Wider den Geist von Guardiola Löw wagt den Schritt zurück ins Glück
05.07.2014, 17:19 Uhr
Ohne Worte.
(Foto: AP)
Als Bundestrainer hat Joachim Löw das DFB-Team auf rasanten Offensivfußball verpflichtet. Unumstritten war er trotzdem nie. Gegen Frankreich hinterfragt sich Löw selbst und beweist Stärke: Er hat aus den titellosen Turnieren gelernt.
Und er hat doch verstanden. Joachim Löw hat gegen Frankreich alles richtig gemacht, auch weil er sein eigenes System hinterfragt und verändert hat. Der Bundestrainer hat genau hingehört in den vergangenen Tagen im Campo Bahia. Auf seine Kritiker und auf seine Mannschaft. Engstirnigkeit und Beratungsunfähigkeit waren ihm zumindest unter vorgehaltener Hand vorgeworfen worden.
Zu sehr lebte in Löw der Geist eines gewissen Pep Guardiola. Er war zu hundert Prozent davon überzeugt, dass Lahm im Mittelfeld und die falsche Neun im Sturm den Weg zum Titel ebnen. Vielleicht glaubt er dies sogar immer noch. Aber anders als noch bei der EM 2012, als Löw stur seinen eigenen Weg ging und das Halbfinale gegen Italien vercoachte, ist der Bundestrainer sensibler geworden. Ob es nun die öffentliche Kritik nach dem Algerien-Spiel war, die ihn zum Umdenken gebracht hat, oder das Hineinhorchen in seine Mannschaft: Löw hat seine Schlüsse gezogen. Ganz nach dem Motto: Nur wer sich ändert bleibt sich treu.
Eine fantastische Philosophie
Seit acht Jahren verkörpert er eine fantastische Philosophie vom Offensiv-Fussball, hat der DFB-Elf auf und neben dem Platz ein unglaublich positives Image verpasst. Er lässt von wenigen Ausnahmen abgesehen einen begeisternden Ball spielen. Von diesem Kurs schien die Mannschaft abzukommen, vielleicht auch weil der Bundestrainer zuviel wollte.
Löw drehte nun, gerade noch rechtzeitig, die entscheidenden Stellschrauben wieder zurück, vielleicht sogar gegen seine grundsätzliche Überzeugung: Lahm und Khedira als Doppelsechs, Klose im Sturm, zurück zum 4-2-3-1. Das ist als Stärke und nicht als Schwäche zu sehen und wird ihm bei dieser absolut intakten Mannschaft auch nicht als solche ausgelegt.
Behält Löw seine sensiblen Antennen, hört er weiter ganz genau hin und spielt er mit dieser Mannschaft - vielleicht auch nicht immer voller Überzeugung - das Gelernte und Machbare, dann kann er seine bisher erfolgreiche Arbeit in acht Tagen endgültig krönen. In Rio. Mit dem WM-Titel.
Quelle: ntv.de