Madrids neue Transferstrategie Wechsel bringt Rekordmann zum Weinen
20.02.2020, 06:49 Uhr
Real Madrid ist lange der Klub der Stars und galaktischen Transfers. Inzwischen fahren die Königlichen aber eine Doppelstrategie: Ein junger Brasilianer ist die neueste Errungenschaft - und dem geht der Trubel gleich an die Nerven.
Irgendwann übermannten Real Madrids teuersten Winter-Transfer aller Zeiten die Gefühle: Reinier Jesus Carvalho, das im Januar für 30 Millionen Euro verpflichtete Übertalent, brach in Tränen aus. Bilder seiner Kindheit gingen ihm durch den Kopf, schluchzte der im Januar gerade erst 18 Jahre alt gewordene Brasilianer bei seiner Vorstellung in Madrid. "Es war sehr schwer, ohne meine Mutter und meine Schwestern nach Rio de Janeiro zu gehen. Wenn ich über meine Familie spreche, werde ich immer sehr emotional. Ich bin dank ihr hier." Schon mit elf Jahren hatte das Talent gemeinsam mit seinem Vater die Familie verlassen, erst "als klar war, dass meine Zukunft der Fußball ist", kamen Mutter und Schwestern nach.
Vorher hatte der offensive Mittelfeldspieler schon erzählt, er erfülle sich "einen Traum, bei Real Madrid zu spielen. Es war ein Traum meiner ganzen Familie. Ich bin enorm glücklich, diese Chance zu bekommen. Ich werde alles für diesen Klub geben." Sein Vater hatte schon nach der Bekanntgabe des Wechsels verraten, der junge Reinier habe "schon immer eine tiefe Bewunderung für Real" empfunden.
Neues Stadion, neue Strategie
Real Madrids Präsident Florentino Perez nahm seinen neuen Regisseur mit großen Worten in Empfang: "Wir erleben einen weiteren aufregenden Tag, denn ein Spieler, der uns alle so begeistert, ist angekommen", jubelte der Real-Boss. Und in die Richtung Reiniers sagte er: "Du bist einer der kommenden Stars des Weltfußballs. Herzlichen Glückwunsch, einer deiner großen Träume ist heute wahr geworden, aber die großen Herausforderungen des Lebens warten noch auf dich."
Reinier selbst sieht das ähnlich: "Ich muss natürlich noch eine Menge verbessern, aber ich werde alles geben", versprach der 18-Jährige, der im Sommer ein Teil der brasilianischen Mannschaft sein wird, die in Tokio olympisches Gold verteidigen soll. Spielen könne er in der Offensive überall, links, rechts, in der Mitte.
Die Verpflichtung des jungen Brasilianers steht in einer Reihe weiterer Transfers, die Real Madrid schon in der Vergangenheit getätigt hat: Marco Asensio, Casemiro, Fede Valverde, Vinicius Junior und Rodrygo kamen in den letzten Jahren allesamt sehr jung zu den Königlichen, das einstige norwegische "Wunderkind" Martin Ödegaard ist derzeit verliehen, aber auch noch nicht abgeschrieben.
Mit Blick auf den gerade gestarteten Stadionneubau, bestätigte Perez die Strategie des Vereins: "Während wir gerade ein Stadion bauen, das das beste des 21. Jahrhunderts werden soll, haben wir auch die Verantwortung, auch unser Team weiter zu entwickeln." Auch für einen Klub mit der Strahlkraft Real Madrids ist es dieser Tage nicht mehr möglich, fertige Superstars in Reihe zu kaufen, wie das einstmals die Gangart war.
Um Spieler von der Größenordnung eines David Beckham, Zinédine Zidane oder Luis Figo, die Anfang des Jahrtausends ein - allerdings vergleichsweise erfolgloses - Real-Team der Superlative bildeten, kämpfen heute zahlreiche Klubs, entsprechend sind die Preise. Mit Eden Hazard unterschrieb im Sommer "nur" ein Superstar in Madrid, andere Edelkicker musste Perez dagegen früher oder später von seiner Wunschliste streichen. Also schaut auch Real Madrid auf die Jugend: "Wir holen junge Spieler ins Team, die alle eine ganz außergewöhnliche Qualität und eine Menge Potenzial haben. Spieler, die mal die großen Stars der Zukunft sein könnten."
"Mehr Qualität als Kaka"
Bei Reinier greifen sie jetzt schon in die oberste Schublade, wenn es um Vergleichsgrößen geht: "Ich erinnere mich bei ihm an Kaka, weil der immer den Kopf oben hatte und im Strafraum eiskalt war", lobte Filipe Luis, brasilianischer Nationalspieler und bis zum Winter Mannschaftskollege Reiniers bei Flamengo schon im Januar gegenüber "Marca". "Wenn er passen muss, dann passt er, er hat immer den Kopf oben." Aber: "Reinier hat mit dem Rücken zum Tor noch mehr Qualität als Kaka." Besagter Kaka wurde 2007 immerhin zum Weltfußballer gekürt, für Real machte er 85 Spiele. "Ich gratuliere Real Madrid zu einem großartigen Transfer."
Die Sportzeitung "Marca" jubelte ebenfalls schon im Januar, das Team von Zinédine Zidane habe sich "einen der vielversprechendsten Spieler des brasilianischen Fußballs" gesichert und sich gegen andere interessierte Spitzenklubs wie den FC Barcelona, Atlético Madrid, Paris Saint-Germain und Manchester City durchgesetzt. Auch Borussia Dortmund soll seinen Hut in den Ring geworfen haben.
Trotz der gewaltigen Ablöse wird Reinier aber erstmal in der zweiten Mannschaft der Königlichen auflaufen. Die immerhin wird von einer echten Real-Legende trainiert, die ihre große Karriere schon hinter sich hat: Der große Raul kümmert sich um die Aus- und Weiterbildung der königlichen Talente. In der kommenden Saison soll es dann für Reinier unter Zidane aber in der ersten Mannschaft weitergehen. Der Vertrag des Talents läuft bis 2026.
Quelle: ntv.de