Nach zweitem Sieg in 20 Jahren San Marino darf jetzt von den WM-Playoffs träumen
06.09.2024, 15:17 Uhr
Das Unvorstellbare ist eingetreten: San Marino hat ein Fußballspiel gewonnen. Geht jetzt noch mehr?
(Foto: picture alliance / Sportphoto24/Photo Goal Pix)
Der erste Sieg nach 20 Jahren, der zweite Sieg in insgesamt 206 Spielen: Die Fußball-Nationalmannschaft von San Marino besiegt Liechtenstein und hat jetzt eine gar nicht mehr so kleine Chance, bei den Playoffs zur Weltmeisterschaft dabei zu sein.
Der 5. September 2024 ist historisch für San Marino. Der Mini-Staat, umgeben von Italien, 20 Kilometer entfernt von Rimini, hat Fußballgeschichte geschrieben. Nach 20 Jahren ohne Sieg gewinnt die Nationalmannschaft des 33.000-Einwohner-Landes gegen Liechtenstein mit 1:0. Seit dem 28. April 2004 war San Marino sieglos gewesen. Damals hatte Andy Selva, der mit acht (!) Treffern beste Torschütze der san-marinesischen Länderspiel-Geschichte, das goldene Tor erzielt. Mehr als 20 Jahre später ist Nicko Sensoli der Held des Landes. Er spielt in der vierten italienischen Liga. Beim ersten Sieg San Marinos war Sensoli noch gar nicht geboren.
Jetzt der historische Erfolg, der erste in einem Pflichtspiel. Die Nations League macht das Kunststück möglich. Die schlechtesten sechs Nationen Europas spielen in Liga D des Wettbewerbs, aufgeteilt in zwei Gruppen. In Gruppe B tummeln sich die Republik Moldau, Malta und Andorra. In Gruppe A sind die Zwerge San Marino, Liechtenstein und Gibraltar unter sich. In Hin- und Rückspiel geht es um den Staffelsieg und den damit verbundenen Aufstieg in Liga C der Nations League. Der 1:0-Erfolg San Marinos gegen das Fürstentum sorgt jetzt für eine skurrile Ausgangslage.
Der Letzte der FIFA-Weltrangliste (211) hat plötzlich sogar eine kleine Chance auf die Teilnahme an den Playoffs zur Weltmeisterschaft. Wie ist das möglich? In der kleinen Dreier-Gruppe könnte ein weiterer Sieg reichen, um den ersten Platz zu sichern. Am 10. Oktober trifft San Marino auswärts auf Gibraltar, am 15. November kommt es in Serravalle zum Rückspiel gegen die Fußballer vom Affenfelsen. Die Entscheidung dürfte am 18. November in Vaduz fallen, wenn Liechtenstein auf Revanche sinnt. Es ist alles angerichtet für eine hochbrisante Partie im Rheinpark-Stadion.
Dann geht es nächstes Jahr von März 2025 bis November 2025 mit der WM-Qualifikation weiter. Hier sind San Marino und die anderen Zwerge komplett chancenlos. Die höchste Niederlage San Marinos war ein 0:13 in der EM-Quali gegen Deutschland. Heute auf den Tag genau vor 18 Jahren. Voriges Jahr verlor Gibraltar mit 0:14 in Frankreich.
Nations-League-Gruppensieg könnte reichen
Aber nach Abschluss der WM-Qualifikationen in Europa (12 Mannschaften qualifizieren sich direkt), bekommen 16 Mannschaften die Chance über den Playoff-Umweg. Neben den zwölf Gruppenzweiten der WM-Quali schaffen die vier besten Gruppensieger der Nations League, die in ihrer WM-Quali-Gruppe keinen der ersten beiden Plätze belegen, den Sprung in die Extra-Ausscheidung.
Zum Zug kommen zunächst die Nations-League-Gruppensieger aus den Ligen A, B und C. Erst danach wäre Liga D an der Reihe. Sind die vier Plätze aber noch nicht verteilt, weil sich genügend Nations-League-Gruppensieger über den regulären Quali-Weg direkt zur Endrunde oder in die Playoffs spielen (was realistisch ist), hätten auch die kleinsten der Kleinen eine Chance. Über diesen Weg würde auch ein Fußballzwerg den Weg in die WM-Playoffs schaffen.
Den Sprung nach Nordamerika zur WM werden aber weder San Marino noch Gibraltar oder Liechtenstein schaffen. Die 16 Playoff-Teilnehmer werden in vier Turniere mit je vier Mannschaften gelost. Die Sieger qualifizieren sich für die WM. Die San-Marinesen müsste demnach zwei Sensationserfolge gegen nominell deutlich stärkere Mannschaften einfahren, was völlig abwegig ist. Die Teilnahme an den WM-Playoffs in Erwägung zu ziehen, mag auch abwegig klingen, dank des verschlungenen Qualifikationssystems und dank des Sieges gegen Liechtenstein besteht aber eine halbwegs realistische Möglichkeit.
Quelle: ntv.de