Rummenigges Honig für den Superstar Robben soll egoistischer werden
15.02.2012, 15:18 Uhr
Große Gesten, zweite Wahl: Arjen Robben.
(Foto: dpa)
Spielt der FC Bayern ohne den Weltklassefußballer Arjen Robben besser? Zumindest gewinnt der Bundesligist seine Spiele auch ohne den vermeintlichen Egoisten. Der scheint ein wenig beleidigt und schmollt wortlos, so dass seine Chefs die ganz großen Honigtöpfe aus der Kammer holen. Allen voran Karl-Heinz Rummenigge.
Arjen Robben ist zurzeit nicht verletzt. Allein das ist in der Parallelwelt des Fußballs schon eine Meldung wert. Dass Arjen Robben aber fit ist und beim Bundesligisten FC Bayern trotzdem nicht in der Startelf steht, ist neu. Wenn dann die Mannschaft auch noch gewinnt und die Stimmen sich mehren, die sagen, ohne ihn liefe es besser, ist er vorbei mit der Ruhe. Und der FC Bayern wäre nicht der FC Bayern, wenn sie nicht alle darüber reden würden. Auch wenn es sich um eine Scheindiskussion handelt. Was ist schon passiert?
Arjen Robben kommt nach seiner jüngsten Verletzung nicht so richtig in Tritt, der Kader ist aber gerade in der Offensive gut genug besetzt, also spielt bisweilen ein anderer. Das mag Arjen Robben nicht gefallen, zuletzt machte er einen arg angefressenen Eindruck und hatte keine Lust auf Interviews, aber wirklich strittig ist die Sache nicht. Was Franz Beckenbauer nicht davon abhält, die Sache anzuheizen. Arjen Robben, hatte der ungekrönte Kaiser und Ehrenpräsident im Bezahlfernsehen geplaudert, sei zu egoistisch. "Allein die Reaktion, wenn er mal eine gute Szene hat oder ein Tor schießt: Er rennt nicht zu dem, der ihm die Vorlage gegeben hat, wie das höflichkeitshalber normalerweise der Fall sein sollte, sondern zu seinen Familienmitgliedern auf die Tribüne und grüßt die und so weiter." Arjen Robben sei ein Weltklassespieler, der nicht wahrhaben wolle, "dass er noch nicht die Klasse hat wie vergangene Saison, als er wichtige und entscheidende Tore geschossen hat, als er Spiele fast im Alleingang gewonnen hat".
Luxuscharakter dieses Problems
Dabei sollten sie sich beim FC Bayern doch eigentlich freuen, dass sie so viele sehr gute Spieler haben. Und das tun sie auch. Trainer Jupp Heynckes kann es sich leisten, einen, der im Moment nicht so ganz sehr gut ist, auf die Bank zu setzen. Der niederländische Nationalspieler durfte beim Pokalspiel in Stuttgart überhaupt nicht mitmachen, in der jüngsten Bundesligapartie gegen den 1. FC Kaiserslautern wurde er beim souveränen 2:0-Sieg erst nach einer knappen Stunde eingewechselt, als das Spiel längst entschieden war.
Statt seiner erhielt Thomas Müller im rechten offensiven Mittelfeld den Vorzug. Der ist auch kein Schlechter, deutscher Nationalspieler immerhin, viele sagen, einer der besten in der Mannschaft von Bundestrainer Joachim Löw. Müller statt Robben - eine Personalie, die den Luxuscharakter dieses vermeintlichen Problems zeigt. Und ein Indiz dafür ist, dass der FC Bayern seinem Ziel, eine europäische Spitzenmannschaft zu formen, ein Stück näher gekommen ist. Und Spitzenmannschaften zeichnen sich nun einmal unter anderem dadurch aus, dass sie es sich leisten können, einen herausragenden Spieler aus dem Team zu nehmen, wenn ein anderer besser ist.
"Robben zuletzt fast zu mannschaftsdienlich"
Thomas Müller jedenfalls sieht die Sache mit dem Egoismus bei Weitem nicht so eng wie sein Ehrenpräsident. "Zu Arjen Robbens Spiel gehört, dass er im Dribbling sehr stark ist - und Dribbling ist meistens alleine. Ich habe noch nie ein Dribbling mit Doppelpässen gesehen." Und Münchens Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge setzt noch einen drauf: "Als ich die Egoismus-Diskussion um Robben gesehen habe, dachte ich mir: Hoffentlich spielt er bald wieder so egoistisch wie früher. Für meinen Geschmack hat mir Robben zuletzt fast zu mannschaftsdienlich gespielt."
Er sagt das auch, weil sie in München gerne möchten, dass Arjen Robben, der einen Vertrag bis zum 30. Juni 2013 hat, auch darüber hinaus für den FC Bayern spielt. Und so holen sie den Honig aus der Speisekammer und schmieren ihn ihrem Superstar ums Maul. Es sei keineswegs so, "dass Arjen jetzt immer der zwölfte Mann ist". Das werde sich auch wieder ändern, und "andere werden zuschauen", betonte Jupp Heynckes, der eigentlich angekündigt hatte, sich an der Diskussion nicht beteiligen zu wollen. Chefdiplomat und Kapitän Philipp Lahm gab zu Protokoll, das Ganze sei kein Thema für die Mannschaft, sondern nur für die Öffentlichkeit. Nun ja.
Karl-Heinz Rummenigge jedenfalls hat nun in einem Interview mit der "Sport Bild" extra noch einmal betont: "Wir sind alle total von Arjen überzeugt, auch wenn er mal auf der Bank sitzt. Um unsere Ziele zu erreichen, brauchen wir ihn." Sportdirektor Christian Nerlinger habe deshalb "bereits mit seinem Vater, der Arjen berät, ein Gespräch geführt. Unser Signal war klar: Wir sind bereit, den Vertrag zu verlängern". Auch Karl-Heinz Rummenigge scheint zu wissen, dass es zwar bisweilen ohne Arjen Robben geht, es im Zweifelsfall aber allemal besser ist, möglichst viele gute Spieler zu haben. Da kann der Kaiser plaudern, wie er will.
Quelle: ntv.de