Fußball

Krisenkommunikation bei der WM Kein Blatter, keine Pfiffe

Dirigent auf der Ehrentribüne: Der umstrittene Fifa-Präsident Joseph Blatter.

Dirigent auf der Ehrentribüne: Der umstrittene Fifa-Präsident Joseph Blatter.

(Foto: AP)

Fifa-Präsident Sepp Blatter macht bei der Eröffnung der Frauenfußball-WM in Deutschland weiter, wo er beim Kongress des Weltverbandes aufgehört hatte. Zu Korruptionsvorwürfen sagt er einfach nichts, bricht erneut eine Pressekonferenz ab, weil Journalisten ungebetene Fragen stellen. Und lässt seine Anwesenheit beim Spiel der deutschen DFB-Frauen verschweigen.

Es ist doch wirklich eine Krux. Da dürfen Deutschlands Fußballfrauen erstmals eine Weltmeisterschaft im eigenen Land bestreiten, und aus der Tiefe des Raums will sich so ein hässliches Thema wie Korruption mit ins Rampenlicht drängeln. Auch bei der offiziellen WM-Eröffnungspressekonferenz am Samstag hatte es sich ins Olympiastadion geschlichen und dafür gesorgt, dass das vorfreudig erregte Mienenspiel auf dem Podium kurzzeitig zu einem Trauerspiel wurde.

Ob er Verständnis dafür hätte, wenn er beim Eröffnungsspiel in Berlin ausgepfiffen werden würde, wurde Fifa-Präsident Joseph Blatter mitten hinein in die gute Laune gefragt - und WM-OK-Chefin Steffi Jones antwortete eilfertig und mit bösem Blick, dass sie absolut kein Verständnis dafür hätte: "Ich gehe davon aus, dass der Fifa-Präsident nicht ausgepfiffen wird, dafür werde ich alles tun."

Viel versprochen, nichts passiert

Machen wir es kurz: Jones behielt Recht, der Fifa-Präsident wurde in Berlin nicht ausgepfiffen. Er war nämlich gar nicht da. Zumindest nicht auf dem Rasen, wo Bundespräsident Christian Wulff und Steffi Jones das Turnier um 17.56 Uhr offiziell eröffneten und sich auch ein Fifa-Präsident bei WM-Auftaktspielen eigentlich ganz gern blicken lässt. Der Stadionsprecher fühlte sich ebenfalls nicht bemüßigt, vor Spielbeginn auf die Anwesenheit des Fifa-Präsidenten auf der Ehrentribüne hinzuweisen. Wer pfeifen wollte, der hatte keinen zum Auspfeifen, also pfiff auch keiner. So einfach kann das sein.

Auch mit Politik kennt sich Blatter bestens aus.

Auch mit Politik kennt sich Blatter bestens aus.

(Foto: REUTERS)

Der Fußball-Weltverband hatte offensichtlich nicht darauf vertrauen wollen, dass sich die Fans getreu des Appells von Steffi Jones an ihre gute Kinderstube wirklich alle als "gute Gastgeber" zeigen würden. Es ist ja auch noch keine vier Wochen her, dass der 75-jährige Schweizer auf einem skandalumtosten Kongress wiedergewählt wurde, nachdem das halbe Fifa-Exekutivkomitee schweren Korruptionsvorwürfen ausgesetzt war und noch immer ist.

Versprochen hat der frisch wiedergewählte Blatter am 1. Juni in Zürich viel, passiert ist seitdem in Sachen Korruptionsbekämpfung in der Fifa nichts Erwähnenswertes. Außer, dass Startenor Placido Domingo, wer sonst, in den "Rat der Weisen" berufen werden soll. Außer, dass der nachweislich korrupte Jack A. Warner von seiner Vize-Präsidentschaft freiwillig zurückgetreten ist, nun wieder offiziell als unschuldig gilt und deshalb 28 Jahre lang auf eine üppige Fifa-Pension hoffen darf.

Professioneller Aussitzer

Für Schlagzeilen hatte zuletzt nicht Blatters energisches Bemühen um Transparenz gesorgt, sondern sein Sitzplatzwunsch für das WM-Finale in Frankfurt. Dort wollte er gern auf Höhe der Mittellinie sitzen, obwohl es dort gar keine Sitzplätze gibt. Mit einem 10.000 Euro teuren Umbau sollte Abhilfe geschaffen werden. Als die Sache publik wurde, wurde sie abgeblasen und dementiert.

Pfiffe muss Blatter deshalb in Frankfurt nicht erwarten, falls er sich am 17. Juli zur Vergabe des WM-Pokals auf den Rasen traut. Das fachkundige Publikum wird Verständnis dafür haben, dass der Wunsch nach dem besten Platz im Stadion einfach ein Luxus ist, auf den ein professioneller Aussitzer nicht ohne Weiteres verzichten möchte.

Quelle: ntv.de

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