Fußball

Härtere Strafen, strengere Gesetze Wettskandal sorgt für Debatte

39r03001.jpg7953025762269832835.jpg

(Foto: dpa)

Nach dem neuerlichen Wettskandal fragen sich Sport, Justiz und Politik: Wie können sich der Fußball und andere Sportarten aus den Fängen der organisierten Kriminalität befreien? Angesichts der erschreckenden Europol-Zahlen wächst die Zahl deren, die härtere gesetzliche Regelungen fordern und striktere Strafen befürworten.

Der größte Wettskandal in der Sportgeschichte setzt auch Politik und Justiz unter Zugzwang. Nach den alarmierenden Untersuchungserkenntnissen der Polizeibehörde Europol werden Appelle nach noch intensiveren Maßnahmen im Kampf gegen die Machenschaften der Wettmafia laut. Karl-Heinz Rummenigge forderte eine "lückenlose" Aufklärung und eine "harte Bestrafung" überführter Betrüger.

Karl-Heinz Rummenigge wünscht sich eine lückenlose Aufklärung und steht damit nicht allein.

Karl-Heinz Rummenigge wünscht sich eine lückenlose Aufklärung und steht damit nicht allein.

(Foto: dpa)

"Es geht um die Glaubwürdigkeit des Fußballs. Das ist das höchste Gut, glaube ich, das wir zu verteidigen haben", sagte der Vorstandsvorsitzende von Bayern München in Doha. Das Thema schlage bei der aktuellen Vollversammlung der Europäischen Club-Vereinigung (ECA) in Katar "hohe Wellen", berichtete der ECA-Vorsitzende. "Wir müssen alle daran arbeiten, dass die Dinge, die von Europol behauptet wurden, lückenlos aufgeklärt werden. Wenn die Leute ins Stadion gehen, müssen sie wissen, dass dort alles sauber und seriös vor sich geht", erklärte Rummenigge.

Sylvia Schenk, Vorstandsmitglied von Transparency International, sieht nach dem "Weckruf von Europol vor allem auch ein Signal an die politischen Vertreter". In allen Ländern müsse sichergestellt werden, "dass die Staatsanwaltschaft losgeschickt wird", sagte die ehemalige Präsidentin des Bundes Deutscher Radfahrer und kritisierte vor allem die Fifa- und Uefa-Bosse: "Joseph Blatter und Michel Platini tun mit Sicherheit nicht genug gegen dieses Problem." Bei der Fifa sei es zuviel Show, bei der Uefa müsste einzelnen Landesverbänden stärker auf die Füße getreten werden. Schenk: "Die Zeit der Tagungen ist vorbei."

Merk fordert härtere Gesetze

Auch die Politik sieht Handlungsbedarf. Bayerns Justizministerin Beate Merk (CSU) setzt sich für einen eigenständigen Straftatbestand gegen Manipulation im Sport ein. Andernfalls sieht der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) die Gefahr, dass die illegalen Aktivitäten zunehmen. "Das ist die typische Kriminalität von heute und nur ein Vorbote der Straftaten von morgen", meinte BDK-Chef André Schulz. Wolfgang Bosbach (CDU) rief die Strafverfolger auf, alle Fakten so schnell wie möglich zu offenbaren.

Merk plädiert für härtere Gegenmaßnahmen zur Eindämmung der Problematik, dass zum Beispiel eine Masse von Fußballspielen mit Geld verschoben wurden und werden: "Die Entwicklungen zeigen, dass wir dringend über ein umfassendes Gesetz zum Schutz des Sports nachdenken müssen. Chancengleichheit und Fairness im Sport werden nicht nur durch Doping gefährdet. Auch die Bestechungsskandale der letzten Jahre erschüttern die Glaubwürdigkeit des Sports."

Ein Drittel der Verdächtigen aus Deutschland

Es beruhigt kaum, dass laut dem Bochumer Ermittler Friedhelm Althans 90 Prozent der neu unter Verdacht stehenden 300 untersuchten Partien nicht in Europa stattfanden. Denn immerhin 151 der weltweit 425 beteiligten Spieler, Funktionäre, Schiedsrichter oder Kriminelle sollen deutsche Wohnsitze haben. 70 Spiele aus unteren heimischen Ligen stehen unter dem Verdacht, verschoben worden zu sein.

Die Spielergewerkschaft VdV rät allen Fußballern, "die Finger von Wetten zu lassen", sagte Geschäftsführer Ulf Baranowsky. "Es muss in den Köpfen der Spieler anfangen. Aber da sind alle gefordert." Für Betroffene sei es aber schwer, aus der "Falle" des Wettbetrugs wieder herauszukommen.

Deutscher Profifußball nur bedingt betroffen

Den deutschen Profifußball sieht Korruptionsexpertin Schenk bisher nur bedingt gefährdet."Wo Spieler sehr gut bezahlt werden, ist es sehr viel schwieriger sie zu bestechen, als dort, wo Spieler - gerade in osteuropäischen Ländern - sehr schlecht oder manchmal gar nicht bezahlt werden, weil der Verein das Geld nicht hat. Und insofern ist es bei uns eher in den unteren Ligen ein Problem", sagte Schenk HR-Info.

Auch der frühere Verfassungsrichter Udo Steiner glaubt nicht, dass Spiele der 1. und 2. Bundesliga manipuliert werden könnten. "Nein. Das schließe ich eigentlich aus. Die Gehälter der Profis sind viel zu hoch, da wird keiner schwach. Für die Manipulatoren lohnt es sich gleichzeitig nicht, weil sie zu viel Geld in die Hand nehmen müssten", sagte Steiner bei "Spiegel Online".

Für die Grünen-Politikerin Viola von Cramon ist der neue Skandal nur die "Spitze des Eisbergs". Als "heuchlerisch" verurteilte die sportpolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion die Blatter-Ankündigung, er wolle scharf gegen Korruption vorgehen. "Warum fängt er nicht bei sich selbst an?" Laut Cramon "stinkt der Fisch vom Kopf her".

Quelle: ntv.de, cwo/dpa

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen