Fußball

Neue Wettskandal-Enthüllungen St. Pauli bleibt gelassen

Nicht fünf, sondern mindestens sechs Spiele des FC St. Pauli sollen einem Medienbericht zufolge von Wettpaten manipuliert worden sein. Angeblich waren fünf Pauli-Profis involviert. Trotz der pikanten Enthüllungen verfolgt der Bundesliga-Aufsteiger Pauli das Geschehen aber weiter gelassen.

Ex-Pauli-Profi René Schnitzler hat eingeräumt, Geld von Wettpaten angenommen zu haben. Manipuliert will er aber nicht haben.

Ex-Pauli-Profi René Schnitzler hat eingeräumt, Geld von Wettpaten angenommen zu haben. Manipuliert will er aber nicht haben.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Der FC St. Pauli droht immer stärker in den Fußball-Wettskandal verstrickt zu werden, verfolgt die neue Enthüllung um seine mögliche Verwicklung jedoch weiter gelassen. "Wir sind da unaufgeregt. Wir stehen mit der DFL und der Staatsanwaltschaft in Kontakt. Ansonsten werden wir das Thema weder kommentieren noch bewerten", sagte Teammanager Christian Bönig. Zuvor hatte der "Spiegel" berichtet, laut Aussage des Wettpaten Marijo C. seien drei Zweitliga-Partien der Hamburger von Spielern manipuliert gewesen.

Seit den Enthüllungen des ehemaligen St.-Pauli-Profis Rene Schnitzler bestanden bereits Verdachtsmomente bei fünf Begegnungen der Hanseaten aus dem Jahr 2008. Marijo C. nannte eine bisher noch nicht in den Fokus gerückte Partie: St. Paulis Heimspiel am 11. Mai 2008 gegen Alemannia Aachen (0:2). Damit erhöht sich die Gesamtzahl der umstrittenen Spiele der Hamburger auf sechs.

Marijo C. nannte zudem die Auswärtspartien beim FSV Mainz 05 am 18. Mai (1:5) und am 23. November 2008 (2:2). Das geht nach Spiegel-Informationen aus dem Protokoll eines Verhörs vom 2. Dezember 2010 hervor, bei dem Marijo C. im Bochumer Polizeipräsidium sechseinhalb Stunden lang über seine kriminellen Machenschaften bei Fußballwetten redete.

Fünf Pauli-Spieler bestochen?

Den Stein ins Rollen gebracht hatte der frühere Zweitliga-Profi Schnitzler, der in einem Gespräch mit dem Magazin "Stern" erklärte, von einem Wettpaten insgesamt mehr als 100.000 Euro Bestechungsgeld angenommen zu haben. Dafür habe er 2008 fünf Spiele seines damaligen Vereins St. Pauli manipulieren sollen. Der Wettpate bestreitet jegliche Manipulationen, kann allerdings auch nicht erklären, warum sich Schnitzler mit erfundenen Behauptungen selbst belasten sollte.

Neben den Auswärtsspielen beim FSV Mainz 05 nannte Schnitzler die Zweitliga-Duelle mit Hansa Rostock, dem FC Augsburg und dem MSV Duisburg Partien, die verschoben werden sollten. Schnitzler bestreitet jedoch, die Spiele tatsächlich manipuliert zu haben. Er habe das Geld im Kasino verspielt.

Marijo C. behauptet, fünf Spieler des FC St. Pauli seien in die Schiebungen involviert gewesen. Er selbst habe sich an zwei der drei vermeintlich manipulierten Begegnungen beteiligt - in zwei Fällen mit Wetteinsätzen, in einem Fall mit Bestechungsgeld in Höhe von 50.000 Euro.

Prozess in Bochum

Am 24. Februar soll vor dem Landgericht Bochum der Prozess gegen Marijo C. und weitere fünf Mitglieder einer Bande mutmaßlicher Fußball-Wettbetrüger beginnen, darunter Ante Sapina, Drahtzieher des Hoyzer-Skandals. Laut der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Bochum, die am 29. Dezember fertiggestellt wurde und insgesamt 287 Seiten umfasst, soll Marijo C. von Juni 2008 bis zu seiner Verhaftung im November 2009 europaweit 46 Fußballspiele verschoben haben und sein Insiderwissen über die gekauften Begegnungen beim Wetten genutzt haben.

Allein auf einem Wettkonto in London, das die Fahnder entdeckten, sollen drei der Beschuldigten in knapp einem Jahr 32 Millionen Euro umgesetzt haben. Mutmaßlicher Gewinn laut der Anklageschrift: 3,5 Millionen Euro. Bestochen wurden nicht nur Spieler, sondern auch Fifa-Schiedsrichter und Uefa-Funktionäre. Allerdings klappte nicht jeder Manipulationsversuch, weil auch andere Banden aktiv waren. So scheiterte der Versuch, den Torwart des ungarischen Vereins VSC Debrecen für ein Champions-League-Spiel zu bestechen an dem Umstand, dass der Spieler schon bestochen worden war. Die Partie gegen den AC Florenz endete 3:4.

Die sechs verdächtigen St.-Pauli-Spiele:

11. Mai 2008, 33. Spieltag:
FC St. Pauli - Alemannia Aachen 0:2 (0:2)
Tore: 0:1 Lehmann (19.), 0:2 Nemeth (22.)
Schnitzler wurde in der Halbzeit ausgewechselt

18. Mai 2008, 34. Spieltag:
FSV Mainz 05 - FC St. Pauli 5:1 (3:0)
Tore: 1:0 Borja (10.), 2:0 Baljak (14.), 3:0 Baljak (28.), 4:0 Gunkel (60.), 4:1 Bruns (86.), 5:1 Baljak (87.)
Schnitzler wurde nicht eingesetzt

26. September 2008, 6. Spieltag:
Hansa Rostock - FC St. Pauli 3:0 (1:0)
Tore: 1:0 Dorn (30.), 2:0 Cetkovic (71.), 3:0 Cetkovic (87.)
Schnitzler spielte 90 Minuten

19. Oktober 2008, 8. Spieltag:
FC Augsburg - FC St. Pauli 3:2 (0:0)
Tore: 0:1 Ebbers (49.), 1:1 Torghelle (58.), 1:2 Schultz (60.), 2:2 Möhrle (79.), 3:2 Thurk (90.)
Schnitzler wurde nicht eingesetzt

29. Oktober 2008,10. Spieltag:
MSV Duisburg - FC St. Pauli 1:2 (0:0)
Tore: 1:0 Kouemaha (51.), 1:1 Bruns (70.), 1:2 Hennings (73.)
Schnitzler wurde nicht eingesetzt

23. November 2008, 14. Spieltag:
FSV Mainz 05 - FC St. Pauli 2:2 (0:1)
Tore: 0:1 Ludwig (30.), 1:1 Borja (65.), 2:1 Borja (69.), 2:2 Rothenbach (90.)
Schnitzler wurde in der 75. Minute eingewechselt

Quelle: ntv.de, Ralf Loweg, sid

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