Keine Romantik auf dem Viehmarkt SC Freiburg wirbelt ins Dilemma
18.04.2013, 13:35 Uhr
Nicht traurig sein: Trainer Christian Streich tröstet nach der Niederlage in Stuttgart seinen Spieler Matthias Ginter.
(Foto: dpa)
Der SC Freiburg verliert zwar das Halbfinale des DFB-Pokals, ist aber weiter auf gutem Weg, demnächst auf der großen europäischen Bühne mitspielen zu dürfen. Das Problem ist nur, dass die besten Spieler im Sommer den Verein verlassen. Für Fußballromantiker ist das eine tragische Sache. Aber so läuft das Geschäft.
Es ist jetzt nicht alles vorbei mit den Fußballern des SC Freiburg, nur weil sie ihr Halbfinale im DFB-Pokal beim VfB Stuttgart mit 1:2 verloren haben. Klar wäre das mit dem Endspiel in Berlin eine feine Sache gewesen, der größte Erfolg in der Geschichte des Vereins, zumal dem Sparringspartner des FC Bayern ein Platz in der Europaliga sicher ist. Aber Trainer Christan Streich will von Trauer nichts wissen. "Ich weiß nicht, warum ich enttäuscht sein sollte. Wir sind jetzt in Bereichen, wo wir eigentlich gar nicht hingehören. Viele von den Jungs haben vor 14 Monaten noch in der A-Jugend gespielt."
Damit liegt er zweifelsohne richtig, zumal seine Mannschaft - im Gegensatz zu den siegreichen Stuttgartern - noch die durchaus realistische Chance hat, sich über die Bundesliga für einen europäischen Cupwettbewerb zu qualifizieren, sogar die Champions League ist noch drin. Fünf Partien vor dem Ende der Saison stehen die Freiburger auf Platz fünf der Tabelle. Den nächsten Schritt können die Freiburger am kommenden Sonntag in Stuttgart machen, dann geht es schon wieder gegen den VfB. Kapitän Julian Schuster jedenfalls kündigte an: "Jetzt wollen wir in der Liga das durchziehen, was wir angefangen haben."

Er geht: Freiburgs Max Kruse wechselt zu Borussia Mönchengladbach. Dort wissen sie nur zu gut, wie das geschäft läuft.
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Das Problem ist nur, dass die Freiburger Erfolgsgeschichte, zu mindest über die Saison hinaus, nicht auf dem Platz entschieden wird. Sondern auf dem Transfermarkt. Schon vor Monatsfrist hatte sich Christan Streich darüber beklagt. "Unsere Spieler werden angeboten wie auf dem Viehmarkt. Ihre Ausstiegsklauseln kann man in den Zeitungen lesen - das ist furchtbar." Die Geschichte ist ja nicht neu und deswegen auch wenig überraschend. Es klingt wie eine Floskel, aber so läuft das Geschäft des Profifußballs nun mal. Und deswegen ist es für Fußballromantiker immer wieder eine sehr traurige Geschichte.
Die größeren Vereine mit mehr Geld kaufen den kleineren Vereinen mit weniger Geld die besten Spieler weg. Und die allerbesten gehen dann zum FC Bayern, oder neuerdings zu Borussia Dortmund. In Mönchengladbach zum Beispiel wissen sie das nur zu gut. In der Saison 2010/2011 wäre die Borussia beinahe abgestiegen, rettete sich unter Trainer Lucien Favre nach sehr guter Rückrunde erst in zwei Relegationsspielen gegen den VfL Bochum. In der vergangenen Spielzeit belegten die Mönchengladbacher sensationell Rang vier.
Rosenthal, Kruse - und wer noch alles?
Was prima war, Europapokal und so, aber auch zur Folge hatte, dass mit Marco Reus, Roman Neustädter und Dante drei der besten Spieler im Sommer gingen. Reus steht nun mit dem BVB im Halbfinale der Champions League, Dante mit dem FC Bayern. Und Neustädter hat es beim FC Schalke 04 immerhin zum Kurzzeit-Nationalspieler gebracht. Und die Borussia? Kämpft in der Bundesliga um den Anschluss an die Europaligaplätze. Damit es in der kommenden Saison besser läuft, kaufen sie ein. Zum Beispiel Max Kruse vom SC Freiburg. Der Angreifer hat dort einen Vertrag unterschrieben, weil Mönchengladbach größer ist als Freiburg. Dirk Dufner, als Sportdirektor des Sportclubs fürs Geschäft zuständig, kommentierte das in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" so: "Wir sollten unsere Energie auf Dinge verwenden, die wir beeinflussen können, und nicht auf die, die nicht zu ändern sind." Schließlich sei es nicht das erste Mal, "dass wichtige Spieler uns verlassen, und es wäre nicht das erste Mal, dass wir es schaffen, sie adäquat zu ersetzen". Zumal manch talentierter Profi sich auch nur dann an Freiburg bindet, wenn sein Vertrag eine Klausel enthält, die es ihm erlaubt, für eine bestimmte Summe den Klub wieder zu verlassen
So wird auch Jan Rosenthal gehen, er wechselt zu Eintracht Frankfurt. Deren Trainer Armin Veh soll auch Johannes Flum haben wollen. Und Mittelfeldakteur Daniel Caligiuri wird dem Vernehmen nach ebenfalls im Juli seine Sachen packen, der VfL Wolfsburg soll interessiert sein, Leverkusen auch. Im Fall der Fälle wird der Spieler, ob am Mittellandkanal oder unterm Bayer-Kreuz, jedenfalls wesentlich mehr Geld verdienen. Nur so nebenbei: Rosenthal, Kruse und Caligiuri sind für 19 der 39 Freiburger Saisontore in der Liga verantwortlich. Allesamt Offensivspieler, "jene Mischform aus Stürmer und Mittelfeldspieler, die mit ihrer Finesse und Flexibilität für den mitreißenden Offensivstil eines ganzen Vereins steht", wie die "FAZ" schrieb.
Aber so ist das Geschäft. Von dem auch, das ist die andere Seite der Medaille, Klubs wie der SC Freiburg profitieren, die auch gerne Ausbildungsvereine genannt werden. Der Verkauf des Stürmers Papiss Demba Cissé an Newcastle United brachte den Freiburgern zehn Millionen Euro ein. Die sie wiederum ausgeben konnten, um den Nachwuchs zu fördern. Der dann wiederum im besten Fall das Freiburger Märchen weiterschreibt. Es ist nichts alles vorbei. Aber eng wird es schon. Auch wenn die Finanzen stimmen, der sportliche Aderlass wird enorm sein. Das bisher letzte Mal, dass die Freiburger im Europapokal mitspielen durften, war 2001. Am Ende der Saison stiegen sie in die zweite Liga ab.
Quelle: ntv.de