Fußball-WM 2018

So läuft das Spiel gegen Frankreich Die Herren sind gereizt und reden Tacheles

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(Foto: picture alliance / dpa)

Im Viertelfinale gegen Frankreich wollen die deutschen Fußballer zeigen, dass nicht alles für die Tonne ist bei dieser WM. Nun müssen sie sich entscheiden, ob sie glänzen oder gewinnen wollen. Oder doch beides?

Worum geht's?

Das weiß die deutsche Nationalmannschaft spätestens seit dem Achtelfinale gegen Algerien: Hauptsache gewinnen. So hat es Bundestrainer Joachim Löw in Brasilien verkündet. Und im Prinzip ist das ja auch für ein Viertelfinale bei einer Fußball-Weltmeisterschaft keine schlechte Idee. Gegen Frankreich zu glänzen und dann doch auszuscheiden, das ist auch irgendwie doof. Oder, um mit Per Mertesacker zu sprechen: "Was wollen Sie jetzt von mir?" Der Diogenes unter den Innenverteidigern hatte sich unter der Woche in seine Eistonne verzogen. Vielleicht hat er dort darüber nachgedacht, ob nicht doch beides geht. Also schön spielen und gewinnen. Beides könnte doch irgendwie zusammenhängen. Fest steht jedenfalls: Die Franzosen sind keine Karnevalstruppe. Oliver Bierhoff, Manager der DFB-Elf, sagt sogar: "Im Moment kann man Frankreich eher in der Favoritenrolle sehen." Das ist schlau. Von einem Außenseiter erwartet zumindest niemand brillanten Fußball.

Wie stehen die Vorzeichen?

Außenseiter? Das ist natürlich maßlos übertrieben. Im Grunde liegt die deutsche Mannschaft auf Kurs, auch eingedenk der Tatsache, dass selten jemand Weltmeister geworden ist, der nicht zumindest ein Spiel dabei hatte, in dem es nicht so lief. Das hätten die Löw’schen Eleven ja mit dem Achtelfinale abgehakt. Jetzt geht es darum, daraus die Lehren zu ziehen und zu erkennen, dass fehlerhafter Ballbesitzfußball weder schön anzusehen ist, noch den großen Erfolg bringt.

So gilt es als nicht unwahrscheinlich, dass der Bundestrainer seine Mannschaft umstellt. "Den Matchplan habe ich schon im Kopf." Da der Dortmunder Mats Hummels wieder fit ist, wird er im Maracanã zusammen mit Diogenes Mertesacker die Innenverteidigung bilden. Und wer den Worten Löws auf der Pressekonferenz in Rio vor dem Spiel aufmerksam gelauscht hat, der konnte heraushören, dass Kapitän Philipp Lahm die rechte Abwehrseite übernimmt und Jérôme Boateng nach links wechselt. Altmeister Bastian Schweinsteiger würde bei dieser Variante zusammen mit Toni Kroos und Sami Khedira das zentrale Dreieck im Mittelfeld bilden. Die Frage ist, ob der gegen Algerien starke André Schürrle, sei es auf der linken oder rechten Außenbahn, seine Chance in der Startelf bekommt  - und statt seiner Mario Götze erst einmal auf der Bank Platz nimmt. Und vorne? Wird wohl Thomas Müller beginnen.

Frankreich - Deutschland, 18 Uhr in Rio

Frankreich: Lloris - Debuchy, Varane, Sakho, Evra - Cabaye - Pogba, Matuidi - Valbuena, Giroud, Benzema. - Trainer: Deschamps
Deutschland: Neuer - Lahm, Mertesacker, Hummels, Boateng - Khedira - Schweinsteiger, Kroos - Schürrle, Müller, Özil. - Trainer: Löw
Schiedsrichter: Nestor Pitana (Argentinien)

Wie ist die DFB-Elf drauf?

Ein wenig gereizt sind sie schon, die Herren Nationalspieler. Im Namen der Mannschaft hatte sich, wie wir berichteten, Müller darüber beschwert, dass die Kritiker zu hart kritisieren. "Man kann doch sagen, das Spiel war Mist, aber wenn die Mannschaft das und jenes besser macht, wird es werden. Und nicht: Gegen Frankreich fliegen wir sowieso raus, denn die sind im Vergleich zu unserer Leistung ja eine Übermannschaft." Haken wir das ab und blicken nach vorne. Dass die deutsche Mannschaft gegen Frankreich gewinnt, wird nicht dadurch unwahrscheinlicher, dass sie sich gegen Algerien zur schlechtesten ersten Halbzeit bei einer WM seit dem Viertelfinalaus 1998 in Frankreich gegen Kroatien hat hinreißen lassen. Aber wahrscheinlicher eben auch nicht. "Natürlich ist nicht alles optimal gelaufen. Intern wird auch Tacheles geredet", sagte Torwarttrainer Andreas Köpke. Aber wer auch immer gegen Frankreich spielt: Es sind immer die gleichen Kandidaten, die infrage kommen. 16 Spieler hat Löw bisher eingesetzt, die restlichen 7 werden den Ausflug nach Brasilien wohl komplett als Touristen erleben. Es kommt heute also auf die an, die es auch bisher in der Hand hatten. Ob das eine gute oder schlechte Nachricht ist, wissen wir dann heute Abend.

Wie läuft's bei den Franzosen?

Deutschlands neuer Libero Manuel Neuer hält die Franzosen für die "stabilste Mannschaft" im Turnier. Was Bierhoff über den Gegner sagt, wissen wir. Aber was sagen die so Gelobten selbst? Trainer Didier Deschamps weist erst einmal die Favoritenrolle zurück: "Das ist lieb von ihm." Der DFB-Manager kann "alles Mögliche sagen - ich auch. Es gibt immer Mannschaften, die man herausheben kann - auch Deutschland und uns". Nachhaltig beeindruckt vom Auftreten seines Viertelfinalgegners bei diesem Turnier zeigte der listige Fußballlehrer sich allerdings nicht: "Wir haben keinen Grund, Angst zu haben. Deutschland ist solide und erfahren". So spricht einer, dem es gelungen ist, nach der desaströsen WM in Südafrika 2010 in zwei Jahren Amtszeit aus einer Chaostruppe ein Team - um den 21 Jahre alten Mittelfeldspieler Paul Pogba von Juventus Turin - zu machen, das als mittlerweile ernsthafter Anwärter auf den Titelgewinn durchgeht. Sein Motto lautet: "In allen Gruppen mögen sich manche mehr und manche weniger. Wichtig ist es, auf dem Platz eine Einheit zu sein." Dass Franck Ribéry verletzt fehlt, scheint niemanden zu stören.

War sonst noch was?

Aber ja. Die Erinnerung an die WM 1982 in Spanien nämlich. Schon vor dem Spiel gegen Algerien haben alle über die "Schande von Gijón gesprochen. Und nun geht es darum, wie der deutsche Torhüter Toni Schumacher im Halbfinale am 8. Juli vor 32 Jahren in Sevilla nach einer knappen Stunde Patrick Battiston seinen Ellenbogen ins Gesicht gerammt hat. Der Franzose blieb bewusstlos und mit herausgeschlagenen Zähnen liegen. Schumacher durfte weiterspielen, hielt nach dramatischer Verlängerung, in der die DFB-Elf ein 1:3 egalisierte, zwei Elfmeter und sagt heute: "Ich habe ja zwei WM-Finals erlebt und Pokal- und andere Endspiele. Da waren Highlights dabei. In der Gesamtheit war es aber das emotionalste Herzinfarktspiel aller Zeiten." Dennoch bleibt sein übles Foul in Erinnerung, zumal er nach dem Spiel zu Protokoll gab, er werde seinem Opfer gerne die Jacketkronen bezahlen. Davon will Schumacher nun nicht mehr wissen. "Für mich und Patrick ist die Sache verarbeitet und erledigt, seitdem ich mich mit ihm ausgesprochen und entschuldigt habe. Punkt."

Quelle: ntv.de

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