst dort kam der Verein nie richtig zur Ruhe. Seit 2004 hat der Klub sechs Trainer verschlissen. Marco Kurz ist der erste seit sechs Jahren, der eine ganze Spielzeit überstanden hat.
Alles bereit für das große Fest
Beim großen Aufstiegsfest der Lauterer am Sonntag aber war Eckel aber anwesend. Nicht nur, weil er die Meisterschale der Zweiten Liga überreichte. Die Rückkehr seines Klubs in die Erstklassigkeit wollte auch er nicht verpassen. Viel schiefgehen konnte ja nicht, schließlich stand der Aufstieg ja bereits fest. Fraglich war nur noch Platz eins oder zwei.
Dementsprechend war in Kaiserslautern auch schon vor dem Spiel alles angerichtet für ein großes Fußballfest. Schon vor dem Spiel bat der Stadionsprecher die Fans, nach Abpfiff nicht den Platz zu stürmen. Kapitän Martin Amedick intonierte mit den Fans schon vor Beginn der Partie das obligatorische "Nie mehr 2. Liga" und diese antworteten danach mit dem Klassiker "You’ll never walk alone". Zwei verdiente Spieler wurden mit Moussa Ouattara und dem zum FC Schalke 04 abwandernden Erik Jendrišek verabschiedet. Letzterer versprach, dass sein "Herz immer dem FCK gehören werde".
Übermut und Größenwahn
Gefeiert hat man schon immer gerne in Kaiserslautern, besonders wenn der FCK den Anlass lieferte. Allein dazu gab es den seit der Meisterfeier 1998 kaum noch. Das Husarenstück als Aufsteiger Deutscher Meister zu werden war der bisher letzte Coup, den der Verein mit seinen limitierten Mitteln landete. Die Fehler aufzuzählen, die im Augenblick des Erfolges und danach gemacht wurden, würde Seiten füllen. Übermut und Größenwahn standen am Anfang, interne Querelen, Grüppchenbildung innerhalb der Mannschaft, Dauerstreit in der Vereinsführung, zahlreiche fragwürdige Transfers, Steuerhinterziehung und Misswirtschaft brachten den Verein 2008 kurz vor den Abstieg in die dritte Liga. Nur mit Glück gelang es, die absolute Katastrophe zu verhindern.
Kurz zuvor kam mit Stefan Kuntz ein Vorsitzender, der es endlich schaffte den Verein wieder mit sich selbst zu versöhnen. Ein Mann, der – wie sich jetzt gezeigt hat – dem VfL Bochum, bei dem er als Manager arbeitete, fehlt. Angesichts des Niedergangs schafften es die Verantwortlichen und das Umfeld endlich, ihre persönlichen Animositäten und Eitelkeiten zurückzustellen und wieder an einem Strang zu ziehen. Dabei blieb Kuntz stets bescheiden und ist nicht nur deswegen ein großer Sympathieträger für den Verein. Als die Fans im Fritz-Walter-Stadion gestern seinen Namen skandierten, blieb er im Mittelkreis und winkte der Westkurve zu. Jubel brandete auf. In Kaiserslautern wissen sie, wem sie die Wiedergeburt des Vereins vor allem zu verdanken hat.
Meister mit Hilfe
Auch sonst steht der Aufstieg im Zeichen des Zusammenrückens im Verein. Alt-Meister Hans-Peter Briegel, gefeierter Spieler aber auch schwieriges Mitglied und Kommentator des Klubs, gibt im Stadion-Magazin ein langes versöhnliches Interview mit viel Lob für die geleistete Arbeit. Die Skandale, Prozesse und Negativschlagzeilen gehören der Vergangenheit an. Die Region kann wieder stolz sein auf ihren Verein, das "Herz der Pfalz", wie ein Slogan ihn bezeichnet.
Das Spiel selbst war dann nur noch Kulisse für die größte Feier in Kaiserslautern seit mehr als zehn Jahren. Fast hätte sich die Mannschaft durch den Rückstand gegen die als Drittplatzierte feststehenden Augsburger noch die ganz große Feier vermasselt. Aber dank der gnädigen Mithilfe von Paderborn, die St. Pauli zu Hause mit 2:1 besiegten, und dem späten Ausgleich von Jendrišek als Abschiedsgeschenk gab es nach Abpfiff die herbeigesehnte, ganz große Sause.
Rivale bringt Meisterschale
Lange Dankesbekundungen der Mannschaft und des Trainers Marco Kurz und seines Teams an die Fans, dann das Überreichen der Zweitliga-Meisterschale durch Horst Eckel und, pikanterweise, dem Präsidenten des Regionalrivalen Harald Strutz. Ein schönes Zeichen des Mainzers. Danach feierten Zehntausende in der Innenstadt ihr Team bis in die Nacht hinein. Die Cabrio-Busse mit der Mannschaft brauchten mehrere Stunden, um sich ihren Weg durch die Menschenmenge bis zum Rathaus zu bahnen, wo eine riesige Menschenmenge auf das Team stundenlang wartete.
"Auskosten, einfach nur auskosten", war die Devise der Vorsitzenden Stefan Kuntz und Trainer Marco Kurz wollte an dem Tag "die Stadt abbrennen", freilich nur im übertragenen Sinne. "Mit Herzblut zurück" stand auf riesigen Bannern und den Aufstiegs-Shirts der Anhänger. Doch die Fehler der Vergangenheit sollen nicht wiederholt werden. "Unser Ziel ist es drei Jahre in der Bundesliga zu bleiben" gab Kuntz als Vorgabe für die kommenden Jahre aus. Bescheidenheit als neues Etikett des Traditionsvereins. Und gearbeitet wird auch weiter. Noch am selben Tag konnte der FCK mit der Verpflichtung von Chadli Amri bekannt. Auch der kommt ausgerechnet aus Mainz, aber ablösefrei. Ehrliches Handwerk ohne Vorbehalte also. Vielleicht ein neues Markenzeichen eines Vereins, der endlich wieder in geordnete Bahnen gefunden hat. Wohin die führen, muss die Zukunft zeigen. Die liegt aber auf jedem Fall erst mal in der Fußball-Bundesliga, wo künftig auch wieder große Vereine zu Gast sein werden. Balsam für die geschundene Pfälzer Fußballseele.
Quelle: ntv.de