
Gerry Ehrmann ist der Gründer der Gerry-Ehrmann-Schule.
(Foto: imago images/Ferdi Hartung)
Saison 1988/89: Es ist die Spielzeit, als ein gewisser Christoph Daum den mächtigen Bayern-Manager Uli Hoeneß tüchtig ärgert. Der verbale Schlagabtausch der beiden ist TV-Geschichte. Genau wie der ganz spezielle Eklat eines Torwarts. Und am Ende ging es in der Bundesliga so ruppig zu wie bei Bud Spencer und Terence Hill.
In Bremen herrschten in der Spielzeit 1988/89 nicht nur klare Verhältnisse, sondern es dufte auch gelacht werden, wie dieser Witz dokumentiert. Werders Vorsitzender Dr. Franz Böhmert meckerte damals Manager Willi Lemke an: "Ein für allemal: Der Präsident bin immer noch ich!" Lemke konterte ganz cool: "Ach ja, und wer schmeißt den Laden hier bei Werder? Ich doch! Das hat mir der liebe Gott persönlich gesagt!" Von der Seite rief Trainer Otto Rehhagel herein: "Was soll ich gesagt haben?"
Zur Meisterschaft für den "Fußballgott" Rehhagel und seine Bremer Jungs langte es am Ende zwar nicht, aber ein guter dritter Platz setzte die Erfolgsserie der letzten Jahre durchaus fort. Dass es für Werder in dieser Saison schwierig wurde, lag ganz besonders an einem anderen Trainer. Der FC-Coach Christoph Daum gab im Meisterschaftsrennen alles. Vor dem 2:1-Auswärtssieg bei Rehhagels Bremern schickte er den Kölner Geschäftsführer Schänzler zur Bank, um 35.000 Mark abzuheben. Es war die Prämie, die jeder Spieler im Falle des Gewinns der Meisterschaft erhalten sollte. Zusammen mit seinem kongenialen Partner Roland Koch klebte der Motivations-Guru Daum das Geld auf Pappe und pinnte es im Besprechungsraum an eine Tafel. Daum zu seinen verblüfften Spielern: "Damit ihr seht, um was es heute geht!"
Und tatsächlich: Ab dem 24. Spieltag stieg der Druck auf die Bayern. Nach dem Sieg der Kölner in Hamburg und der gleichzeitigen Niederlage des Vorjahreszweiten in Gladbach stand der 1. FC Köln nur noch drei Punkte hinter München in der Tabelle. Doch was sagte Daum: "Wir sind bis auf einen Punkt an den Bayern dran." Der Kölner Trainer baute öffentlich einfach darauf, dass der FC sein Heimspiel gegen die Münchner gewann. Jupp Heynckes reagierte verschnupft auf so viel Offensivdrang: "Der Daum soll Lotto spielen, da kann er Millionär werden, wenn er alles im Voraus weiß!" Das sollte Daum dann doch besser lassen - denn der FC Bayern gewann die Partie im Müngersdorfer Stadion und wurde, wie gehabt, Deutscher Meister.
Historischer Zoff im "Aktuellen Sportstudio"
Doch vor dieser Begegnung am 31. Spieltag kam es noch zu einem echten Highlight in 60 Jahren Bundesliga. Es ist eines der legendärsten Gespräche, die je im "Aktuellen Sportstudio" des ZDF stattgefunden haben. Das Rededuell zwischen Christoph Daum und Udo Lattek auf der einen und Uli Hoeneß und Jupp Heynckes auf der anderen Seite ging in die Geschichte ein. Über Wochen hatte der Kölner Trainer verbale Attacken Richtung München und dort vor allem auf den Coach Jupp Heynckes gefahren. Daum ließ sich zu Äußerungen wie "Heynckes könnte auch Werbung für Schlaftabletten machen" oder "Jeder Wetterbericht ist aussagekräftiger als ein Gespräch mit Heynckes" hinreißen. Als er auch noch sagte: "Die Münchner Journalisten haben mich nach dem Unterschied zwischen Heynckes und einem großen Trainer gefragt", war Bayern-Manager Uli Hoeneß richtig sauer: "Das Semester der Rhetorik hat der Daum wohl versäumt." Auch Heynckes teilte nach dem ersten Schock kräftig aus: "Der Daum ist eine billige Lattek-Imitation. Er hat zu viel Hafenstraßen - und Kreuzberg-Niveau. Er hätte den Knopf finden müssen, um sich abzustellen, der braucht doch Medikamente gegen Höhenrausch."
Von Ferne mischte sich auch noch Erich Ribbeck in den Streit ein und urteilte über Daum: "Dieser Schwartlappen. Ich bin schon länger als zehn Jahre im Geschäft und immer noch dabei. Daum wird in der Bundesliga keine zehn Jahre erleben." Als ARD-Moderator Waldemar Hartmann den Kölner Coach nach der ganzen Geschichte fragte, ob er sich bei Heynckes entschuldigen werde, antwortete Daum: "Wofür? In seinem Schneckenhaus kann man sich ohnehin nicht zu zweit unterhalten!"
Mit einem bisschen Abstand äußerte sich Trainerjüngling Daum etwas moderater: "Ich wollte zwei Dinge erreichen. Ich wollte Meister werden - und den Bayern-Mythos demontieren. Die haben ja immer einen Bonus, weil jeder vor ihnen Angst hat. Sogar ein Unentschieden zu Hause wird als Erfolg gewertet. Die Ansicht von Uli Hoeneß, dass alle Mannschaften gegen die Bayern besonders motiviert sind, stimmt nicht. Alle haben die Hosen voll!"
Eine Hundeschau stört den Liga-Betrieb
Nicht nur verbal wurde die Bundesliga immer handfester: Bochums Stürmer Uwe Leifeld lag fast mehr in Krankenhausbetten als zu Hause im heimischen Ehebett. Eine Narbe am Knie musste mit dreißig Stichen genäht werden. Der behandelnde Arzt meinte hinterher zum Stürmer: "Die erinnern dich immer daran, wie viele Punkte der VfL pro Saison braucht." Leifeld klagte vor allem die Unfairness der gegnerischen Abwehrhaudegen an: "Der Emanuel Günther trat mir zweimal mit den Stollen in die Knöchel und sagte dann zu mir: ›Ich trete dich so klein, dass du nie wieder spielen kannst.‹" Lauterns Torwart Gerry Ehrmann griff ihm in den Schritt und zischte trocken: "Ich reiß dir alles ab!" Besonders harte Jungs seien laut Leifeld vor allem aber die beiden Waldhöfer Roland Dickgießer und Dimitrios Tsionanis: "Die sind wie Bud Spencer und Terence Hill. Die hauen auf alles drauf, was sich bewegt. Die wissen, wie sie an den Schienbeinschützern vorbeitreten müssen, um dich zu treffen."
Einen ersten Höhepunkt der besonderen Sorte hatte die neue Saison schon nach 75 Minuten erlebt. Frankfurts Torhüter Uli Stein hatte da bereits für den ersten großen Aufreger der noch frischen Spielzeit gesorgt. Denn der hatte nach dem 1:0 durch Bayerns Klaus Augenthaler einfach das Spielfeld verlassen und sich kopfschüttelnd an die Werbebande gelehnt. Als Schiri Witke wieder anpfeifen wollte, aber nicht konnte, zögerte er keine Sekunde, eilte zum Torwart und zeigte ihm die Gelbe Karte. Doch da Uli Stein die Entscheidung des Schiedsrichters mit Applaus bedachte, sah er daraufhin auch noch die Rote Karte und war anschließend verzweifelt: "Ich habe nichts gesagt!"
Schiedsrichter Witke argumentierte nüchtern: "Wir sind dazu angehalten, den Regeln Geltung zu verschaffen!" Irritiertes Staunen ob der harten Regelauslegung des Schiris allenthalben. Nur Eintracht-Trainer Kalli Feldkamp fand schnell die Worte wieder: "Ich glaube nicht, dass der Schiedsrichter wegen der Hitze so schlecht gepfiffen hat. Denn dann dürfte er ja nie mehr pfeifen, wenn die Sonne scheint!" Zur Verteidigung von Schiri Witke sei aber auch gesagt: Es war nicht der erste Platzverweis von Uli Stein in seiner Karriere.
Und ein Bonmot zum Schluss. Heute undenkbar, damals noch durchaus normal: Wegen einer Hundeschau wurde eine Bundesligapartie verlegt. Das Heimspiel des SV Werder Bremen gegen Borussia Dortmund musste wegen der Invasion der Vierbeiner später stattfinden.
Quelle: ntv.de