Wellbrocks unglaubliches Rennen Das war die Olympia-Nacht zu Donnerstag
05.08.2021, 07:04 Uhr
Florian Wellbrock lieferte ein fantastisches Rennen.
(Foto: picture alliance / Xinhua News Agency)
Die Nacht zu Donnerstag beginnt mit einer rein sportlichen olympischen Demonstration: Florian Wellbrock schwimmt in einem "gigantischen Rennen" zu freiwasser-Gold. Auch die zweite deutsche Medaille der Nacht wird aus dem Wasser gefischt. Es gibt aber auch Enttäuschungen.
Schwimmen, Freiwasser: Florian Wellbrock hat sich zum Olympiasieger gekrönt. Mit einer Demonstration der Stärke schwamm der 23-Jährige in der Nacht zur ersten Goldmedaille für den Deutschen Schwimm-Verband seit 13 Jahren. Im Freiwasserrennen über zehn Kilometer bestimmte der Doppel-Weltmeister mit dem Selbstverständnis eines Champions vom Start an das Geschehen und schlug nach etwas weniger als 1:50 Stunden vor dem Ungarn Kristof Rasovszky und dem Italiener Gregorio Paltrinieri an. Wellbrocks Teamkollege Rob Muffels, immerhin WM-Dritter, kam abgeschlagen ins Ziel.
Für die deutschen Schwimmer war es nach Bronze für Wellbrock und dessen Verlobte Sarah Köhler im Becken über 1500 Meter Freistil die dritte Medaille von Tokio. Erfolgreicher waren die Schwimmer zuletzt 2008 in Peking, als sich Britta Steffen zur Doppel-Olympiasiegerin krönte und Rekordweltmeister Thomas Lurz Bronze im Freiwasser gewann. Damals gab es insgesamt fünf Medaillen für den DSV.
Hockey: Deutschlands Hockey-Herren kehren erstmals seit 21 Jahren ohne Medaille von Olympischen Spielen zurück. Die Auswahl des Deutschen Hockey-Bundes verlor das kleine Finale gegen Indien mit 4:5 (3:3) und ging als Vierter leer aus. Zuletzt war das DHB-Team 2000 in Sydney ohne Edelmetall geblieben. Danach hatte es 2004 in Athen und 2016 in Rio jeweils Bronze sowie 2008 in Peking und 2012 in London sogar Gold gegeben. In einer dramatischen Partie erzielten Timur Oruz in der 2. Minute, Niklas Wellen (24.), Benedikt Furk (25.) und Lukas Windfeder (48.) die deutschen Tore. Für Indien trafen Simranjeet Singh (17./34.), Hardik Singh (27.), Harmanpreet Singh (29.) und Rupinder Pal Singh (31.) per Siebenmeter.
Tischtennis: Deutschlands Tischtennis-Frauen haben die Bronzemedaille verpasst. Fünf Jahre nach der überraschenden Silbermedaille von Rio mussten sich Han Ying, Petrissa Solja und Shan Xiaona Hongkong mit 1:3 geschlagen geben. Der Sieg im Doppel von Solja und Shan war im Spiel um Platz drei zu wenig. Damit bleibt der Erfolg von 2016 vorerst die einzige olympische Medaille für die deutschen Tischtennis-Frauen. Die Männer um Einzel-Bronzegewinner Dimitrij Ovtcharov wollen am Freitag (12.30 Uhr MESZ) ihren Finaleinzug im Team-Wettbewerb mit der erhofften Goldmedaille veredeln. Gegner im Endspiel ist allerdings das an ein eins gesetzte China.
Kanu: Zum ersehnten Gold reichte es nicht ganz für Max Hoff und Jacob Schopf, doch auch mit Silber waren die beiden Weltmeister im Kajak-Zweier glücklich. Kurz nach der Zieldurchfahrt umarmten sie sich, lagen Boot an Boot mit den Siegern Jean van der Westhuyzen und Thomas Green aus Australien. 0,304 Sekunden fehlten den beiden über die 1000 Meter auf dem Sea Forest Waterway nach einem wahren Kanu-Krimi. Dritte wurden die Tschechen Josef Dostal und Radek Slouf. "Das war wichtig, das Boot war eine unserer Medaillen-Bänke. Es ist aber auch offensichtlich, dass die Ozeanien-Länder wie Australien und Neuseeland eine prima Vorbereitung hatten", sagte Kanu-Sportdirektor Jens Kahl. Nach Bronze durch Sebastian Brendel/Tim Hecker im Canadier-Zweier war es die zweite Medaille für den Deutschen Kanuverband bei den Sommerspielen in Tokio.
Leichtathletik: Kugelstoß-Koloss Ryan Crouser ist auch in Tokio unschlagbar gewesen. Nach 2016 in Rio gewann der 28 Jahre alte US-Amerikaner die zweite Goldmedaille. Bei dem Weltrekordler und WM-Zweiten stellte sich nicht die Frage, ob er gewinnt, sondern mit welcher Weite. Auch in Japans Hauptstadt katapultierte der aus Portland stammende Crouser mit seiner Drehstoßtechnik die Eisenkugel über 23 Meter auf 23,30 Meter - nur sieben Zentimeter von seiner Weltrekordweite entfernt. 23,37 Meter hatte er am 18. Juni in Eugene gestoßen. Die Konkurrenten im Olympia-Finale waren ihm nicht gewachsen: Sein Landsmann und zweimalige Weltmeister Joe Kovacs holte mit 22,65 Metern wie vor fünf Jahren in Rio Silber. Auch Tomas Walsh aus Neuseeland wiederholte mit 22,47 Metern seinen olympischen Bronzegewinn. Wegen einer Rückenverletzung konnte David Storl (SC DHfK Leipzig), der Olympia-Zweite von 2012, in dieser Freiluftsaison keine Wettkämpfe bestreiten und sich für die Tokio-Spiele qualifizieren.
Leichtathletik II: Die Frankfurter Weltklasse-Siebenkämpferin Carolin Schäfer hat einen empfindlichen Rückschlag am zweiten Wettkampftag erlebt. Im Weitsprung kam die 29-Jährige nur auf schwache 5,78 Meter und rangiert auf Rang zwölf mit 4584 Punkten. Die Bestleistung der früheren WM-Zweiten und Olympia-Fünften steht bei 6,57 Metern. Ein enges Rennen um den Olympiasieg liefern sich die niederländische Ex-Europameisterin Anouk Vetter (4965 Punkte) und Nafissatou Thiam (Belgien), die nur vier Zähler weniger sammelte.
Der Olympia-Vierte von Rio, Kai Kazmirek, hat einen schwachen Start in den zweiten Tag des Zehnkampfes gehabt. Im Hürdensprint reichte es nur zu 14,53 Sekunden. Damit konnte der 30-Jährige von der LG Rhein-Wied aber seinen 13. Platz mit 5113 Punkten verteidigen. Mit der Medaillenvergabe dürfte er nichts mehr zu tun haben. Nach sechs Disziplinen liegt bisher unangefochten der Kanadier Damian Warner mit 5767 Punkten an der Spitze. Zweiter ist der Australier Ashley Moloney mit 5605 Punkten. Weltrekordler Kevin Mayer aus Frankreich ist mit 5327 Zählern nur Vierter. Medaillenmitfavorit Niklas Kaul hatte bei seinem Olympia-Debüt am Mittwoch im Rennen über 400 Meter nach der Hälfte aufgegeben. Wegen einer Fußverletzung, die sich der Weltmeister im Hochsprung zugezogen hatte, konnte er nicht mehr am Wettkampf teilnehmen. Der 23-jährige Mainzer lag nach vier Disziplinen, in denen er persönliche Bestleistungen im Weitsprung (7,36 Meter) und im Hochsprung (2,11 Meter) schaffte, aussichtsreich im Medaillenrennen.
Leichtathletik III: Hochspringerin Marie-Laurence Jungfleisch hat das Finale erreicht. Die 30-Jährige überstand mit 1,95 Metern im zweiten Versuch die Qualifikation. Es war eine Saisonbestleistung für Jungfleisch. Insgesamt überwanden 14 Athletinnen die Marke von 1,95 Metern. Imke Onnen schaffte nur 1,86 Meter und schied aus. "Ich habe gemerkt, dass ich leider nicht zu 100 Prozent fit hier angekommen bin", sagte Onnen, die ihre Corona-Zweitimpfung ordentlich gemerkt habe mit Rückenschmerzen und Nervenproblemen. Die Beschwerden hätten sich im Flieger nach Tokio verstärkt. Jungfleisch dagegen war zufrieden. "Es war ein richtig großes Ziel ins Finale zu kommen, ich bin überglücklich", sagte sie. "Ich gehe jetzt schon mit einem grinsenden Gesicht nach Hause". Das Finale findet am Samstag (12.35 Uhr/MESZ) statt. Vor fünf Jahren beim Olympiasieg der Spanierin Ruth Beitia in Rio de Janeiro war Jungfleisch Siebte geworden.
Leichtathletik IV: Das deutsche Sprint-Quartett mit Schlussläuferin Gina Lückenkemper hat das Finale erreicht - und will nun eine Medaille holen. In 42,00 Sekunden verwies die EM-Zweite zusammen mit Rebekka Haase, Alexandra Burghardt und Tatjana Pinto im Vorlauf die Schweiz (42,05 Sekunden) und China (42,82) auf die Ränge zwei und drei. "Auf jeden Fall wollen wir auf einen vorderen Platz, wir wollen eine Medaille", kündigte Pinto an. "Dafür geben wir tausend Prozent." Die 24-jährige für den SSC Berlin startende und in den USA trainierende Lückenkemper konnte nach einer Muskelverletzung die Olympia-Norm nicht mehr erfüllen, reiste aber als Ersatzläuferin mit in das Trainingslager nach Miyazki vor den Tokio-Spielen. Durch den verletzungsbedingten Ausfall von Lisa Mayer und Lisa Nippgen, die vorzeitig in die Heimat zurückreisen mussten, rückte sie in die Staffel-Formation. "Der Sport ist schnelllebig, das musste ich auch vor Olympia erfahren. Ich bin nun megazufrieden", sagte Lückenkemper, die 2016 in Rio mit der Sprint-Staffel auf den vierten Rang gelaufen war. "Wir haben jetzt die Chance auf eine Medaille. Eine für alle, alle für eine", sagte sie vor dem Finale am Freitag (15.30 Uhr/MESZ).
Ringen: Freistilringer Gennadij Cudinovic ist im Viertelfinale gescheitert. Der 27-Jährige aus Heusweiler unterlag Lkhagvagerel Munkhtur aus der Mongolei in einem spannenden Kampf unglücklich mit 5:6. Zuvor hatte er sich überraschend gegen den an Position zwei gesetzten Kasachen Jusup Batirmursajew durchgesetzt. Cudinovic muss nun hoffen, dass Munkhtur das Finale der Gewichtsklasse bis 125 Kilogramm erreicht. Dann dürfte er morgen in der Hoffnungsrunde nochmal ran und hätte über diese noch die Chance auf Bronze.
Skateboard, Park: Der durch einen Armbruch beeinträchtigte Skateboarder Tyler Edtmayer ist im Park-Wettbewerb in der Qualifikation gescheitert. Der 20-Jährige aus Lenggries konnte im Urban Sports Park nicht sein gewohntes Programm abspulen, erreichte dennoch 61,78 Punkte und Platz 15. Nur die besten Acht erreichten das Finale. Dort setzte sich der Australier Keegan Palmer mit 95,83 Punkten überlegen durch und wurde erster Olympiasieger im Park. Silber holte der Brasilianer Pedro Barros, Bronze der Amerikaner Cory Juneau.
"Mit ist ein großer Stein vom Herzen gefallen. Das war vor allem mental eine extrem harte Woche mit viel Schmerz, Schweiß und Tränen. Mit den Punkten bin ich mehr als zufrieden, wirklich megacool", sagte Edtmayer. "Beim Wettkampf ist so viel Adrenalin involviert, da habe ich den Arm gar nicht gemerkt." Dennoch wird er in Deutschland direkt nach der Rückkehr operiert: "Um mein Handgelenk wieder gerade zu stellen. Das steht nämlich gerade schief." Edtmayer hatte sich im Training in der vergangenen Woche den Arm gebrochen.
Wasserspringen: Elena Wassen hat das Finale vom Turm erreicht. Die 20-Jährige erhielt für ihre fünf Sprünge aus zehn Metern Höhe 303,70 Punkte und belegte damit den elften Platz des Halbfinals. Die besten zwölf Springerinnen qualifizierten sich für die Medaillen-Entscheidung am Nachmittag (Ortszeit, 8.00 Uhr/MESZ). Elena Wassens zwei Jahre ältere Schwester Christina Wassen schied dagegen im Halbfinale aus. Die Berlinerin belegte mit 237,30 Punkten den 18. Rang. Ganz vorne lagen wie schon im Vorkampf am Vortag zwei Chinesinnen - diesmal allerdings in umgekehrter Reihenfolge. Quan Hongchan gewann mit 415,65 Zählern vor Chen Yuxi und der Amerikanerin Delaney Schnell. Für Elena Wassen sind es bereits die zweiten Olympischen Spiele. In Rio de Janeiro war sie 2016 als 15-Jährige dabei. Christina Wassen feierte in Tokio ihre Olympia-Premiere.
Corona: Die Zahl der Corona-Infektionen im Umfeld der Olympischen Spiele ist erneut angestiegen. Die Organisatoren meldeten am Donnerstag 31 neue Fälle. Das ist ein Tageshöchstwert seit Beginn der Erfassung am 1. Juli. Betroffen ist auch ein Athlet oder eine Athletin. Namen werden in den täglichen Mitteilungen nicht genannt. Die Zahl der positiven Tests rund um die Spiele stieg auf 358. Der Höchstwert war am Mittwoch mit 29 Infektionen erreicht worden. Nach Auskunft von OK-Sprecher Masa Takaya wurde ein weiteres Mitglied des griechischen Synchronschwimm-Teams positiv getestet. Damit sind nun sechs Team-Mitglieder, fünf Schwimmerinnen und ein Betreuer, betroffen. Sie wurden in ein Quarantäne-Hotel gebracht.
Quelle: ntv.de, ter/dpa