Redelings Nachspielzeit

"Der kann mich am Hobel blasen" Als Hoeneß Schalkes Sonnenkönig fies reinlegte

Schalkes Günter Eichberg.

Schalkes Günter Eichberg.

(Foto: imago/HJS)

Saison 1990/91: Auf Schalke regiert ein Sonnenkönig - und sorgt in der Liga für beste Unterhaltung. Besonders Uli Hoeneß hat Gefallen an dem königsblauen Günter Eichberg gefunden. Doch die Lust an der Frotzelei vergeht dem Manager beim Blick auf die Tabelle. Der 1. FC Kaiserslautern neckt die Bayern am Ende nicht nur!

Auf Schalke träumten sie in der Saison 1990/91 wieder eifrig von der ersten Liga - und hatten dafür auch den perfekten Mann im Verein. Präsident Günter Eichberg nannten sie alle nur den "Sonnenkönig". Ein verrückter Mann mit Visionen. Und so verpflichteten die Königsblauen im Februar den Bayern-Spieler Radmilo Mihajlovic. Doch ganz ohne Nebengeräusche ging der Transfer nicht über die Bühne. Es kam dabei vielmehr zu der mittlerweile schon legendären Privatfehde zwischen dem königsblauen Sonnenkönig Günter Eichberg und Uli Hoeneß. Die Geschichte dieses Streits gelangte an die Öffentlichkeit, weil sich der Bayern-Manager diebisch freute, dass er die Ablösesumme durch einen Trick um eine halbe Million anheben konnte.

Eigentlich war damals schon alles klar: Schalkes Manager Helmut Kremers hatte als fixen Betrag bereits 2,5 Mio. mit den Bayern ausgehandelt. Doch Eichberg wollte lieber selbst ran und verkündete, noch bevor die Verträge unterschrieben war, etwas voreilig den Wechsel des Jugoslawen nach Gelsenkirchen. Das passte Hoeneß überhaupt nicht. Er ließ Eichberg ausrichten: So nicht! Der konterte wiederum selbstsicher: "Der Hoeneß glaubt immer noch, dass er der Größte ist. Der kann mich mal am Hobel blasen."

"Keine Geschichte, in der ich gut abschneide"

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München stellte sich ein bisschen bockig, Eichberg legte noch etwas drauf, und Mihajlovic bekam die Erlaubnis zum Wechsel. Hoeneß jubilierte: "Hätte der Kremers die Verhandlungen geführt, wäre Mihajlovic eine halbe Million billiger gewesen. Wenn wir mit solchen Komödien immer 500.000 Mark verdienen, dann darf mich der Eichberg so oft am Hobel blasen, wie er will. Er braucht nur Ort und Zeitpunkt bekannt geben. Ich bin sofort bereit."

Viele Jahre war Ruhe. Die Geschichte wurde immer weiter ausgeschmückt, bunter und größer. Bis sich eines Tages Günter Eichberg selbst zu Wort meldete, einiges klarstellte und die Story um eine Pointe erweiterte: "Da sind abenteuerliche Sachen im Umlauf. Wahr ist Folgendes - und das ist keine Geschichte, in der ich besonders gut abschneide. Ich war damals selbst in München. Niemand anderes. Und die Ablösesumme mit Bayern war relativ schnell fix. Die haben mir gesagt, du kannst den McInally kriegen oder den Mihajlovic. Einer von beiden konnte damals bei Bayern nur spielen. Ich habe mich für Mihajlovic entschieden. Und die Ablösesumme, das waren damals auch fünf Millionen, die habe ich höchstpersönlich - bis zum heutigen Tag - bezahlt und nicht einen Pfennig davon zurückbekommen. Das ist die Wahrheit und was immer da geschrieben und von wem auch immer behauptet wird, ist totaler Stuss.

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Und das ist hinterher auch noch weitergegangen, weil er ein Handgeld bekam, das musste auch noch versteuert werden - das hatte er natürlich nicht getan, er hatte es nach Jugoslawien geschafft. Dafür musste ich dann auch noch die Steuern bezahlen. Bei den Verhandlungen war ich mit ihm um nur eine Ecke auseinander, was seine eigenen Bezüge anging. Und das Gespräch hat in der Wohnung meines Bruders, der in München wohnte, stattgefunden, also im privaten Zirkel. Mic ging allerdings öfter ans Telefon, und offenbar waren auf der anderen Seite Fritz Scherer, der damals Bayern-Präsident war, und Uli Hoeneß, der schon Manager war, am Telefon. Und die haben ihm immer ins Ohr geflüstert, was er mir sagen soll.

Irgendwann war ich es mal leid, da habe ich gesagt: ›Pass mal auf, Mic, gib das Formular mal her. Ich unterschreib jetzt den Vertrag und habe das Handgeld offen gelassen. Ich gehe jetzt auf die Toilette, und wenn ich wiederkomme, hast du da eine Zahl eingesetzt und unterschrieben oder eben nicht.‹ Und als ich dann wiederkam, habe ich gesehen, dass er eine Zahl eingesetzt hatte, die eher in der Nähe dessen war, was ich mir in unserem Gespräch so vorgestellt hatte - nicht das, was er gedacht hatte. Erst drei Tage später habe ich dann bemerkt, als ich mir das noch einmal angeguckt habe, dass dieser kleine Sausack ein Dollarzeichen davor gemacht hatte. Da war dann nichts mehr zu machen und das wurde auch bezahlt und irgendwann vergessen. Vergeben aber bis heute nicht." Eine irre Geschichte aus einer komplett anderen Zeit der Bundesliga.

"Bayern ist schön. Lautern ist oben."

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Im Kampf um den Titel kam es in der Spielzeit 1990/91 unterdessen zu einer echten Überraschung. In der Sommerpause hatte Leverkusens Reiner Calmund gesagt: "Vor den Bayern brauchen wir uns nicht mehr in die Hosen zu machen. In dieser Saison werden wir am Thron der Münchner kratzen." Das sah Bayerns Lautsprecher Stefan Effenberg allerdings ganz anders: "Die anderen sind zu dumm zum Titelgewinn." Doch wenn zwei sich streiten, freut sich ja bekanntlich häufig der Dritte.

In diesem Fall waren es die "Roten Teufel" aus der Pfalz. Unter der Leitung ihres neuen Trainers Karl-Heinz Feldkamp hatte Kaiserslautern in der Vorsaison ab März eine überragende Serie hingelegt, die Feldkamp zu folgender Aussage verleitete: "Wenn wir eine ganze Saison so gespielt hätten, wären wir vielleicht sogar Meister geworden." Nun schafften sie es tatsächlich - und das, obwohl Uli Hoeneß zwischendurch in seiner süffisant-überheblichen Art gemeint hatte: "Jeder, der Ahnung hat, weiß, dass Kaiserslautern nicht Deutscher Meister wird."

Umso schöner war später die Genugtuung für die "Roten Teufel". Am Ende zeigten sie sich in T-Shirts mit ganz speziellen Aufdrucken: "Bayern ist schön. Lautern ist oben", "München, Weltstadt mit Schmerz", "Bayern sind laut, wir sind Lautern" und "Let's go Viezemeister". Wobei das "ie" in "Vizemeister" absichtlich falsch geschrieben wurde, wie Lauterns Kapitän Stefan Kuntz damals lächelnd erklärte: "Wie ernst wir das nehmen, zeigt die Schreibweise."

Quelle: ntv.de

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