Fußball

Keine "allerletzte Chance" Schiedsrichter-Schläger muss ins Gefängnis

Schiedsrichter Geoffrey May nach dem Angriff.

Schiedsrichter Geoffrey May nach dem Angriff.

(Foto: privat)

Ein Amateurkicker streckt bei einem Kreisklassenspiel den Schiedsrichter mit einem Faustschlag nieder und verletzt ihn schwer. Sein Anwalt führt Kindheitstraumata ins Feld, doch das Gericht schickt den Spieler ins Gefängnis. Dabei bleibt es auch in der Berufung.

Im August 2022 kommt es beim Spiel der SG Bettmar/Dinklar gegen den FC Concordia Hildesheim II zu einer üblen Prügel-Attacke: Nach einem Platzverweis rastet ein Hildesheimer Spieler aus und streckt den Schiedsrichter Geoffrey May mit einem Faustschlag ins Gesicht nieder. May zieht sich eine schwere Augenverletzung und einen Bruch der Nasenwand zu, liegt lange im Krankenhaus.

Der Schläger muss nun ins Gefängnis, in der Berufungsverhandlung wird der Mann zu einer Freiheitsstrafe in Höhe von einem Jahr und acht Monaten verurteilt - ohne Bewährung. Eine "allerletzte Chance", wie der Angeklagte sie sich erhofft hatte, verwehrt das Gericht dem vielfach vorbestraften Mann. Immerhin zwei Monate der Strafe aus dem ersten Verfahren wurden dem Amateurkicker abgezogen.

Der 33-Jährige hatte bereits unter Bewährung gestanden, als er "aggressiv, bedrohlich und aufgeregt auf den Unparteiischen zukam", erklärte der Vorsitzende Richter Malte Worlitz in der Urteilsbegründung. Dann schlug er zu. "Es gab kleinere Fouls, kleine Meckereien, nichts Außergewöhnliches", erinnerte sich May im Gespräch mit ntv.de an das folgenschwere Spiel der Kreisklasse. Ein Spieler der Gästemannschaft tut sich besonders hervor. May ermahnt ihn, verwarnt ihn, legt ihm dann eine Auswechslung nahe. Doch der Spieler reagiert nicht.

"Nur noch einen stechenden Schmerz gespürt"

"Irgendwann musste ich Gelb-Rot ziehen. Da wollte er mir erst eine Kopfnuss geben, die konnte ich abwehren, doch danach habe ich nur noch einen stechenden Schmerz gespürt", erzählt May. "Ich bin dann irgendwann zu Boden gesunken. Ein Rettungswagen wurde gerufen, die Polizei auch." Das Spiel wird abgebrochen. Der Schiedsrichter-Obmann des Kreises sagte in der "Hildesheimer Allgemeine Zeitung": "Eine solche Brutalität mit diesen Folgen habe ich während meiner 30 Jahre als Schiedsrichter und Obmann bislang nicht erlebt."

Der Faustschlag selbst ist unbestritten, die Verteidigung des Spielers hatte zuvor aber versucht zu vermitteln, der Schiedsrichter habe den Gewaltakt provoziert. Nach Schilderung der "Hildesheimer Allgemeine" soll die Verteidigung dargelegt haben, der Schiedsrichter hätte den Angeklagten zuerst "angefasst, möglicherweise, um eine angedeutete Kopfnuss abzuwehren." Dies habe ein Kindheitstrauma des Angeklagten bedient, der in seiner Kindheit viel Gewalt in der Familie erfahren habe - und so sei er "in eine psychische Ausnahme-Situation geraten". Diese habe zu einem Kontrollverlust geführt, "es lag eine Notwehr-Situation vor."

Dem wollte das Gericht aber nicht folgen. "Selbst, wenn sich der Schiedsrichter nicht in jeder Situation dieser offensichtlich hitzigen Partie richtig verhielt, ist das überhaupt kein Grund, ihn zu schlagen." Auch die "allerletzte Chance" gibt es für den Angeklagten nicht, dem "leidtut, was da alles so passiert ist." Den Vorsitzenden Richter bat er darum, "es sich bitte noch einmal zu überlegen mit der Bewährung." Daraus wurde auch angesichts des Vorstrafenregisters des Fußballers, der von seinem Verein sofort nach dem Vorfall ausgeschlossen und bereits vom Sportgericht für ein Jahr gesperrt worden war, nichts. 16 Einträge stehen schon im Strafregister des Mannes, darunter fahrlässige Körperverletzungen, Drogendelikte und Diebstahl.

Bei May, der im Gespräch mit ntv.de kurz nach der Tat sagte, er wolle keine Entschuldigung, denn "wer so brutal ist und auf dem Fußballplatz jemanden niederstreckt, hat dort nichts zu suchen", habe sich der Verurteilte "glaubwürdig, wenn auch flapsig" später doch noch entschuldigt, heißt es vom Gericht. Doch ins Gefängnis muss der Amateurkicker doch: "Der Angeklagte übte im Abstand von zwei Jahren immer wieder Gewalttaten aus und hat seine kurze Lunte nicht bearbeitet". Ob er gegen das Berufungsurteil Revision einlegt, müsse man noch entscheiden, sagte sein Anwalt.

Quelle: ntv.de, ter

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