"CDU-Politiker als Präsident" Rettig kritisiert Grindel und den DFB
13.08.2018, 19:34 Uhr
Wirkt doch ganz harmonisch: Reinhard Grindel und Andreas Rettig - im Juni 2016.
(Foto: imago/Norbert Schmidt)
Andreas Rettig vom FC St. Pauli fordert in der Strukturdiskussion um den Deutschen Fußball-Bund eine neue Moralinstanz, die glaubwürdig Werte verkörpere Und er hinterfragt die Rolle des DFB-Präsidenten Reinhard Grindel. Die sei zumindest fragwürdig.
Geschäftsführer Andreas Rettig vom Zweitligisten FC St. Pauli hat im Magazin "Kicker" ein Elf-Thesen-Papier über die für ihn wichtigen Grundsätze im deutschen Fußball veröffentlicht. Darin hinterfragt er auch die Rolle des DFB-Präsidenten Reinhard Grindel. Rettig schreibt: "Ein CDU-Politiker als DFB-Präsident, dessen Verband die parteinahe Konrad-Adenauer-Stiftung für ein Briefing der Nationalspieler auf die WM 2018 beauftragt: Wäre die Friedrich-Ebert-Stiftung bei einer SPD-Führung zum Zuge gekommen?"
Der DFB betonte, Rettigs Behauptungen seien falsch. Der Verband habe die Stiftung weder beauftragt noch bezahlt. Die Unterlagen für Nationalspieler und Betreuer zur Situation in Russland habe eine "mit internen und externen Experten besetzten DFB-Projektgruppe bereits für den Fifa Confederations Cup 2017 erstellt". Eine Mitarbeiterin der Konrad-Adenauer-Stiftung in Moskau habe "die Inhalte freiwillig und auf ehrenamtlicher Basis fachlich überprüft. 2018 sind diese mit Unterstützung eines Russland-Experten von Amnesty International aktualisiert und ergänzt worden". Grindel sei weder daran beteiligt gewesen, noch habe er dazu persönlich Aufträge erteilt. "Vielmehr hat er nachdrücklich Wert darauf gelegt, dass der DFB in dieser Angelegenheit mit allen wichtigen politischen Stiftungen in Russland und NGOs zusammenarbeitet", hieß es in dem DFB-Statement weiter.
"Emotionale Entfremdung"
In der Diskussion darüber, wie sich der DFB neu aufstellen sollte, plädierte Rettig für "neutrale Instanzen und eine Struktur mit professioneller Führung". Diese müssten "glaubwürdig Werte abseits eigener oder parteipolitischer Interessen verkörpern". In der Deutschen Fußball Liga, für die Rettig von 2013 bis 2015 als Geschäftsführer arbeitete, sieht er "keine Sportkompetenz mehr auf Geschäftsführerebene". Es fehle "ein klares Bekenntnis zum Kerngeschäft", monierte Rettig. "Dass keiner der DFL-Vertreter im DFB-Präsidium sportliche Verantwortung in einem Lizenzverein trägt, ist bezeichnend."
Rettig hat zudem im Profifußball eine "emotionale Entfremdung" ausgemacht. "Es ist ein Fehler, den Blick nur auf den Auslastungsgrad im Stadion zu legen, der zudem durch die No-Show-Raten (verkaufte, aber nicht genutzte Tickets) ein verzerrtes Bild abgibt. Wo heute - auch beim FC St. Pauli - Sponsorenteppiche auf dem Spielfeld liegen, gab es früher Vorspiele von Jugendteams. Das war oft der Beginn einer emotionalen Nähe zum Klub. Mehr Demut in der öffentlichen Darstellung auch bei Social-Media-Auftritten von Spielern würde zu einer engeren emotionalen Bindung beitragen."
Quelle: ntv.de, sgi/dpa/sid