Fußball

Wunder von Brest, gute Laune in Ried Sensationen in Europas Fußball

Nicht nur in der Bundesliga, auch in anderen europäischen Ligen führen Überraschungsteams die Tabelle an - mal aus eigener Stärke wie Borussia Dortmund, mal aus Schwäche der Etablierten wie in Frankreich, die die Tabellenführung schmählich vernachlässigen. Ein Blick in vier Spielklassen, in denen sich Außenseiter als Spitzereiter feiern lassen dürfen.

Da ist die Freude groß: Der SV Ried schlägt Rapid Wien, Anel Hadzic, links, und Daniel Royer jubeln.

Da ist die Freude groß: Der SV Ried schlägt Rapid Wien, Anel Hadzic, links, und Daniel Royer jubeln.

(Foto: dapd)

Der SV Ried führt nach 15 von 36 Spieltagen die Tabelle in Österreich an. Das ist dort, wo der Fußballmeister meist aus Wien, Innsbruck, Graz oder Salzburg kommt, die höchste Spielklasse tipp3-Bundesliga heißt und zehn Mannschaften tatsächlich 36 Spieltage benötigen, bis die Saison zu Ende ist. Da ist es schon eine Überraschung, dass die Mannschaft, die ihre Heimspiele in der 7680 Zuschauer fassenden Keine-Sorgen-Arena austrägt, nach knapp der Hälfte aller Spiele an der Spitze steht. Und bevor wir jetzt den Scherz mit der guten Laune überstrapazieren, weisen wir lieber darauf hin, dass der Namensgeber eine Versicherung ist.

Österreichs Bundesliga: Gute Laune in Ried

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Im Innkreis jedenfalls tun sie das, was Überraschungsteams zu tun pflegen: Sie stapeln tief und genießen. Vereinspräsident Johann Willminger verspricht: "Wir werden am Boden bleiben und hart weiterarbeiten." Was soll er auch sonst sagen? "Wir heben ab und strengen uns nicht mehr an"? Dass die Rieder aber zum Beispiel satte zehn Punkte Vorsprung auf den vom ehemaligen Bundesligacoach Hub Stevens trainierten Meister Red Bull Salzburg haben, darauf könnten sie sich ruhig was einbilden. Auch wenn die Journalisten immer nur über die Niederlagen der anderen berichten. Trainer Paul Gludovatz formuliert das so: "Eine deutsche Zeitung hat uns mit Mainz verglichen. Das passt ganz gut. Mainz ist sehr erfolgreich, aber die Zeitungen schreiben groß darüber, wenn bei den Münchner Bayern zwischen Van Gaal und Hoeneß die Fetzen fliegen."

So ganz aus dem Nichts kommt der Erfolg der Rieder übrigens nicht, die sich mit ihrem Etat von 5,2 Millionen Euro im unteren Drittel der Liga bewegen. Als einziges Team im österreichischen Profifußball blieb der SV in der vergangenen Saison zu Hause ungeschlagen und belegte am Ende mit den wenigsten Gegentoren Platz fünf. Und warum läuft's in dieser Saison so überragend? Ich bin davon überzeugt, dass die Glückskomponente heutzutage immer wichtiger wird. Wenn du am richtigen Tag zur richtigen Zeit den Fuß richtig hinhältst, hast du gewonnen." Sagt Trainer Paul Gludovatz.

1.SV Ried1525:1330
2.Sturm Graz1427:2426
3.Austria Wien1526:1625
4.Wacker Innsbruck1521:1425

Frankreichs Ligue 1: Das Wunder von Brest

Nun kann man nicht sagen, dass Stade Brest die Liga in Frankreich souverän anführt. Aber immerhin: Der Aufsteiger ist Tabellenführer. Und profitiert in erster Linie von der Schwäche der nominellen Spitzenteams – wenn auch denkbar knapp und trotz der Tatsache, dass er bereits drei der 13 Saisonspiele verloren hat.

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Der kleine Provinzverein, für den auch Bayerns Franck Ribéry von 2003 bis 2004 kickte, hat einen Punkt Vorsprung auf den zweitplatzierten OSC Lille. Und nur acht Zähler sind es bis zum Tabellenvorletzten AS Nancy. Zum Vergleich: In der deutschen Bundeliga steht Spitzenreiter Borussia Dortmund sieben Punkte vor dem Tabellenzweiten aus Leverkusen. Dennoch: Die Erfolgsgeschichte der Fußballer aus der Bretagne grenzt an ein Wunder. Nicht nur, weil sie erstmals seit 20 Jahren wieder in der höchsten Spielklasse mitmachen dürfen. "Brest wandert auf dem Wasser", titelte das Fachmagazin "France Football" groß auf Seite eins.

Trumpf der Mannschaft ist die starke Abwehr um Torwart Steeve Elana, die vom vierten bis zum elften Spieltag ohne Gegentor blieb. So minimalistisch wie die Abwehr ist aber auch der Sturm, denn in 13 Spielen gab es nur 13 Tore. Trainer Alex Dupont wird bereits "der Hexenmeister" genannt. Der freundliche 56-Jährige hat allerdings keine Zaubersprüche drauf. Sein Erfolgsrezept: "Wir sind wie Kinder. Bei uns gibt es keinen unnützen Druck, nur unbegrenzte Freude. Daher die guten Ergebnisse."

1.Stade Brest1313:822
2.OSC Lille1322:1521
3.SC Montpellier1312:1221
4.Paris St. Germain1319:1220

Rumäniens Liga I: Effizienter Munteanu

Otelul Galati kennen hierzulande nur ausgewiesene Experten für exotische Kleinligen. Und von denen auch nur drei, höchstens. Der Trainer des rumänischen Tabellenführers hat im deutschen Fußball aber durchaus Spuren hinterlassen. Keine übergroßen Fußstapfen, dafür war sein Talent als offensiver Mittelfeldspieler beim 1. FC Köln und VfL Wolfsburg dann doch nicht groß genug. Für insgesamt 234 Erst- und Zweitligaspiele und 29 Tore in Deutschland reichte das Talent von Dorinel Munteanu aber doch.

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Auch als Coach stellt er sich nicht allzu schlecht an. Seit er im Sommer zu Otelul Galati kam, erlebt der Kleinklub einen Höhenflug. Nach 15 Ligaspielen - so viele, wie Munteanu bei seinen beiden vorherigen Trainerstationen in der Liga I zusammen zustande brachte - steht fest, dass Otelu auch nach 16 Spielen noch Erster sein wird. Der Vorsprung auf Rapid Bukarest beträgt vier Punkte, bei einem ausgetragenen Spiel weniger. Der frühere offensive Freigeist Munteanu lässt Otelul konsequent verteidigen und kontrolliert stürmen, nach zehn Siegen und zwei Niederlagen beträgt die Tordifferenz gerademal +9. Das ist so unerhört effizient, dass bereits zarte Meisterträume reifen. Es wäre der erste Titel der Vereinsgeschichte.

1.Otelul Galati1520:1133
2.Rapid Bukarest1627:929
3.FC Timisoara1525:1829
4.Gaz Metan Medias1620:1426

Polens Ekstraklasa: Wenn Kätzchen siegen

Der Spitzenreiter in Polen ist des Prädikats Exkraklasse vollkommen unverdächtig: Jagiellonia Bialystok, der Außenseiter aus dem Nordosten des Landes, hat es noch nicht oft dahin geschafft, wo er im Moment steht: Ganz oben in der Tabelle, mit zwei Punkten Vorsprung. Nach 90-jährigem Bestehen vermerkt die Chronik als größten Erfolg einen Pokalsieg, just 2010, und zweimal Platz acht in der Liga. Zu den bekanntesten Spielern der Vereinsgeschichte gehört die frühere Bochumer und Schalker Abwehrkante Tomasz Waldoch.

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Das lässt nach oben viel Platz zum Träumen und die Träume reifen vor allem im winzigen, nur 7000 Zuschauer fassenden Stadion. Sechs Siege in sechs Spielen hat Jagiellonia daheim geholt und nur zwei Tore zugelassen. Auch Meister Lech Posen wurde hier wie schon im Supercup besiegt.

Aktueller Erfolgsgarant ist Tomasz "Kotek" Frankowski. Der ist für einen Mittelstürmer mit 1,72 Meter und 64 Kilo ungewöhnlich schmächtig, für einen 36-Jährigen aber auch ungewöhnlich treffsicher. Das Kätzchen, wie Frankowski wegen seiner eleganten Spielweise genannt wird, traf in zwölf Ligaspielen bereits achtmal. Schießt er Jagiellonia sogar zum Meistertitel, darf er sich künftig sicher "Tygrys" nennen.

1.Jagiellonia Bialystok   13   18:11   26
2.Korona Kielce   13   19:15   24
3.Wisla Krakow   13   19:15   21
4.Legia   13   15:19   21

Quelle: ntv.de

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