Redelings Nachspielzeit

Redelings über die Legende Frosch "Mein schwerster Gegner war die Kneipe"

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"Ich habe fast alle meine Gelben wegen Foulspiels gekriegt. Denn ich habe meine Kontrahenten oft zusammen mit dem Ball umgenietet": Walter Frosch, hier im Jahr 2001.

"Ich habe fast alle meine Gelben wegen Foulspiels gekriegt. Denn ich habe meine Kontrahenten oft zusammen mit dem Ball umgenietet": Walter Frosch, hier im Jahr 2001.

Ein Walter Frosch spielt nur in der A-Mannschaft oder in der Weltauswahl, hat er einmal gesagt. Oder beim Tag der Legenden. Vor drei Jahren verstarb der gebürtige Ludwigshafener. Seine Sprüche und Anekdoten bleiben unvergessen!

Am Wochenende fand in Hamburg wieder der "Tag der Legenden" statt. Ein Turnier mit vielen (Alt-)Stars für den guten Zweck. Ich muss an diesem Tag immer an Walter Frosch denken. Neun Jahre ist es jetzt her, dass der Ex-Pauli-Profi einem NDR-Reporter am Spielfeldrand dieses legendäre Interview gab. Der TV-Mann fragte Frosch damals mit einem Blick hinunter an den schlanken Beinen des Verteidigers entlang: "Was haben Sie denn da unten in Ihren Stutzen drin?"

Frosch antwortete mit rauchig-knarzender Stimme kurz und knapp, als wäre es das Selbstverständlichste der Welt: "Zigaretten." Der Reporter: "Bitte?" Frosch: "Zigaretten." Der Reporter jovial: "Jetzt erst einmal eine durchziehen?" Frosch: "Nachher." Der Reporter fordernd: "Warum haben Sie das dann mit auf dem Spielfeld?" Frosch logisch: "Ich bin schnell eingewechselt worden, da habe ich sie noch dabei gehabt." Die wunderbare Kippen-Geschichte, die den raubeinigen Abwehrspieler über Nacht zu einem Star auf YouTube werden ließ, konnte der ehemalige Pauli-Sportchef Helmut Schulte mit einer anderen Anekdote an einem launigen Abend noch toppen: "Das mit der Schachtel Zigaretten, die er auf der Bank dabei hatte, ging ja fast noch. Bei einem dieser Legenden-Turniere hat Froschi plötzlich unten auf dem Rasen einen Batzen Geldscheine in der Tasche gehabt - und wusste nicht wohin damit. Das war einer dieser berühmten Walter-Frosch-Momente!"

"Auch abseits des Platzes ordentlich geglänzt"

Trainer Klaus Toppmöller erinnert sich gerne an ihn: "Die absolute Krönung aber war mein Kumpel Walter Frosch. Ein sehr guter Spieler, der es auch abseits des Platzes verstand, ordentlich zu glänzen. Schon damals rauchte und trank er, bis sich die Balken bogen." Schiedsrichter Walter Eschweiler hat damals beim Legenden-Tag über Frosch gesagt: "Das ist ein anständiger Junge. Ich kenne ihn jahrelang. Er hat immer versucht, sauber und fair zu spielen." Betonung auf "versucht". Denn geklappt hat es nicht immer: "Ich habe fast alle meine Gelben wegen Foulspiels gekriegt. Denn ich habe meine Kontrahenten oft zusammen mit dem Ball umgenietet."

Es geht die Sage um, dass einzig und allein wegen Walter Frosch vom DFB die Sperre nach einer gewissen Anzahl von Gelben Karten in einer Saison eingeführt wurde. Anhand der gängigen Statistiken ist diese These allerdings nicht belegbar. Dennoch behaupten Zeitzeugen immer noch, dass der beinharte Verteidiger einmal in einer Spielzeit auf 27 Gelbe Karten gekommen sein soll. Danach hätte der DFB reagieren müssen. Angefangen hat Froschs Karriere beim Heimatverein Fritz Walters, dem SV Alsenborn.

Ben Redelings ist "Chronist des Fußballwahnsinns" (Manni Breuckmann) und leidenschaftlicher Anhänger des VfL Bochum. Der Autor, Filmemacher und Komödiant lebt in Bochum und pflegt sein Schatzkästchen mit Anekdoten. Seine kulturellen Abende "Scudetto" sind legendär. Für n-tv.de schreibt er stets dienstags die spannendsten und lustigsten Geschichten auf. Sein Motto ist sein größter Bucherfolg: "Ein Tor würde dem Spiel gut tun".

Der Weltmeister hat ihn damals auch zum FC Bayern München vermittelt, ohne zu ahnen, dass der gebürtige Ludwigshafener bereits bei Walters großer Liebe, dem 1. FC Kaiserslautern, unterschrieben hatte. Doch das interessierte Bayerns Manager Robert Schwan nicht. Er versicherte, er werde das mit dem Vertrag schon regeln, und Frosch solle mal schnell runter nach München kommen. Die Mannschaft würde ihn schon sehnsüchtig erwarten. Einen guten Verteidiger könne man immer gebrauchen. Doch weit gefehlt. Das Team empfing den Dörfler mit der typischen Bayern-Arroganz. Walter Frosch fühlte sich sehr unwohl. Auf der einen Seite diese vielen Superstars, auf der anderen diese Kälte, mit der sie ihn empfingen. Das konnte nicht gut gehen. Als Jupp Kapellmann ihn schließlich auch noch anmachte, wurde es Frosch zu bunt. Er verpasste dem späteren Doktor eine Ohrfeige. Glück im Unglück: Der bereits unterzeichnete Vertrag mit Kaiserslautern war doch nicht so leicht aus der Welt zu schaffen, wie Schwan gedacht hatte, und so landete Frosch nach einer kurzen Auszeit - die er auf Mallorca genoss - beim FCK.

Walter Frosch 1976 im Trikot des FC St. Pauli.

Walter Frosch 1976 im Trikot des FC St. Pauli.

(Foto: imago/Metelmann)

Dort lief gleich alles viel besser als bei den Bayern, doch kleinere körperliche Auseinandersetzungen waren für Frosch auch in Kaiserslautern nicht tabu. Sein Mitspieler Klaus Toppmöller erinnert sich an einen gemeinsamen Kneipenabend. Damals habe ein "ungefähr ein Meter größerer und drei Meter breiter" Typ schlecht über die Roten Teufel geredet. Das habe keinem in der Kneipe sonderlich gut gefallen, doch nur Frosch habe sich dagegen gewehrt. "Noch ein Wort, und ich hau dir auf die Fresse", habe er gesagt. Doch leider blieb es, so Toppmöller, an diesem Abend nicht bei einer verbalen Auseinandersetzung. Am folgenden Morgen sei Frosch "völlig ramponiert" zum Training erschienen: "Ihm hat ein Zahn gefehlt, und seine Augen waren dick geschwollen."

Ein anderes Mal hatte Walter Frosch (sein Wahlspruch lautete: "Mein schwerster Gegner war immer die Kneipe") die Nacht in einer Bar einfach etwas länger werden lassen. Als er am nächsten Tag hoch zum Betzenberg fuhr, steckte er sich genüsslich eine Kippe an, die genau in dem Moment zu Ende glühte, als er in der Umkleidekabine ankam. Ohne zu schauen, nutzte er das geöffnete Fenster, um den Stummel hinaus auf die Straße zu befördern. Dumm nur, dass draußen genau in diesem Moment Trainer Erich Ribbeck vorfuhr und sein Cabrio durch Froschs Kippenwurf zum Aschenbecher umfunktioniert wurde. Frosch duckte sich weg, aber das half nichts. Ribbeck raunte ihm nur ein bitter-süßes "Warte nur, mein Freundchen!" zu. Eine Viertelstunde später absolvierte Walter Frosch ein privates Straftraining im Stadion - mit Hans-Peter Briegel, der "Walz aus der Walz", auf dem Rücken.

Frosch hat einmal gesagt: "Die Lust auf Zigaretten beginnt, sobald ich morgens aufstehe. Ich vermisse es. Ihr könntet mir das Mädchen von Seite eins nackt auf den Bauch binden. Ich würde sie sofort gegen eine Zigarette eintauschen." Walter Frosch hat seine Leidenschaft fürs Rauchen teuer bezahlt. Der Lungenkrebs hat eines Tages Besitz von seinem Körper genommen. Trotzdem konnte Frosch es nicht lassen. "Ich würde lieber eine rauchen als vögeln", sagte er einmal durch eine Maschine am Hals, die ihm das Sprechen ermöglichte. Doch den Humor hatte Walter Frosch nicht verloren. Auf die Frage, ob er denn bald mal wieder am "Tag der Legenden" dabei sein würde, antwortete er: "Für einen Sprint einmal quer über den Platz würde es reichen. Dann muss ich aber wieder in den Rollstuhl." Dazu ist es leider nicht mehr gekommen. Auf ewig unvergessen bleibt Walter Frosch auch so.

Mit Auszügen aus Ben Redelings' aktuellen Buch: "Die Bundesliga, wie sie lebt und lacht: Zum Schießen komische Momente von Ahlenfelder bis Zebec" bei Amazon bestellen. Außerdem ist er gerade live mit seinen Programmen unterwegs: Infos und Tickets zur Tour.

Quelle: ntv.de

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