Das System Magath, oder: Geld hilft Warum Wolfsburg nie absteigt
27.02.2012, 10:36 Uhr
Im Niemandsland: Felix Magath.
(Foto: picture alliance / dpa)
50 Millionen Euro für 20 neue Spieler. Damit wollte Trainermanager Felix Magath den VfL Wolfsburg zurück ins internationale Geschäft führen. Doch der Ex-Meister bleibt hinter den Erwartungen zurück. Europa scheint außer Reichweite. Doch zumindest der Abstieg bleibt Magath erspart.
"Jetzt haben wir die Qualität noch einmal gesteigert. Deshalb bin ich auch sicher, dass wir uns nach vorn arbeiten werden", sagt Felix Magath vor der Rückrunde der 1. Fußball-Bundesliga. Der VfL Wolfsburg, der Verein, in dem Magath als Trainer und Manager der unumstrittene Machthaber ist, bekam für die anvisierte Aufholjagd noch einmal ein paar Spieler spendiert, genauer gesagt: acht. Rund 29 Millionen Euro kostete der Spaß an Ablöse. Es kamen etwa Giovanni Sio für fast 6 Millionen, Petr Jiracek für 4 Millionen, Vieirinha für 4,5 Millionen oder Ricardo Rodruigez für 7,5 Millionen Euro. Nimmt man auch noch die Transfers aus dem Sommer hinzu - etwa Christian Träsch für rund 8 Millionen oder Marco Russ und Patrick Ochs (zusammen rund 5,3 Millionen Euro), schlagen satte 50 Millionen Euro zu Buche.
50 Millionen Euro für rund 20 neue Spieler. Damit wollte Magath den VfL zurück ins internationale Geschäft führen. Warum auch nicht? Schließlich hat es schon einmal funktioniert: Als Magath in der Saison 2007/2008 zum ersten Mal das Traineramt in Wolfsburg begleitet, investiert er im Sommer knapp 28 Millionen Euro, im Winter noch einmal etwa 2 Millionen Euro. 2008/2009 kommen weitere 31 Millionen Euro hinzu. In beiden Spielzeiten werden lediglich etwa 13 Millionen Euro aus Spielerverkäufen erlöst. Fast 50 Millionen investiert Magath also damals auch - zwar über zwei Saisons - am Ende hält er aber die Meisterschale in Händen. Aus der grauen Maus und dem Werksklub VfL Wolfsburg ist plötzlich ein klangvoller Name geworden.
Masse satt
Das schwebt Magath nun wieder vor. Doch statt der vor der Rückrunde angekündigten Aufholjagd dümpeln die "Wölfe" da herum, wo sie nie sein wollten - im Niemandsland der Tabelle: Platz 13, 27 Punkte. Sogar einen Rang schlechter als nach der Hinrunde. Neun Punkte Abstand zu den internationalen Plätzen - aber auch sieben Punkte Vorsprung auf den Relegationsrang.
Fakt ist zudem: Von den im Sommer 2011 für rund 21 Millionen Euro geholten Spielern tragen Srdjan Lakic (Hoffenheim) und Sortirios Kyrgiakos (Sunderland) bereits wieder Trikots anderer Mannschaften. Die Fluktuation in Wolfsburg ist hoch. 41 Spieler stehen derzeit im Kader der Wölfe. Davon könnte man problemlos drei komplette Mannschaften samt Auswechselspieler aufstellen. Da verliert selbst Martin Winterkorn den Überblick: "Ich tue mich schwer, mir alle Namen zu merken, aber ich weiß, wer woher kommt." Und mit Zahlen kennt sich Winterkorn aus. Muss er auch, denn er ist Chef von Europas größtem Autobauer Volkswagen, der gleichzeitig größter Geldgeber des VfL Wolfsburg ist. In Expertenkreisen wird kolportiert, dass Magath und Winterkorn befreundet sind.
"Überraschungsei mit wirtschaftlich hervorragendem Hintergrund"
Das wiederum würde die Rückendeckung des Geldgebers erklären, für das aberwitzig anmutende Personalkarussell in Wolfsburg. Volkswagen blickt auf ein Rekordjahr zurück [EXT. Link]. Fast 16 Milliarden Euro Reingewinn - so viel wie noch nie in der Geschichte von Europas größtem Automobilkonzern. Da können 50 Millionen Euro schon einmal wie "Peanuts" erscheinen. VW-Vorstand und VfL-Aufsichtsratsboss Francisco Garcia Sanz sagt dann auch lapidar: "Das was man Magath anheftet - er würde das Geld von VW rausschmeißen - kann man so nicht stehen lassen." Kritik am System Magath kommt indes von außen. "Was in Wolfsburg passiert, das ist ja kaum noch zu glauben. Felix Magath hat diese Saison bereits 36 Spieler eingesetzt.
Da kann kein Plan hinter stehen, da muss etwas falsch gelaufen sein", sagt Trainer-Urgestein Peter Neururer beispielsweise zum Magathschen VfL - dem "Überraschungsei mit wirtschaftlich hervorragendem Hintergrund". 36 eingesetzte Spieler in 20 Spielen sind Rekord. Das weiß Magath, denn auch den alten hielt er inne: In der Saison 2000/2001 brachte es die Frankfurter Eintracht in 34 Spielen auf 35 Spieler. Magath war bis Januar Trainer des Traditionsklubs, der dann mit Rolf Dohmen als Coach abstieg. Ein Schicksal, das Wolfsburg und Magath wohl erspart bleiben wird - gerade wegen des "wirtschaftlich hervorragenden Hintergrunds", denn diesen haben die Mitabstiegskandidaten eben nicht.
Während Wolfsburg vor der Saison ein geschätztes Budget von rund 50 Millionen Euro für die Profis vorweisen kann - und damit zwar hinter Rekordmeister Bayern München (geschätzte 100 Millionen Euro) und dem FC Schalke 04 (geschätzte 60 Millionen Euro) liegt - müssen sich die derzeit fünf hinter dem VfL liegenden Klubs deutlich bescheidener geben: Bei Köln (Tabellenplatz 14) werden die Lizenzspielerkosten immerhin noch auf 27 Millionen Euro geschätzt. Aufsteiger Hertha (16.) folgt mit 24,5 Millionen Euro, Kaiserslautern (17.) mit 15,5 Millionen Euro und Augsburg (15.) mit 15 Millionen Euro. Das Budget des derzeitigen Schlusslichts Freiburg spiegelt den Tabellenplatz wieder: 13,5 Millionen Euro. Mal eben in der Winterpause fast 30 Millionen Euro in neue Spieler investieren? In Kaiserslautern müssen 2,7 Millionen Euro reichen, in Freiburg 1,2 Millionen Euro. Hertha gab gar nur 100.000 Euro aus.
Quelle: ntv.de