Fußball

Werders Abstieg Pleiten, Pech und Per

Ein Punkt trennt den SV Werder Bremen von einem Abstiegsplatz in der Fußball-Bundesliga. Der ehemalige Champions-League-Teilnehmer taumelt, wenn nicht dem Abgrund, so doch der Zweitklassigkeit entgegen. Vorneweg: Nationalspieler Per Mertesacker.

Verunsicherter Kämpfer: Per Mertesacker.

Verunsicherter Kämpfer: Per Mertesacker.

(Foto: REUTERS)

Wer das Spiel des SV Werder bei der Niederlage in Hamburg gesehen hat, der ist schnell verleitet, die Krise der Bremer in der Fußball-Bundesliga auf einen Nenner zu bringen: Per Mertesacker. Vier Gegentreffer musste er als Chef einer Abwehr hinnehmen, die ihren Namen kaum verdiente. Und bei drei Toren des HSV stand der 74-malige Nationalspieler hilfreich zur Seite, auch wenn er das bestimmt nicht freiwillig getan hat. Nach Herzenslust konnten Mladen Petric (42. Minute), Paolo Guerrero (64./79.) und Änis Ben-Hatira (87.) durch die Abwehr laufen - Werder war für den nach dem verlorenen Stadtduell gegen St. Pauli (0:1) gefrusteten HSV ein willkommener Aufbaugegner. "Das war wirklich ein rabenschwarzer Tag für uns, der nicht so leicht zu verkraften ist", sagte Per Mertesacker hinterher.

Das klingt ebenso niederschmetternd wie die Bilanz der Bremer: Nur noch einen Punkt stehen sie in der Tabelle vor Platz 16, der nach dem Ende der Saison zu zwei Relegationsspielen gegen den Dritten der zweiten Liga zwingt. Von den jüngsten 14 Begegnungen gewannen sie nur zwei, in den vergangenen fünf Partien gab es sogar nur zwei Punkte, dafür aber zwölf Gegentreffer. Nur, wie das im Mannschaftssport Fußball fast immer so ist: Per Mertesacker ist nicht der alleinige Sündenbock. Nicht nur, dass er in der Vorwoche seiner Mannschaft mit einem Kopfballtor beim 1:1 gegen Hannover 96 zumindest einen Punkt rettete. Auch in Hamburg war er keineswegs der schlechteste Mann auf dem Platz. Auch wenn sein Kapitän Torsten Frings motzte: "Wenn Spieler immer wieder diese Fehler machen, dann darf man mal die Frage stellen, ob sie es überhaupt noch können."

Letztes Glied in einer langen Fehlerkette

Doch zumindest die Statistik zeigt etwas anderes. Die besagt nämlich, dass der 26 Jahre alte Innenverteidiger eine durchaus ordentliche Partie lieferte. Per Mertesacker gewann zwei Drittel seiner Zweikämpfe und war damit nach seinem Mannschaftskollegen Mikael Silvestre (76 Prozent) bester Abwehrspieler dieser Begegnung. Auch in Sachen Passquote fiel der Bremer (86 Prozent) im Vergleich mit den Innenverteidigern des Hamburger SV, Gojko Kacar (86 Prozent) und Joris Mathijsen (76 Prozent), keineswegs ab. Auch abseits der Statistik fiel auf, dass Per Mertesacker meist nur das letzte Glied in einer langen Kette von Fehlern war.

Andererseits: Die entscheidenden Fehler hat er nun einmal gemacht. Und eine Statistik sagt wenig darüber aus, wie wichtig fürs Spiel der jeweils gewonnene Zweikampf war. Und wenn der Fehler eines Spielers zum Gegentor führt, wiegt das schwer. Vor dem 0:1 spielte er den Ball zum Kollegen Mikael Silvestre, anstatt ihn – den Ball - einfach wegzuschlagen. Vor dem 0:2 ließ Per Mertesacker sich auf einen Zweikampf mit Hamburgs Mladen Petric ein und verlor den Ball. Vor dem 0:3 eroberte er erst den Ball – und war ihn kurz danach wieder los. Und vor dem 0:4 passierte ein Steilpass von Zé Roberto die Schnittstelle im Abwehrzentrum. Fazit: Er ist eher Mitläufer als Anführer. Und das ist für das Team von Trainer Thomas Schaaf im Abstiegskampf fatal.

Wer macht noch Hoffnung, wenn nicht Per?

Denn eigentlich gehört Per Mertesacker in einem mit eitlen Stars wie Torsten Frings, dem noch gesperrten Torwart Tim Wiese und dem dauerhaft formschwachen Tim Borowski gespickten Team zum kleinen Kreis der Bodenständigen. Doch glänzt er derzeit nur außerhalb des Platzes. In einem viel beachteten Interview mit der "Bild am Sonntag" hatte er zuletzt die Söldnermentalität im Fußball kritisiert und auch Werders Krise treffend analysiert. "Wir denken noch immer, dass wir die Situation mit unserer spielerischen Leichtigkeit lösen können. Aber das geht nicht. Dieser gedankliche Schritt ist noch nicht bei allen vollzogen."

Doch in Hamburg gab er eher den verunsicherten Kämpfer als das kämpfende Vorbild. So ist er zwar nicht der alleinige Sündenbock für den Bremer Niedergang. Aber er steht sinnbildlich für die Krise. Und so mancher Fan des SV Werder wird sich fragen: Wer macht noch Hoffnung, wenn nicht Per Mertesacker?

Quelle: ntv.de

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