DSV: "Hanebüchen" und "Lüge" Schwere Betrugsvorwürfe gegen Olympia-Heldinnen
21.02.2022, 11:00 Uhr
In der Staffel liefen (von links) Katherine Sauerbrey, Katharina Hennig, Victoria Carl und Sofie Krehl sensationell aufs Podium.
(Foto: dpa)
Mit verbotenen Mitteln hätte das deutsche Olympia-Team zwei Medaillen gewonnen, behauptet ein anonymer Insider. Der Deutsche Skiverband sieht sich genötigt, darauf zu reagieren - und weist die Vorwürfe scharf zurück. Der Weltverband sieht keine Veranlassung, zu handeln.
Es sind schwere Vorwürfe, die ein anonymer angeblicher Insider gegen das deutsche Langlauf-Team erhebt. Laut der finnischen Zeitung "Iltalehti" ist dieser Insider davon überzeugt, die überraschenden Medaillen - Silber in der 4x5-Kilometer-Staffel und Gold im Teamsprint - seien durch Betrug und damit illegal zustande gekommen. Die Deutschen hätten ein verbotenes Wachs für die Präparierung ihrer Ski benutzt und sich damit bei den Olympischen Winterspielen in China einen entscheidenden Vorteil verschafft. Der Deutsche Skiverband (DSV) allerdings weist die Anschuldigungen deutlich zurück.
"Zu anonymen Vorwürfen, noch dazu, wenn sie so hanebüchen sind, geben wir normalerweise keine Stellungnahme", sagte Vorstandsmitglied Stefan Schwarzbach zu Eurosport, sah sich allerdings dennoch zu einer Einordnung der Sachlage genötigt: "Aber um es klar und deutlich zu sagen: Der Deutsche Skiverband hält sich an alle Vorgaben und Regeln." Ähnlich liest sich auch die Aussage des zuständigen Renndirektors Pierre Mignerey gegenüber dem "Dagbladet", einer norwegischen Zeitung: "Ich habe keinen Grund, es zu glauben."
Mignery geht sogar noch weiter, indem er den Nutzen des angeblich genutzten Wachses infrage stellt: "Ich denke nicht, dass es sinnvoll ist, weil es hier keinen Schnee gegeben hat, bei dem diese Produkte etwas nutzen", so der Vertreter des Internationalen Ski-Verbands FIS. "Vielleicht haben die Leute bemerkt, dass Deutschland besser gleitet, und spekuliert." Eine offizielle Untersuchung gibt es nicht, die FIS sieht die anonymen Vorwürfe als gegenstandslos an.
Ex-Bundestrainer: Das Wachs hätte gar nichts gebracht
Dem anonymen und nicht näher spezifizierten Insider zufolge sollen die deutschen Langläuferinnen auf ein Wachs mit C8-Fluorid zurückgegriffen haben. "Die Informationen stammen aus verschiedenen Quellen, aber ich kann keinen eindeutigen Beweis liefern", heißt es bei "Iltalehti" weiter. Im "Dagbladet" entgegnete Andreas Schlütter, sportlicher Leiter im DSV, mit scharfen Worten: "Es ist eine Lüge, was sie schreiben."
Der ehemalige Bundestrainer Jochen Behle ordnete bei Eurosport zudem ein, ob ein solches Wachs überhaupt einen Vorteil bei den Wettbewerben in Zhangjiakou gebracht hätten. "Wachse mit C8-Fluorid hätte bei den Spielen in China kein Team freiwillig eingesetzt", seine Begründung erscheint einleuchtend: "Dieses Material bringt nur etwas bei feucht-nassen Bedingungen, wenn es etwas wärmer ist und die Loipe schmierig wird." An den olympischen Wettkampfstätten herrschten jedoch Temperaturen weit unterhalb des Gefrierpunktes, mehrere Entscheidungen wurden deshalb verlegt, um die Athletinnen und Athleten vor Wind und Kälte zu schützen. "Es hätte keinen Sinn ergeben, C8-Wachs einzusetzen", sagte Behle weiter.
Der 61-Jährige, einst selbst Weltcupsieger im Skilanglauf und von 2002 bis 2012 Bundestrainer, vermutet hinter den vage geäußerten und ohne konkrete Anhaltspunkte vorgetragenen Vorwürfen deshalb "wohl eher Neid" als einen belegbaren Verdacht. Auch, wenn es ihm zufolge schwierig sei, das verbotene Mittel am Ski nachzuweisen. Es ist von den Verbänden demnach aufgrund von EU-Regularien verboten, wie er bei Eurosport erklärt. "Firmen dürfen das Produkt auch nicht in den Verkauf bringen, sonst drohen empfindliche Strafen. Das gilt auch für Verbände, die es unerlaubterweise weiterhin nutzen."
Ähnliche Vorwürfe hatte auch der schwedische "Expressen" erhoben, der den dritten Platz der schwedischen Staffel hinter den Mannschaften aus Russland und Deutschland mit der Frage "Warum fühlt es sich an, als wären wir betrogen worden?" überschrieb. Die Russin Veronika Stepanova reagierte per Instagram-Post darauf, der Autor "riecht C8-Wachs auf meinen Ski (und auf denen der deutschen Mädchen) von ganz, ganz weit weg. Sogar, wenn es gar nicht da ist." Sie entgegnete mit beißendem Humor auf die Anschuldigung, doch bitte auch "in meiner Unterhose" nachzuschauen: "Vielleicht verstecke ich einen Motor darin, wie Karlsson vom Dach? Die Überschrift verkauft sich doch sicher noch besser, oder?"
Quelle: ntv.de, tsi