50+1 muss weg, der BVB schweigen Uli Hoeneß gelingt ein famoser Rundumschlag
17.02.2023, 15:09 Uhr
Uli Hoeneß redet in Hannover.
(Foto: picture alliance/dpa)
In Hannover erklärt Uli Hoeneß mal wieder die Fußball-Welt, und wie er sie sieht. Es geht um Borussia Dortmund, den DFB und auch um die 50+1-Regel im deutschen Fußball. Die muss fallen, damit der Sport leben kann. Das Geld aus dem Nahen Osten muss trotzdem verhindert werden. Oder doch nicht?
Wenn Uli Hoeneß eine Reise tut, springen immer auch ein paar Schlagzeilen heraus. Nicht anders war es nun in dieser Woche, in der sich der Ehrenpräsident des FC Bayern München mal wieder in den Vordergrund rückte und meinungsstark die Welt und wie er sie vom Tegernsee aus sieht, erklärte. Weil er nur noch selten im Rampenlicht steht, darf sich die Öffentlichkeit danach aus einem reichlichen Fundus aus neuen und alten Weisheiten bedienen. Der 71-Jährige muss, wenn er zum Luftholen auftaucht, in einer kurzen Zeitspanne alle drängenden Themen abräumen und natürlich ist auch diesmal allerhand angelaufen.
Das den FC Bayern erschütternde Interview von Manuel Neuer, die ewige Bedrohung des FC Bayern durch das Geld der Golf-Staaten, die Unruhe beim DFB, die Nachwehen der WM in Katar und natürlich auch der nicht nur auf dem Platz wiedererstarkte BVB, der mit Hans-Joachim Watzke das Machtvakuum im deutschen Fußball mit der Borsigplatz-DNA gefüllt hat. Es gibt, wie gesagt- immer was zu tun für Uli Hoeneß, dem Wut-Staubsauger des FC Bayern München. Wenn der ehemalige Präsident das Wort ergreift, hört Fußball-Deutschland hin und schüttelt danach den Kopf. Entweder aus Anerkennung, weil da jemand ist, der endlich mal Wahrheiten ausspricht oder aus Verwunderung darüber, dass so einem überhaupt noch eine Plattform geboten wird.
Uli Hoeneß weiß genau, was er mit seinen Worten bewirkt und doch haben sich die Zeiten geändert. Es sind schon lange nicht mehr die Worte eines mächtigen Bayern-Bosses, sondern nur noch die eines Strippenziehers, dessen Macht jedoch schwindet. Es sind Beobachtungen, die nicht mehr ganz in die schnelldrehende Welt des Fußballs passen. Aber die gerne aufgenommen werden, wie auch die "Bild"-Zeitung Anfang der Woche blitzanalysierte. Der BVB warte nur noch auf einen Ausbruch des Vulkans Hoeneß, hieß es da und schon könne man im Kampf um die Meisterschaft ein noch gewichtigeres Wort mitreden.
"Wie immer im Leben ist Dortmund Zweiter"
Wenngleich das natürlich eine gewagte Blitzanalyse der "Bild" war, lieferte Hoeneß nun in Hannover bei einer Talk-Runde der "Neuen Presse" immerhin gewohnt solide ab. Er bildete aber lieber eine Wagenburg und feuerte ein paar Attacken in Richtung Dortmund. Die hatten sich unter der Woche mit 1:0 gegen Chelsea durchgesetzt und wurden am Donnerstag zur letzten Mannschaft in den Top-Ligen Europas, mit einer Siegquote von 100 Prozent im Jahr 2023. Sieben Spiele, sieben Siege.
In der Liga sechs Punkte auf den FC Bayern aufgeholt, in Europa plötzlich wieder bewundert für die Fülle an Talenten und dann eben auch noch Hans-Joachim Watzke in sämtlichen Führungspositionen des deutschen Fußballs: DFB-Vizepräsident, DFL-Aufsichtsratschef, bald in der UEFA-Exekutive und dann natürlich noch Vorsteher der Rudi-Völler-Findungskommission nach dem Ausscheiden des langjährigen Machers Oliver Bierhoff.
Diese Flanke nutzte Uli Hoeneß gerne, um den BVB an seine natürliche Position im deutschen Fußball zu erinnern. Die sei eben nicht an der Spitze, sondern vielmehr irgendwo hinter den Bayern zu sehen. "Beim FC Bayern gab es vor zwei Jahren einen personellen Neuanfang mit Oliver Kahn und Herbert Hainer. Gerade Karl-Heinz Rummenigge war ja vorher stark in den internationalen Gremien vertreten", erklärte der 71-Jährige in Hannover und führte dann genauer aus, was passieren wird: "Deswegen hat Watzke jetzt einen kleinen Vorsprung. Aber wie immer im Leben ist Dortmund anschließend wieder Zweiter. Denn der Einfluss des FC Bayern auf den deutschen Fußball im Bereich DFL und DFB ist mir zu wenig. Es kann nicht sein, dass der wichtigste deutsche Verein da so wenig vertreten ist."
50+1 muss fallen
Das alles habe nichts mit Watzke zu tun, sondern vielmehr mit dem FC Bayern im Umbruch und dem noch zu zurückhaltenden Personal der Bayern. Das aber werde sich ändern und dann könnte sich der Wind schon bald wieder drehen. Zum Beispiel in der Frage, ob die 50+1-Regel im deutschen Fußball nun beibehalten wird oder nicht. Die für alle Profivereine bindende 50+1-Regel besagt, dass der Stammverein nach der Ausgliederung seiner Profi-Abteilung in eine Kapitalgesellschaft weiter die Mehrheit der Stimmenanteile besitzen muss. Sie soll den Einfluss von Investoren im deutschen Profifußball begrenzen.
Die DFL hatte sich zuletzt eindeutig positioniert und zieht sogar eine "zeitlich begrenzte Minderheitsbeteiligung" eines Finanzinvestors durch den Teilverkauf von Medienrechten in Erwägung. Sieben interessierte Unternehmen sollen der DFL dazu verhelfen, mehrere Milliarden zu erlösen und somit den an 50+1 gebundenen Klubs eine Möglichkeit für "Investitionen in nachhaltiges Wachstum" zur Weiterentwicklung bieten.
Hoeneß hingegen hofft auf das Ende von 50+1, um den deutschen Klubs Zugang zu neuen Geldquellen zu gewähren. "Wir wären bei Bayern München total dafür, dass die 50+1-Regel fällt, weil wir international total ins Hintertreffen geraten. In England ist jeder Erst- oder Zweitliga-Verein mit einem großen Unternehmen, einem Land, einem Oligarchen oder was auch immer verbunden", sagte er in Hannover. "Deswegen sind die international auch ziemlich weit vor uns. Ich bin dafür, dass jeder Verein das selbst entscheidet. Das hat nichts mit Bayern München zu tun. Es geht darum, den anderen Vereinen die Möglichkeit zu geben, wettbewerbsfähig zum FC Bayern zu sein."
Den Nahen Osten in den Griff bekommen
Obwohl der FC Bayern sich bislang glaubhaft dagegen ausgesprochen hat, die Kontrolle über den eigenen Klub abzugeben, sieht Hoeneß weiterhin die Gefahr, dass in Europa in Zukunft die großen Titel nicht mehr über den FC Bayern gehen.
Das Interesse von Katar an Manchester United oder Saudi-Arabien an Liverpool zeige den Weg in ein "Spiel ohne Grenzen", eines, das es unbedingt zu verhindern gelte. "Es wird die Aufgabe der nächsten Jahre sein, Mittel und Wege zu finden, um die immer größer werdende Geldflut aus dem Nahen Osten einigermaßen im Griff zu behalten."
Dass eine kleine Geldflut aus dem Nahen Osten weithin unproblematisch ist, hatte Hoeneß in der Vergangenheit immer wieder betont, wenn Kritik an Bayerns Ärmelsponsor Qatar Airways aufgekommen war. Und ob andere Klubs sich dann nicht von ganzen Staaten aufkaufen lassen, scheint ihm ohnehin egal. Erst das Geld und dann mal schauen. Aber natürlich geht es bei Uli Hoeneß ohnehin meist nur darum, neue Schlagzeilen zu produzieren und die Debatte in eine Richtung zu lenken. Dies ist ihm auch in dieser Woche wieder gelungen.
Quelle: ntv.de