"Können uns keine Fehlgriffe erlauben" Rangnick sind Hände gebunden
11.07.2011, 13:56 Uhr
Hat kurz vor Saisonstart noch einigen Grund zum Haareraufen: Schalkes Trainer Ralf Rangnick.
(Foto: dpa)
Der Transfer von Nationaltorwart Manuel Neuer zu den Bayern spült über 20 Millionen Euro in die leergefegten Schalker Kassen. Doch das Geld kann ob des Schuldenbergs nicht komplett für neue Spieler ausgegeben werden. Coach Ralf Rangnick reagiert angesäuert, er muss nun improvisieren - und ein bisschen pokern.
Dass ein TV-Sender aus Versehen das Logo von Borussia Dortmund einblendete, nahm Ralf Rangnick mit Humor. Bei einer Kabinenpredigt der besonderen Art verstand der Trainer von Schalke 04 dann aber keinen Spaß mehr. Denn Schalke, das teilte der Vorstand dem sportlich Hauptverantwortlichen im Rahmen des Abschieds von Marcelo Bordon in der Umkleide mit, führt die Schuldenbremse ein.
Rangnick reagierte sauertöpfisch. "Vor einigen Wochen bin ich davon ausgegangen, dass wir die 25 Millionen Euro Ablöse für Manuel Neuer wieder investieren können. Das wäre auch normal. Doch die finanzielle Situation ist ernster, als ich gedacht habe", sagte er. Transfers der "gehobenen Kategorie" sind tabu, höchstens in der Klasse von acht bis zehn Millionen ist etwas drin. Mehr als 200 Millionen Euro Verbindlichkeiten lassen keine großen Sprünge zu.
Rangnick jedoch würde gerne zwei Top-Transfers tätigen. Im Gespräch sind Papiss Cisse vom SC Freiburg (Marktwert etwa 12 Millionen) und Nolan Roux von Stade Brest, für den acht Millionen aufgerufen werden. Den Doppelpack kann sich der Trainer jedenfalls abschminken, er kann nur eine Lücke stopfen - oder muss die günstigere Alternative aufspüren.
Schuldenabbau hat Priorität
Für Spottpreise wird er jedenfalls keine Verstärkungen finden, denn im Ausland haben Manager schon bei Erwähnung des Vereinsnamens Dollarzeichen in den Augen. Zu viel Geld investierte Schalke im vergangenen Jahrzehnt - für zu wenig Qualität. Damit soll jetzt Schluss sein. Es wird nicht mehr geprasst, aus bitterer Erfahrung.
"Wir beschäftigen uns sehr mit der Vergangenheit, weil einige Transfers noch nicht komplett bezahlt sind", sagt Schalkes Finanzvorstand Peter Peters. Der Aufsichtsratsvorsitzende Clemens Tönnies, selbst ein erfolgreicher Unternehmer, sagt der Bild-Zeitung: "Wir haben diskutiert, wo der Schuh drückt, und wollen das eine oder andere noch tun." Und: "Wie angekündigt, treiben wir aber auch die Konsolidierung des Klubs voran. Wir spielen jetzt nicht verrückt."
Nach dem Desaster mit Felix Magath, der mit vollen Händen Geld ausgeben durfte, ist ein rigider Sparkurs angesagt. Die Millionen für Neuer, der zum Nulltarif durch Ralf Fährmann ersetzt wurde, kommen gerade recht. Schalke hat Tafelsilber verkauft. Der Erlös ist beim Schuldenabbau Gold wert.
Rangnick stichelt gegen Klubführung
Rangnick gab sich keine Mühe, seinen Ärger zu verbergen. Zum Thema Neuer sagte er: "Sie wissen so gut wie ich, dass es keine 18 Millionen Ablöse waren, sondern 20, 22 oder vielleicht 25." Schließlich hat die grandiose Leistung des Nationaltorhüters im Champions-League-Halbfinalhinspiel gegen Machester United seinen Wert noch einmal erheblich gesteigert.
Eine weitere Spitze gegen die Klubführung schoss Rangnick ab, als er auf Nolan Roux angesprochen wurde. Im Moment sei man nicht bereit, acht Millionen zu bezahlen - "ob wir später mal bereit sind, weiß ich nicht." Manager Horst Heldt reagierte kühl. Ein Trainer müsse das Maximum an Qualität wollen, daher sei Rangnicks Vorstoß "definitiv gut". Nur, und das verschwieg er, eben nicht erfolgreich.
Quelle: ntv.de, sid