Fußball-WM 2018

Zapp Maier - die WM-TV-Kolumne Wer lauter singt, der gewinnt? Nee!

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(Foto: picture alliance / dpa)

Taktische Kniffe, Aufstellungen, Positionswechsel - vor dem Anpfiff des Spiels Brasilien gegen Deutschland alles nebensächlich. Im Mittelpunkt stehen die Teams während der Hymnen. Wer singt mit, wer nicht? Und vor allem: Wer heult da schon wieder?

Das Bild, das vom Eröffnungspiel bis heute - im wahrsten Sinne des Wortes - nachhallt: das Gesicht von David Luiz, der vor dem WM-Auftaktkick gegen Kroatien die Nationalhymne seines Landes so enthusiastisch mitsingt, als gälte es, nicht nur sich und sein Land Brasilien, sondern auch noch irgendeine imaginäre Jury von Kampfgeist und nationaler Beseeltheit zu überzeugen.

Eher wortkarg bei der deutschen Hymne (v.l.): die Herren Khedira, Boateng und Özil.

Eher wortkarg bei der deutschen Hymne (v.l.): die Herren Khedira, Boateng und Özil.

(Foto: imago/Moritz Müller)

Und die Zeilen haben es ja auch in sich. Beispiel gefällig? "Wenn wir uns im Namen der Gerechtigkeit dem Kampf stellen, wirst du sehen, dass keiner deiner Söhne flieht, und, dass niemand, der dich liebt, den eigenen Tod fürchtet." Starker Tobak. Und das vor einem schnöden Fußballspiel. Auf in den Kampf, für Volk und Vaterland. Mit einer, nein, tausend Tränen im Knopfloch und das schon vor dem Anpfiff.

Bilder und Emotionen, die Bundesinnenminister Thomas de Maizière gefallen dürften. Dem ist zuwenig nationaler Zug drin. Der Mann wünscht sich von den deutschen Fußball-Nationalspielern mehr Gesangseifer bei der Hymne. Wie drückte er es noch gleich aus? Es störe ihn "schon ein bisschen", dass nicht alle Nationalspieler die deutsche Hymne vor Länderspielen mitsingen würden.

"Wat wolln Se denn?"

Im Forum einer großen deutschen Tageszeitungen fährt man dazu gleich härtere Geschütze auf: "Mitsingpflicht für Deutsche" wird da gefordert. Und wer sich weigert? "Gar nicht erst aufstellen!" Und jetzt alle: Steht auf, wenn ihr Deutsche seid. Auweia.

Probleme mit der Hymne hatte zuletzt auch Brasiliens Coach Luiz Felipe Scolari. Aber nicht etwa, weil sein Team nicht genug trällert - im Gegenteil, sie hängen sich, siehe oben, viel zu sehr rein. Schmettern, schluchzen, heulen - und sind schon vorm Anpfiff ganz mitgenommen und verweint und finden vor lauter Gefühligkeit kaum ins Spiel. Das Gerücht, Scolari hätte einen Sportpsychologen einschalten wollen, um den Wasserschaden zu beheben, erhält vor dem Anpfiff des Halbfinal-Spiels gegen Brasilien Nahrung: Die Spieler der Seleção vergießen tatsächlich keine Tränen.

Bei den Deutschen dagegen das gewohnte Bild, de Maizière dürfte erneut not amused sein. Wieder singen einige mit, andere lassen es sein. "Wat wolln Se denn?" möchte man den Bundesinnenminister fragen, "sollen wir wieder ausscheiden und haben schön gesungen?" Eher nicht. Und eine gute halbe Stunde später, die deutsche Mannschaft führt da schon 5:0, wird klar, welche taktische Entscheidung - ihre einzig richtige an diesem Abend - die brasilianischen Kicker getroffen haben: Sie haben sich die Tränen für die Zeit nach dem Schlusspfiff aufgespart.

Quelle: ntv.de

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