Fußball

Torschütze im "Jahrhundertspiel" WM-Held Karl-Heinz Schnellinger ist tot

Karl-Heinz Schnellingers einziges Tor für Deutschland war ein legendäres.

Karl-Heinz Schnellingers einziges Tor für Deutschland war ein legendäres.

(Foto: picture alliance / dpa)

"Ausgerechnet Schnellinger": Bei der Fußball-WM 1970 trifft Italien-Legionär Karl-Heinz Schnellinger für Deutschland gegen Italien und ermöglicht so ein "Jahrhundertspiel". Nun ist der ehemalige Nationalspieler im Alter von 85 Jahren gestorben.

Karl-Heinz Schnellinger ist tot. Wie seine Tochter Birgit bestätigte, verstarb der ehemalige Fußball-Nationalspieler in der Nacht zu Dienstag im Krankenhaus San Raffaele in Mailand. Schnellinger, der von 1958 bis 1970 vier Weltmeisterschaften für Deutschland bestritt, wurde 85 Jahre alt. Seit über fünf Jahrzehnten lebte er in Italien.

Der größte Titel mit der Nationalmannschaft blieb dem gebürtigen Dürener trotz der vier WM-Teilnahmen verwehrt. Auf Vereinsebene wurde Schnellinger 1962 mit dem 1. FC Köln deutscher Meister und anschließend Fußballer des Jahres. Danach ging er nach Italien. Nach je einer Saison beim FC Mantua und AS Rom wechselte er zur AC Mailand. Mit Milan gewann "Carlo il biondo" in neun Jahren acht Titel, darunter drei Europapokale.

Im März hatte Schnellinger angekündigt, die EM in Deutschland nicht besuchen zu wollen: "Zuletzt war ich vor ein oder zwei Jahren da. Ich kenne da kaum noch jemand." Am Ostersonntag hatte er in Italien seinen 85. Geburtstag gefeiert: mit Frau, drei Töchtern, italienischen Schwiegersöhnen und vier Enkeln. "Mir kommt es immer so vor, als ob ich in Deutschland Ausländer bin - und in Italien auch", sagte er.

Vom Deutschen Fußball-Bund fühlte sich der frühere Weltklasse-Abwehrspieler nicht wertgeschätzt: "Die haben mich vergessen", bilanzierte der 47-malige Nationalspieler. Die EM in Deutschland im Sommer wollte sich Schnellinger deshalb "am Fernseher anschauen. Zu Hause." Also in Italien.

"Unmöglich, ihn nicht zu mögen"

"Es war unmöglich, Carletto, wie man ihn beim AC Mailand nannte, nicht zu mögen", schreibt die "Gazzetta dello Sport" in einem langen Nachruf. "Er war ein Mann von mildem Temperament, der es verstand, sich in der Umkleidekabine zurechtzufinden, und der die Kunst beherrschte, mit einem einzigen Blick die Stärke seiner Mitspieler zu messen."

Legendär war sein Treffer im Halbfinale der WM 1970 in Mexiko - gegen Italien. "Ausgerechnet Schnellinger", sagte ARD-Kommentator Ernst Huberty damals nach dem Ausgleich in der Nachspielzeit zum 1:1, der die spektakuläre Verlängerung des Jahrhundertspiels (3:4) im Aztekenstadion von Mexiko-Stadt erst ermöglichte. "Das Spiel war zu diesem Zeitpunkt eigentlich schon vorbei, ich befürchtete, von unseren Fans angespuckt zu werden, und wollte näher an den Eingang der Umkleidekabine herankommen, der sich hinter dem italienischen Tor befand", hatte Schnellinger seinen einzigen Treffer fürs DFB-Team mal kommentiert.

Nach seinem Tor wurde Schnellinger von seinen Mailänder Mannschaftskameraden Gianni Rivera und Roberto Rosato angesprochen, erinnern sie sich bei der "Gazzetta dello Sport": "Beide blickten ihn drohend an: 'Carletto, was hast du getan?'. Schnellinger verzog das Gesicht zu einem Lächeln, drehte seinen Mannschaftskameraden den Rücken zu und kehrte wortlos ins Mittelfeld zurück, ohne zu ahnen, was für eine folgenschwere Herausforderung ihn erwarten würde. Er hatte seine Pflicht getan, Carletto, wie immer in seinen 85 Lebensjahren."

Quelle: ntv.de, ter/sid

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