Olympia auf eigene Kosten Die Kämpferinnen von der Buckelpiste
08.02.2018, 11:21 UhrDie Buckelpisten-Fahrerinnen Lea Bouard und Katharina Förster erfüllen sich ihren Traum und starten bei den Olympischen Winterspielen - auf eigene Kosten. Denn der Deutsche Skiverband fördert ihre Disziplin nicht mehr. Tatsächlich: "Dabei sein ist alles."
Lea Bouard und Katharina Förster waren in der vergangenen Woche noch mal in Schweden. Das kostet Geld, aber diese vier Tage Training mussten ja schließlich sein so kurz vor den Olympischen Winterspielen. Zum Glück konnten sie in Åre bei einem Freund ihres Trainers Harald Marbler übernachten, es wurde also nicht ganz so teuer. Aber im Grunde war es eh schon egal: Sie haben es geschafft, endlich, nur das zählt, und nicht, dass das Konto leer ist.
Dass die Freestyle-Skifahrerinnen Lea Bouard und Katharina Förster, 21 und 29 Jahre alt, in Pyeongchang sind, das grenzt an ein Wunder. Nicht, weil sie es sportlich nicht draufhaben - ganz im Gegenteil. Aber der Deutsche Skiverband fördert ihre Disziplin Buckelpiste seit 2014 nicht mehr. Die Investitionen von 500.000 Euro pro Jahr für eine Mannschaft in dieser Sparte rechneten sich nicht mehr, heißt es dort lapidar. Bouard und Förster mussten sich auf eigene Faust und Kosten nach Pyeongchang durchschlagen. Klein beigeben aber war keine Option.
Die beiden wollten zu Olympia - koste es, was es wolle. Bouard, Mutter Deutsche, Vater Franzose, wechselte vor zwei Jahren vom französischen zum deutschen Verband - sie wollte Mabler als Trainer. Nur bei ihm, glaubte sie, würde sie sich weiterentwickeln. Förster hatte es 2014 nicht nach Sotschi geschafft, doch aufgeben wollte sie nicht, obwohl der DSV eben die Förderung strich. Eine Buckelpisten-Saison im Weltcup mit Reisen, Unterkunft und dem Honorar für Mabler kostet 25.000 Euro. Machte in den vergangenen vier Jahren 100.000 Euro für Förster, machte in den vergangenen zwei Jahren ebenfalls 100.000 Euro für die Familie Bouard. Denn auch Bruder Adrien hatte versucht, zu Olympia zu kommen - vergeblich. Bei Förster ging dabei das Gehalt von der Bundeswehr drauf, auch "die Bank", sagt sie lachend, "hat den ein oder anderer Kreditantrag bekommen".
"Ins Finale schaffen wir es auf jeden Fall"
Lea Bouard studiert Marketing im französischen Annecy, östlich davon liegt nahe Megève der Ort Praz-sur-Arly, dort lebt sie seit 13 Jahren, ihre die Eltern haben dort ein Sportgeschäft. Sie haben die Leidenschaft ihrer Kinder finanziert, "und sie waren hin und weg", sagt Lea, als die Nachricht kam, dass die Tochter nach Pyeongchang darf. Wie Förster hatte sie am Ende nur die halbe Norm erfüllt, beim Weltcup in Thaiwoo in China wurde sie Zehnte. Förster belegte in Ruka in Finnland Rang elf, für beide war es das jeweils beste Weltcup-Ergebnis.
Der DSV schlug Bouard und Förster dennoch zur Nominierung vor, und siehe da: Der DOSB gab sein Okay. "Ich habe fast einen Luftsprung gemacht", berichtet Förster. Und sie legt Wert auf die Feststellung, dass sie und Bouard keine Touristen sind, dass sie nicht nach dem olympischen Motto "Dabei sein ist alles" nach Pyeongchang fahren. "Jetzt wollen wir auch zeigen, was wir können. Ins Finale schaffen wir es auf jeden Fall." Dafür müssen Bouard und Förster am Freitag die Qualifikation überstehen. Ins Finale kommen 20 Starter.
Die Reise nach Südkorea wurde selbstverständlich bezahlt, aber bitteschön: Was hat Bouard und Förster dazu veranlasst, nicht zu resignieren und bis an die finanzielle Belastungsgrenze zu gehen? "Ich liebe diesen Sport", sagt Bouard, "und ich wollte unbedingt zu Olympia." Bei Förster, die in Ellhofen im Allgäu lebt, klingt das ähnlich: "Die Leidenschaft für meinen Sport ist einfach riesig, und Olympia war eben ein Ziel, das ich unbedingt erreichen wollte." Der Preis, den sie zahlt, ist hoch. Förster, eine gelernte Kinderpflegerin, will sich nach Olympia zur Industriekauffrau umschulen lassen - weil ihre Disziplin eben nicht mehr gefördert wird, hat sie nach acht Jahren jetzt auch ihre Stelle bei der Bundeswehr verloren, und "zu 80 Prozent" werde sie mit ihrem Sport aufhören. Bouard will weitermachen, "ich glaube, ich kann noch viel erreichen." Zumindest so lange, wie sie es sich leisten kann.
Quelle: ntv.de, Thomas Häberlein, sid