"Stille Stimmung in der Kabine" Werder schafft's nur noch mit Schützenhilfe
20.06.2020, 18:52 Uhr
Der Gedanke an den wahrscheinlichen Abstieg tut nicht nur Werder-Trainer Florian Kohfeldt weh.
(Foto: Eibner-Pressefoto / Neis)
Nach dem Spiel schreien die Mainzer ihre Freude heraus - der Klub bleibt erstklassig. Der Gegner Werder Bremen dagegen hat nur noch die Chance, sich in die Relegation der Fußball-Bundesliga zu retten. Und die besteht lediglich, wenn andere Teams am letzten Spieltag mithelfen.
Mit hängenden Schultern schleppte sich Florian Kohfeldt zur Gratulation zu seinem Mainzer Kollegen Achim Beierlorzer, dann verschwand der niedergeschlagene Werder-Trainer in die Kabine. Der erste Abstieg seit 40 Jahren, das demonstrierte auch der auf dem Boden kauernde Bremen-Keeper Jiri Pavlenka, ist für den Bundesliga-Dauerbrenner von der Weser kaum mehr zu verhindern.
"Da ist aktuell viel Leere, weil wir hier eine große Chance hatten, die haben wir verpasst. Jetzt wird es sehr schwer, auch wenn es noch möglich ist. Wir werden alles probieren", sagte Kohfeldt bei Sky nach dem 1:3 (0:2) im Keller-Showdown beim FSV Mainz 05, der seinerseits durch die Tore von Robin Quaison (25.), Jean-Paul Boetius (30.) und Edimilson Fernandes (85.) den ersten "Matchball" zum Klassenerhalt verwandelt hat.
Yuya Osakos Anschlusstreffer (58.) war zu wenig für die Hanseaten, weshalb Werders 1900. Bundesligaspiel am kommenden Samstag (15.30 Uhr/Sky sowie im ntv.de-Liveticker) gegen den 1. FC Köln für längere Zeit das letzte sein könnte. Den vorzeitigen Gang in Liga zwei verhinderte an diesem Nachmittag nur das parallele 1:1 von Fortuna Düsseldorf gegen den FC Augsburg.

Die Mainzer spielen auch in der kommenden Saison in der 1. Liga.
(Foto: Witters/gumzmedia/nordphoto)
Im Kampf um die Relegation beträgt Bremens Rückstand auf Düsseldorf auf Relegationsplatz 16 zwei Punkte - gewinnen die Rheinländer am kommenden Samstag bei Union Berlin, ist Bremens zweiter Absturz in die 2. Liga nach 1980 bittere Realität. Erstmals seit der Saison 1998/99 könnte sogar die Tordifferenz über den Abstieg entscheiden - auch hier hat Bremen die um vier Treffer schlechteren Karten.
Das Prinzip Hoffnung aber regiert weiterhin in Bremen. Sportchef Frank Baumann sagte: "Wir müssen uns selbst helfen. Das ist das alles Entscheidende. Wir müssen die Mannschaft so wieder hochziehen, dass sie am Samstag alles dafür gibt, dass wir drei Punkte holen und wenn möglich noch für unser Torverhältnis etwas tun." Und Kapitän Niklas Moisander erklärte: "Niemand hat etwas gesagt, es war stille Stimmung in der Kabine. Wir sind sehr enttäuscht. Aber nichts ist verloren. Wir gehen weiter, wir haben noch ein Spiel."
"Bin stolz auf Euch!"
Die effizienten Mainzer hingegen schrien nach dem vorzeitigen Klassenerhalt ihre unbändige Freude und Erleichterung heraus. "Ich bin stolz auf Euch, Männer!", brüllte Sportvorstand Rouven Schröder seinen im Kreis versammelten Profis entgegen. Sein Fazit: "Andere werden am Stück Meister, wir bleiben am Stück in der Liga."
Dabei hatten die Bremer bissig begonnen. Erst parierte Mainz-Keeper Florian Müller glänzend gegen Joshua Sargent (4.), nur drei Minuten später verpasste Leonardo Bittencourt die Werder-Führung knapp. Da dann aber auch die Mainzer mutig nach vorne spielten, entwickelte sich eine intensive Partie. Erst hatten Jean-Philippe Mateta (11.) und Boetius (18.) das 1:0 auf dem Fuß, kurz darauf traf Quaison im Getümmel nach einem Freistoß mit seinem 13. Saisontor mitten ins Bremer Herz.
Und es kam nur fünf Minuten später noch dicker: Mit einem traumhaften Solo ließ FSV-Kapitän Danny Latza mehrere Gegenspieler aussteigen und legte den Ball per Hacke perfekt für Boetius auf, der von der Strafraumkante vollendete. Die Mainzer spielten sich in einen Rausch. Bei einer Doppelchance der 05er verhinderte der starke Pavlenka (36.) in seinem 100. Bundesliga-Spiel in größter Not zunächst das 0:3.
Mit frischem Mut startete Werder in die zweite Hälfte: Der eingewechselte Niclas Füllkrug (53.) kam nach starker Ballannahme frei vor dem Mainzer Tor zum Abschluss, Müller entschärfte den zu unplatzierten Schuss aber. Mainz stand gegen druckvolle Bremer zu tief und wurde durch Osako bestraft, erst danach wurden die Gastgeber wieder aktiver. Der bärenstarke Pavlenka hielt Bremen aber zunächst im Spiel, es folgte eine hitzige Schlussphase.
Quelle: ntv.de, Tobias Schwyter, sid