Neues Hoch in der Eredivisie Oranje-Fußball schmiedet wieder Top-Talente
24.03.2019, 13:59 Uhr
Alexander Isak trifft für Willem II regelmäßig.
(Foto: imago images / VI Images)
Clarence Seedorf, Ronaldo, Zlatan Ibrahimovic: Zahlreiche internationale Fußball-Stars haben ihre Karriere in der niederländischen Eredivisie begonnen. In den vergangenen Jahren stockte das "Nachwuchsprogramm". Doch dieser Trend scheint sich nun zu drehen.
Wenn die deutsche Fußball-Nationalmannschaft gegen die Niederlande spielt (20.45 Uhr im Liveticker bei n-tv.de sowie bei RTL), werden auch drei der heißesten Talente Europas auf dem Platz stehen. Doch mit Kai Havertz wird nur einer von ihnen das Trikot der DFB-Elf tragen. Die anderen laufen im Dress der Elftal auf: Regisseur Frenkie de Jong und Abwehrchef Matthijs de Ligt sind die Gesichter des Oranje-Aufschwungs. Der hat neben der Nationalmannschaft auch die Liga, die Eredivisie, erfasst.

Matthijs de Ligt (l.) und Frenckie de Jong feiern den Sieg bei Real Madrid.
(Foto: www.imago-images.de)
Eine erste Duftmarke setzte Ajax Amsterdam als die Mannschaft angeführt vom 19-jährigen Kapitän de Ligt und dirigiert vom 21 Jahre alten de Jong Titelverteidiger Real Madrid im Estadio Bernabéu entzauberte. Durch den überraschenden Sieg steht erstmals seit zwölf Jahren wieder eine Mannschaft aus den Niederlanden im Viertelfinale der Champions League.
Ronaldo und Ibrahimovic reiften zu Stars
Längst haben diese Spieler Begehrlichkeiten geweckt. So wie einst, als Ajax seine Talente bei Top-Klubs in ganz Europa unterbrachte. Der legendäre Johan Cruyff, Edgar Davids, Clarence Seedorf und die de-Boer-Brüder, sie alle hatten die Jugendabteilung bei Ajax durchlaufen und prägten den Ruf der Eredivisie als Ausbildungsliga. Dieser Ruf sprach sich schnell rum. Weltstars wie der brasilianische Ronaldo (PSV Eindhoven), Zlatan Ibrahimovic oder Luis Suarez (beide Ajax) reiften in den Niederlanden. Der spätere Kopf der Dortmunder Meistermannschaft von 2011, Nuri Sahin, kam gestärkt von seinem Leih-Jahr bei Feyenoord Rotterdam zurück.
Doch zuletzt stockte die Talente-Fabrik ein wenig. Zwar exportierten die großen Drei noch immer Spieler nach England, Italien, Spanien und Deutschland. So wechselte der heutige Liverpooler Georginio Wijnaldum im Sommer 2015 von Eindhoven zu Newcastle United, der Pole Arkadius Milik, der sich zuvor in Leverkusen und Augsburg nicht durchsetzen konnte, ging nach starken Jahren bei Ajax 2016 zum SSC Neapel. Die ganz großen Namen fehlten allerdings, seit Christian Eriksen 2013von Ajax zu Tottenham wechselte.
De Jong schafft den Sprung
Aktuell scheint die Eredivisie wieder aufzuholen. Mit de Jong bringt Ajax im Sommer seinen inzwischen achten Spieler beim FC Barcelona unter. 75 Millionen Euro streichen die Amsterdamer dafür ein. Von Groll ist im Verein kaum eine Spur, eher Stolz darüber, dass sie wieder einen nach ganz oben gebracht haben. Der nächste wird wohl de Ligt sein. Sportdirektor Marc Overmars hat 60 Millionen Euro als Verhandlungsbasis ausgegeben. Der FC Bayern soll Interesse haben, dürfte aber wie schon bei de Jong den Kürzeren ziehen. Schließlich zählen auch der FC Barcelona, Juventus Turin und der FC Liverpool zum Bieterkreis.
Ajax wird sich mit den Abgängen ihrer Top-Spieler abfinden, so wie sie sich immer damit abgefunden haben. Die Eredivisie, Platz zwölf der Uefa-Fünfjahreswertung, ist nicht attraktiv genug, um große Talente langfristig zu halten. Doch als Ausbildungsliga hat sie noch immer einen Namen, der immer wieder vermeintlich gescheiterte Talente anzieht, um dort noch einen Anlauf zu wagen, wo Ibrahimovic, Suarez und Co. zu Stars wurden. Jüngst trumpften Alexander Isak und Martin Ödegaard bei Willem II Tilburg und Vitesse Arnheim auf.
Isak trifft und tankt Selbstvertrauen
Besonders Offensivspieler können sich in der Eredivisie gut entwickeln. Hier wird ein sehr angriffslustiger Fußball gespielt. Es gibt weniger Fouls und Zweikämpfe als beispielsweise in Deutschland. Um die Ausbildungsfunktion, die viele Spieler in der Eredivisie sehen, weiß man in der Liga. "Wir legen hier großen Wert darauf, Spieler zu fördern und sie auf Engagements bei größeren Klubs in Europa vorzubereiten", sagte Harm van Veldhoven einmal der "Welt". Als Sportdirektor des langjährigen Erstligisten Roda Kerkrade hat er mehrfach deutsche Profis in die Niederlande gelockt. Nach einem Abstieg im vergangenen Jahr, soll nun auch dank der Tore des ehemaligen Kölners Mario Engels der direkte Wiederaufstieg gelingen.
Für Isak hat sich die Leihe zu Willem II als absoluter Glücksfall erwiesen. Mit großen Vorschusslorbeeren kam er im Januar 2017 mit 17 Jahren zum BVB. Seither machte er aber nur fünf Bundesligaspiele, spielte bis zu seinem Wechsel im Januar in der Dortmunder Regionalliga-Mannschaft. Bei Willem II ist er plötzlich wichtig, als spielstarker, zentraler Mann im Dreimannsturm von Trainer Andrie Koster. In den vergangenen vier Spielen traf er fünfmal – zuletzt nach schönem Solo zum 3:2-Siegtreffer beim Favoriten Rotterdam. "Tore zu erzielen, gibt mir Selbstvertrauen", sagte der Stürmer danach dem "Kicker". "Ich fühle mich schon viel stärker." Diese Stärke hat ihn nun wieder in den Kreis der Schwedischen Nationalmannschaft befördert und soll ihn auch bald wieder in die Bundesliga bringen. "Der Trainer (Lucien Favre, d. Red.) wollte, dass ich für sechs Monate verliehen werde“, sagte Isak dem schwedischen Sender "SVT Sport". Es sei sein fester Plan, zum BVB zurückzukehren.
Auch das einstige Jahrhunderttalent Ödegaard, das mit 15 in der Nationalmannschaft Norwegens debütierte, präsentiert sich nach zwei Jahren bei Real Madrid, die er vornehmlich bei der zweiten Mannschaft verbrachte, im Trikot von Vitesse Arnheim in bestechender Form. Ajax soll laut spanischen Medien bereit sein, 20 Millionen für den offensiven Mittelfeldspieler zu bezahlen – und der scheint nicht abgeneigt. "Ajax? Wer weiß…", sagte er "Voetbal International". Nachdem er bei Real gescheitert ist, könnte Ödegaard also den Durchbruch über den Umweg Arnheim-Amsterdam schaffen – und die Eredivisie einmal mehr als Talentschmiede bestätigen.
Quelle: ntv.de