"Alarmstufe Rot" in Frankreich Ribéry wird zum WM-Sündenbock
17.11.2013, 13:34 Uhr
Am: Franck Ribery und Frankreich droht das Aus in der WM-Qualifikation.
(Foto: imago sportfotodienst)
Die WM-Endrunde 2014 in Brasilien findet möglicherweise ohne Europas Fußballer des Jahres Franck Ribéry statt. Der Bayern-Star steht mit Frankreich nach dem 0:2 in Ukraine im Rückspiel am Dienstag ernorm unter Druck. Denn Frankreich braucht nicht weniger als ein Wunder.
An Superstar Franck Ribéry scheiden sich in Frankreich weiter die Geister: Während der 30 Jahre alte französische Supertechniker bei Bayern München der ungekrönte Fußball-König ist, geben ihm in einer Internet-Blitzumfrage der Fachzeitschrift "France Football" 48 Prozent der Abstimmenden die Hauptschuld an dem 0:2 (0:0) am Freitag in Kiew gegen die Ukraine im Play-off-Hinspiel.

Gegen die massive ukrainische Abwehr kam Ribery selten durch und nur einmal zum Abschluss.
(Foto: REUTERS)
"Franck-reich" wird zum Sündenbock gestempelt. Die Kritiker meinen, Ribéry habe sich zu sehr unter Druck gesetzt und mehr an den Gewinn des persönlichen Titels Weltfußballer des Jahres gedacht als an die Qualifikation seines Heimatlandes. "Alarmstufe Rot", titelte "L'Equipe". Das Umfrage-Ergebnis stellt aber keine wirkliche Überraschung dar, denn Europas Fußballer des Jahres wird nach den Vorkommnissen bei der WM 2010 in Südafrika in der französischen Öffentlichkeit immer noch sehr kritisch beurteilt.
Die Grande Nation muss nun befürchten, erstmals seit 20 Jahren die WM-Teilnahme zu verpassen. Damals war bekanntlich der Bulgare Emil Kostadinow (Bayern München) der große Spielverderber für die Equipe Tricolore gewesen. Er hatte am 17. November 1993 zwei Sekunden vor dem Ende der regulären Spielzeit das 2:1 erzielt: "Ich habe oft mit Jean-Pierre Papin, mit dem ich 1995/96 bei den Bayern das Zimmer im Trainingslager geteilt habe, über dieses Tor geredet. So ein Treffer gelingt dir bei einer Millionen Versuchen einmal, zumal der Ball neun Sekunden vorher noch im Besitz der Franzosen in unserem Strafraum war."
Am Freitag wurde Ribéry von den Ukrainern weitgehend beherrscht und aus dem Spiel genommen - das Bayern-Ass konnte nicht wie gewohnt brillieren, gab erst in der Schlussphase seinen einzigen Torschuss ab und verschwand hinterher kommentarlos im Mannschaftsbus.
Ribéry soll ein Wunder vollbringen
Trainer Didier Deschamps nahm seine Lichtgestalt gleich nach dem Spiel indes in Schutz: "Es gab wenige Eins-zu-Eins-Situationen, Ribéry wurde fast immer gedoppelt. Natürlich wusste die Ukraine um seine Gefährlichkeit. Sie haben sehr aggressiv gegen ihn gespielt, viele Fouls begangen und die Räume eng gemacht."
Die Medien hingegen fordern von ihm, am Dienstag über sich hinauszuwachsen, mehr in die Mitte zu wechseln statt links zu kleben, häufiger zu schießen und seine Mitspieler in seinem Windschatten zu einer besseren Leistung zu zwingen. Kurzum, Ribéry soll ein Wunder vollbringen, denn noch nie hat eine europäische Mannschaft in einem K.o.-Spiel zur WM-Qualifikation ein 0:2 gedreht.
Neben Ribéry gerät auch Chefcoach Didier Deschamps wegen seiner Aufstellung (Samir Nasri als Spielmacher) in die Kritik. Sein wenig optimistisches Fazit ("Wir müssen dran glauben. Und alle Kräfte bündeln") wirft die Frage auf, ob der Trainer nicht im Grunde schon resigniert hat, statt zu einer Trotzreaktion zu blasen. Ex-Bayern-Profi Bixente Lizarazu formulierte in einem Beitrag für "L'Equipe": "Frankreich muss kämpferischer auftreten. Das ist die Grundvoraussetzung für eine Überraschung. Aber können sie aggressiv sein und gleichzeitig kaltblütig bleiben?" Der Dienstag wird es zeigen. Bislang ist das Match im Stade de France von St. Denis noch nicht ausverkauft.
Quelle: ntv.de, Rainer Kalb, sid