Fußball

Triumph und Trauer in Berlin Bayern verabschiedet Hertha

Die Schale steht bereit, die Konfetti-Kanonen sind geladen: Der FC Bayern rüstet sich vor dem letzten Bundesliga-Saisonspiel bei Absteiger Hertha BSC Berlin für den ersten von möglicherweise drei Partyabenden - doch Coach Louis van Gaal fürchtet seine feierwütigen Spieler. Bei Hertha fürchten sie sich vor der 2. Liga, der Gang dorthin ist jedoch unabwendbar.

Louis van Gaal will auch in Berlin jubeln.

Louis van Gaal will auch in Berlin jubeln.

(Foto: dpa)

Die Meister-Krönung gerät zur skurrilen Party. 75.420 Fans werden an diesem Samstag den 22. Meister-Titel des FC Bayern verhalten beklatschen und zugleich Hertha BSC in die 2. Liga verabschieden. So viele Zuschauer waren seit der Modernisierung des Olympiastadions im Jahr 2000 nicht mehr bei einem Spiel der Fußball- Bundesliga in Berlin dabei - möglich macht es eine Zusatz-Tribüne. In den Konfetti-Regen für die Münchner, die in der Tabelle drei Punkte und 17 Tore Vorsprung auf Schalke 04 haben, werden sich Tränen über einen hausgemachten und so besonders bitteren Hertha-Abstieg mischen.

Seit dem 8. August des Vorjahres hat Hertha auf eigenem Rasen nicht mehr gewonnen - ein Hauptgrund für das Desaster. Und nun droht auch noch der traurige Rekord: Gelingt auch gegen die Bayern kein "Dreier", würde Hertha mit 16 Heimspielen nacheinander ohne Sieg die Negativ-Marke von Tasmania aus der Saison 1965/66 (15) toppen, die eigentlich als "ewiger Rekord" galt. Tasmania Berlin hatte damals das erste und das letzte Heimspiel gewonnen.

"Fuß auf dem Gaspedal halten"

Kapitän Mark van Bommel will auch gegen den feststehenden Absteiger Gas geben.

Kapitän Mark van Bommel will auch gegen den feststehenden Absteiger Gas geben.

(Foto: APN)

Bayern-Trainer Louis van Gaal, der als erster niederländischer Coach die deutsche Meisterschale in die Luft strecken darf, hat schon jetzt gedämpftes Feiern angemahnt. Denn mit dem DFB-Pokal-Finale eine Woche später an selber Stelle gegen Werder Bremen und dem Champions-League-Finale am 22. Mai in Madrid gegen Inter Mailand stehen für die Münchner Profis um den Wieder-Nationalkeeper Hans-Jörg Butt noch zwei ganz große Höhepunkte bevor. "Wir müssen den Fuß auf dem Gaspedal halten", forderte Bayern-Kapitän Mark van Bommel.

Deshalb will der praktisch feststehende neue Meister in Berlin bis auf den gesperrten Martin Demichelis mit voller Kapelle antreten, der komplette Kader wird mit in die Hauptstadt reisen. Doch die Münchner wollen sich nicht nur die Schale abholen. "Wir haben noch drei Ziele. Wir wollen die beste Verteidigung bleiben und können noch der beste Sturm werden. Und wir müssen in unserem Flow bleiben", sagte van Gaal. Der obligatorischen Bierdusche nach dem Spiel würde der 58-Jährige, der sich selbst als "Feier-Biest" bezeichnet, am liebsten entgehen: "Ich habe zu meinen Spielern gesagt, dass ich das nicht liebe. Aber okay, das sind die kleinsten Sorgen." Und ergänzte mit einem sanften Lächeln: "Ich muss mich anpassen an die deutsche Kultur."

Präsident Uli Hoeneß beschäftigt sich derweil mit ganz anderen Dingen. Der Klub zieht gegen die internationale Drei-Spiele-Sperre gegen seinen Star Franck Ribery vor den Sportgerichtshof CAS, "bis Mittwoch oder Donnerstag" kommender Woche erwartet er ein Urteil- und ist zuversichtlich."Ich rechne mir gute Chancen aus." Die Feierlaune wollen sich die Bayern von der Causa Ribery, in der Hoeneß der Uefa zudem Parteilichkeit vorwirft, aber nicht verderben lassen.

Friedrich sagt "Adios!"

Für die Berliner Fans wird es auch ein Abschied von vielen ihrer Lieblinge. Kapitän Arne Friedrich, seit acht Jahren bei Hertha und eben von Bundestrainer Joachim Löw in den vorläufigen WM-Kader für Südafrika befördert, wird wie andere Stars von Torwart Jaroslav Drobny bis Stürmer Theofanis Gekas eine neue Herausforderung irgendwo in der 1. Liga suchen. Andere wie Lewan Kobischwili oder Raffael möchte Hertha gern in Liga zwei behalten. Das Pokerspiel hat längst begonnen.

Arne Friedrich wird die Hertha sehr wahrscheinlich verlassen. Coach Friedhelm Funkel würde gern bleiben, darf aber wohl nicht.

Arne Friedrich wird die Hertha sehr wahrscheinlich verlassen. Coach Friedhelm Funkel würde gern bleiben, darf aber wohl nicht.

(Foto: APN)

Hertha hofft, mit der außergewöhnlichen Kulisse die Fans auch ein wenig zu animieren, den angestrebten sofortigen Wiederaufstieg kräftig zu unterstützen. Das WM-Endspiel-Stadion von 2006 wird am Samstag mit 75.420 Fans erstmals ausverkauft sein. Der Bundesliga- Rekord steht aus dem Jahr 1969, als 88 075 Besuchern am 26. September einen 1:0-Sieg der Hertha über den 1. FC Köln gefeiert hatten. "Wir wollen uns nochmals für die außergewöhnliche Unterstützung bedanken und die Fans an uns binden", sagte Manager Michael Preetz.

Für Hertha-Trainer Friedhelm Funkel wird es nach Lage der Dinge die Abschieds-Vorstellung sein. Sein Vertrag hätte sich nur nach einer erfolgreichen Rettungsmission verlängert. Doch schon am vorletzten Spieltag waren alle Hoffnungen der Berliner erloschen. Zwar soll es nach dem München-Spiel nochmals ein abschließendes Gespräch mit Preetz geben, doch die Zeichen stehen auf Trennung. Für Funkel spricht allerdings: Bei seinen bisherigen Stationen in der 2. Liga schaffte er stets in der ersten Saison den Aufstieg.

Quelle: ntv.de, dpa/sid

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