"5:4-Liga" am siebten Spieltag Erlebnis statt Ergebnis
03.10.2008, 12:06 UhrEs gab eine Zeit, in der böse Zungen die Bundesliga auf den hämischen Namen "1:1-Liga" tauften. Neidvoll schaute man damals nach England und Spanien, wo mutig nach vorne gespielt wurde, während hiesige Fußballer den Ball lieber ein paar Mal quer legten und ihn danach gekonnt zum Torwart zurückpassten. Alles vergessen. Seit dem vergangenen Wochenende sollte die Bundesliga "5:4-Liga" heißen, denn in den ersten 45 Minuten des sechsten Spieltags fielen unglaubliche 14 Tore. Die meisten natürlich in Bremen, wo das Anhäufen von Toren und Gegentoren inzwischen fest zum Konzept gehört.
Sechs Gegentore kassierten die Bremer in den jüngsten zwei Spielen. Eigentlich eine grausige Quote. Da sie dafür aber zehnmal selber einnetzten, werden sie eifrig beklatscht für ihren Erlebnisfußball. Der machte beim Champions League Gastspiel gegen Inter Mailand mal kurz Pause, soll aber im Stuttgarter Gottlieb-Daimler-Stadion wieder wie gewohnt praktiziert werden. Die Stuttgarter hingegen setzten bisher eher auf Ergebnis- statt Erlebnisfußball, gerne auch mal komplett ohne eigene Tore wie bei den Auftritten gegen Leverkusen, Hoffenheim und Dortmund. Verantwortlich dafür ist das große Loch im Stuttgarter Mittelfeld, genau an der Stelle, an der in anderen Teams ein Spielmacher steht. Beim VFB standen da bisher Martin Lanig und Jan Simak und spielten genau wie ihre Kollegen eine Reihe schöner Fehlpässe. Wenigstens konnte sich Armin Vehs Truppe im Uefa-Cup mit zwei späten Toren zu etwas Selbstvertrauen verhelfen. Außerdem haben die Schwaben bei Spielen gegen Bremen bisher nur selten mit Toren gegeizt. Vor allem das letzte Aufeinandertreffen passte gut ins Konzept der neuen 5:4-Liga, denn es fielen neun Tore, sechs davon für den VFB.
Hertha dagegen torarm
Der Hauptstadtclub Hertha BSC Berlin sieht sich dagegen weiter der Tradition des Tor-armen Spiels verpflichtet. Eine besonders beeindruckende Vorstellung dieser Kunst war das 0:0 gegen den irischen Vizemeister St. Patrick's Athletic im Uefa Cup. Bester Berliner war der Pfosten, der zweimal in höchster Not rettete. Gegen Leverkusen sollten sich die Hauptstädter nicht zu sehr auf ihren Retter aus Aluminium verlassen, denn die Werkself weiß sehr wohl, wie man den Ball zwischen den Torbegrenzungen unterbringt. Vor allem Patrick Helmes, der mit seiner Traumquote von sieben Toren in sechs Spielen dafür gesorgt hat, dass Leverkusen sich langsam zum Meisterschaftsfavoriten mausert.
Während dessen brauen sich über Mönchengladbach passend zum Herbst dunkle Wolken zusammen. Nach drei Niederlagen in Folge sind die Gladbacher vor dem Derby gegen Köln da, wo niemand hinwill: am Tabellenende. Trainer Jos Luhukay scheint den Ernst der Lage aber noch nicht erkannt zu haben, denn er ließ seine einzigen qualifizierten Offensivkräfte, Marko Marin und Oliver Neuville, am vergangenen Wochenende über 60 Minuten auf der Bank schmoren. Als Konsequenz brachten die Gladbacher im ganzen Spiel nur fünf Torschüsse zu Stande und Trainer Luhukay fast um seinen Job. Gegen Köln muss er punkten, sonst gibt es wohl die erste Trainer-Entlassung der neuen Saison. Mut machen ihm die Statistiker, die vorrechneten, dass Gladbach die letzten sechs Heimspiele gegen Köln alle gewonnen hat.
Malte Buhse, Sportjournalist und begeisterter Hobbykicker, wirft für n-tv.de jeden Freitag einen Blick auf das kommende Bundesligawochenende.
Quelle: ntv.de